Kapitel 53

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Taehyungs p.o.v.

Ich hatte kurz mit Sanghyn gesprochen und ihm und Sejin ebenfalls die Audiodatei zugeschickt, die ich von Jungkook erhalten hatte. Ich hatte lediglich den Anfang gehört, um herauszufinden um was für eine Audiodatei es sich handeln würde und ob es das Wert wäre unseren Managern davon zu erzählen. 

Nun da ich das getan hatte und mich in meinen Sitz, der mich für die nächsten 13 Stunden beherbergen würde, gepflanzt hatte, kam mir wieder dieser blöde Gedanke auf. Warum hatte sie die Datei Jungkook geschickt und nicht mir? Wieso hatte sie unseren Maknae vorgezogen anstelle ihres eigenen Bruders? Was hatte ich nur falsch gemacht, sodass sie sich jemandem anderen mehr anvertraute bzw. was hatte Jungkook richtig gemacht?

Diese ganzen Fragen brannten mir zwar auf der Seele, aber etwas anderes hatte einen ebenso empfindlichen Platz eingenommen: die Audiodatei selbst. Ich musste wissen worum es ging, weshalb ich sie erneut von vorne anhörte.

"Ich nehme an, dass es kein Höflichkeitsbesuch ist, Miga", sagte Hwang Jiho, dessen war ich mir ziemlich sicher, in einem ebenso grässlichen Ton wie die Sätz zuvor und die folgenden Sätze: "Hast du sie etwa schon gelesen? Was hälst du von ihnen? Etwas zu dramatisch? Ich konnte meine Freunde von der Klatschpresse leider nicht abhalten. Du weißt ja wie sie sind. Sobald sie nur den Hauch einer Schlagzeile riechen werden sie zu bissigen Hunde, die einem wirklich Angst einjagen können"

Ich stoppte die Audiodatei kurz, um die wirkliche Bedeutung dieser zu realisieren. Es waren die Beweise, von denen Miga beim Telefonat mit Jungkook gesprochen hatte. Aber wie hatte sie sie so plötzlich doch aus dem Haus bekommen? War sie etwa entkommen? Bevor mich diese weiter unbeantworteten Fragen quälten, fuhr ich lieber fort.

"Ja und keine Sorge. Ich bin nur hier um ihnen mitzuteilen, dass man eine einzelne Wespe vielleicht zertreten kann, aber hunderte, tausende können dann doch gefährlich werden. Selbst für Sie"

"Oh Miga, jetzt bin ich aber gespannt. Welchen großartigen Plan hast du dir überlegt? Na? Meinst du, dass die Raupe sich doch noch zum Schmetterling entwickeln kann?"

"Der Schmetterling ist schon lange keine Raupe mehr. Es hat nur etwas gedauert bis er das auch selbst festgestellt hat", entgegnete sie ihm. Ich war so stolz auf sie, dass sie sich gegen ihn behauptete, auch wenn diese Situation aus meiner Sicht noch viel zu viele Fragen aufwarf. 

"Das hab ich gestern Abend noch ganz anders erlebt. Bist du so schnell aufgeblüht? Dann hätte ich wohl gar nicht mit einem solchen Schnick Schnack anfangen sollen. Vorher warst du doch noch so handzahm"

Sein Satz brachte mich völlig aus dem Konzept. Gestern Abend? Meinte er damit etwa den Abend, an dem Jungkook Miga in diesem desaströsen Zustand im Hotel gefunden hatte. Meinte er den Abend, als sie völlig weggetreten und körperlich misshandelt ausgesehen hatte? Also war er der jenige gewesen, der ihr das angetan hatte? Mein Blut fing an zu brodeln und es baute sich eine Welle an Wut in mir auf, sodass ich mich konzentrieren musste, damit ich bei der Fassung bleiben konnte, um die Datei weiter anzuhören, obwohl vermutlich noch mehr solcher schlimmen Dinge ans Licht kommen würden und ich davor Angst hatte. Aber ich rief mich auf mutiger zu sein. Schließlich war Miga diejenige, die alles live durchlebt hatte.

"Was das betrifft habe ich mir Untersuchungsergebnisse besorgt. Ich war beim Arzt und der hat in meiner Blutprobe Spuren von Betäubungsmitteln gefunden. Es gibt Beweise und sie sind sowas von geliefert. Jetzt ist Schluss"

Ich brauchte einen kurzen Moment. Sie hatte die Ergebnisse von Dr. Jung bekommen und das waren sie? Hatte Jungkook davon gewusst? Hatte er mit Miga darüber gesprochen?

"Miga, du zeigst ja mal eine ganz andere Seite von dir, uhh, da hat man ja etwas worauf man sich freuen kann. Diese harte Fassette bringt etwas ganz Interessantes aus dir heraus. Abgesehen davon beweist das gar nichts. Wer weiß ob du das Zeug nicht einfach selbst geschluckt hast, weil du dein schlechtes Gewissen nach deinen Siegen mit Hilfe von Doping betäuben wolltest. Das klingt für mich nach einer sehr plausiblen Erklärung"

Ich verlor langsam wirklich meine Fassung. Ich wollte diesen Typen einfach nur noch verprügeln. Dieser Abend schien nicht der einzige gewesen zu sein und ich verfluchte mich dafür, dass ich es nicht geschafft hatte einfach eins und eins zusammen zu zählen. Es war direkt vor meiner Nase passiert und dennoch hatte ich es übersehen. Deshalb hatte sich Miga sicherlich auch nicht an mich gewandt, weil ich einfach zu blind war. Ich war ein furchtbarer Bruder.

"Nur leider werden Sie diese harte Fassette von mir nicht so zu sehen bekommen, wie Sie es sich gerade vorstellen. Ich werde mich Ihren Spielchen nicht mehr unterwerfen. Sie werden die Wahrheit über Taehyung aufdecken. Sie werden keine von unseren Mädels mehr zu irgendetwas zwingen. Sie werden zurücktreten und diesen Posten räumen oder wir gehen auf die Barrikaden und werden Sie öffentlich an den Pranger stellen. Dann gehen Sie ins Gefängnis und werden nie wieder Ihre Macht so missbrauchen können"

Mein Herz blutete und sprang zur gleichen Zeit vor Freude und Stolz. Sie war so stark und ich hatte mich nicht in ihr geirrt. Sie hatte versucht mir zu helfen. Sie hatte sich vermutlich ihren eigenen Dämonen stellen müssen, um mir helfen zu können. Und dennoch malten die Untertöne ihrer Worte auch ein Bild, dass noch viel grausamer war, als ich es mir vorher hätte vorstellen können. In ihrer Stimme klang nicht nur Überzeugung durch, sondern auch so viel Schmerz. Er musste seine Macht als Trainer ziemlich extrem missbraucht haben und zwar auf Weisen, die völlig widerwärtig waren. 

Als ich weiterhörte blieb es einen Augenblick lang still und ich fragte mich, was gerade vor sich ging. Was war passiert? Jedoch wurde mir diese Frage auch sogleich von dem weiteren Verlauf beantwortet.

"Oh, die Raupe ist wirklich zum Schmetterling geworden. Das einzige Problem ist nur, dass dieser bloß winzige Flügel hat, die ihm ebenfalls nicht erlauben vom Boden abzuheben. Aber glaub mir, dass ist auch wirklich schöner so. So ist es gut. Du scheinst endlich wieder zu begreifen wo dein Platz ist"

"Bitte halten Sie wenigstens Taehyung da raus. Er ist der beste Bruder den man sich wünschen könnte und all das verdienen er und die anderen nicht. Sie haben so hart gearbeitet"

Mein Herz zerbrach endgültig bei diesen Zeilen, die Miga sagte. Ihre Stimme zitterte, vermutlich weinte sie und schien nach dem, was auch immer eben passiert war, den Kampf aufgegeben zu haben. Sie hatte vermutlich so viel Energie aufbringen müssen, damit sie sich ihrem Peiniger stellen konnte und das alles, nur um mir und den anderen zu helfen. Sie war die beste Schwester, die man sich vorstellen konnte und ich war der größte Idiot, der sie nicht verdient hatte. Sie hatte etwas besseres als mich verdient. Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und diese sich ihren Weg nach unten bahnten. Warum war ich nur so blind gewesen?

"Das glaube ich dir, wirklich. Aber jeder bekommt was er verdient und da er dir anscheinend so sehr am Herzen liegt, muss er eben unter deinen Entscheidungen leiden"

"Bitte, beenden sie das Ganze. Er hat mich nie geschlagen. Er war immer nur gut zu mir"

"Ich weiß, Miga. Aber es gibt kein zurück mehr. Jetzt gibt es nur noch dich und mich. Sieh es als Hilfe an, was ich alles für dich tue. Er wird dich nach diesem Vorfall sicher nicht mehr mit seinem Ruhm überschatten. Du wirst das tolle Kind deiner Familie sein und von allen geliebt werden"

"Sie sind so ein.. wie können Sie nur so ein verfaultes Innenleben haben. Wie können Sie nur Menschenleben gefährden einfach für ihren Spaß. Sie tun weder sich noch allen anderen damit einen Gefallen. Wir werden Sie fertig machen. Keiner wird ihren Artikeln Glauben schenken. Gucken Sie es sich mal an wie die Fans ihn verteidigen. Sie wissen wie er ist und dass er nie etwas derartiges tun würde. Sie können nur am Ende verlieren und ihr kleines armseliges Leben wird von allen Zeitschriften zerrissen werden. Sie werden zerrissen werden. Keiner wird Sie bewundern für ihre "guten Taten". Und Sie werden im Gefängnis verrotten.."

Sie schien zu weinen und trotzdem schäumte immer mehr Wut aus ihr heraus, doch bevor sie ihre Hassrede beenden konnte, wurde sie durch ein Klatschen unterbrochen, dass genauso klang, wie das auf der Audiodatei über mich und sie. Er musste sie geschlagen haben. Meine Gefühle waren am überkochen und ich riss mir verzweifelt die Kopfhörer aus den Ohren. Ich konnte mir das nicht weiter anhören. Es würde mich noch weiter zerbrechen und mir mein Versagen so deutlich aufzeigen. Ich konnte nichts tun. Ich war unbrauchbar und diese Erkenntnis lies die Tore für die Tränen nur noch weiter öffnen. Ich hatte versagt.

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt