Kapitel 30

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Migas p.o.v.

Ich stellte mich nun zum zweiten Mal an diesem Tage auf das Startpodest und atmete tief durch. Meine Muskeln waren schon etwas erschöpft, aber das war in diesem Moment nicht wichtig. Das Adrenalin machte mich fit und aufmerksam. Außerdem wusste ich, wenn ich dieses Finale geschafft hatte, dann würde ich bis morgen Pause haben. 

Der Knall ertönte und schon ging es los. Ich erwischte den Start nicht so perfekt wie bei dem vorherigen 100m Lauf, aber ich versuchte meinen höchstwahrscheinlich bestehenden Rückstand sofort aufzuholen. Und ich besaß einen beachtlichen Vorteil. Ich war noch so emotional gepusht und bestätigt von meinem Erfolg, dass ich das Gefühl hatte, dass ich nun alles und jeden schlagen konnte.

Eine solche Einstellung war gefährlich und dessen war ich mir immer bewusst gewesen, aber das Wissen darüber reicht nicht aus, weil man in diesem Moment nicht mehr logisch denken kann. Das Einzige woran man denken kann ist sein unbändiger Wille und die Emotionalität, die einen ebenfalls durch ein gutes Gefühl nach vorne peitscht. Außernahmsweise musste ich mich in diesem Moment darauf verlassen und spürte immer besser, wie ich in den Lauf hereinkam. Die erste Wende hatten wir bereits hinter uns. Auch diese nicht so sauber wie im voherigen Lauf, aber dennoch gut. Es ging zur zweiten Wende, wodurch wir die ersten hundert Meter hinter uns gelassen hatten. 100 weitere bereit um von uns überwunden zu werden.

Meine Arme und Beine begannen langsamer zu werden, zumindest war so meine Wahrnehmung, als wir an der dritten und letzten Wende ankamen. Nur noch 50m hatten wir vor uns und ab diesem Moment war alles in mir ausgeschaltet und mein Körper funktionierte einfach nur noch wie eine Maschiene. Ich schwamm ohne etwas wirklich zu spüren. Ich hatte das Stadium erreicht, in dem man so "im flow" ist, sodass einen nichts mehr aufhalten kann. Nichts und Niemand konnte mir irgendetwas in diesem Moment und auch nichts und niemand bekam einen Platz in meinen Gedanken.

Als ich schließlich anschlug, brauchte ich erst einen Moment um mich zu sammeln. Mein Körper fühlte sich komplett leer an. Meine Beine und Arme waren komplett schwach und ich atmete furchtbar schwer. Ich hatte einen Großteil meiner Kraftreserven aufgebraucht und versuchte bloß irgendwie nicht unterzugehen und meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen, als ich endlich auch wieder zur Tafel hochsah. Ich suchte von unten die Tafel ab. Ich konnte nicht wirklich einschätzen, weil ich nun so erschöpft war, ob es eine gute Leistung war oder ob ich meinem Geist etwas vorgespielt hatte.

Ich fand meinen Namen nicht. Erst als ich auf den dick gedruckten Siegernamen sah, fand ich ihn und ich wäre sofort vor Erleichterung und Erschöpfung gesunken, wenn mich nicht die Schwimmerin in der Bahn neben mir, festgehalten hätte. Sie sah mich besorgt an, brachte mich dann wieder zurück zum Rand und gratulierte mir dann sofort. Kurz darauf kamen bereits meine Trainer und meine Freundinnen/Schwimmkolleginnen zu mir. Sie alle drückten mich und gratulierten mir ebenfalls zur zweiten Goldmedaille bei den internationalen Schwimmfestspielen in Seoul.  

Ab diesem Zeitpunkt verlief die Zeit noch schneller als sonst. Es wurden erneut Dopingtests an mir durchgeführt, die glücklicherweise keine Spuren aufwiesen. Somit hatte sich meine Taktik bestätigt und ich hatte es mit sauberem Sport geschafft diese Ziele zu erreichen. Darauf wollte ich besonders stolz sein. Meine Erfolge waren gut und schön, aber meine Einstellung und mein moraler Kompass erschienen für mich nun viel bedeutender als noch vor wenigen Tagen.

Ich sollte mir schließlich meinen Trainingsanzug anziehen und mich bereitmachen für die Siegerehrung, die in den späten Mittagsstunden stattfand. Ich bekam zwei wunderschöne goldene Medaillen, die meine ersten Goldmedaillien in der Erwachsenenzeit makierten. Danach wurde ich zu kleinen TV Interviews geschickt, an die ich mich allerdings nicht mehr wirklich erinnern konnte, weil ich so nervös war. Was auch immer ich gesagt hatte, ich würde es mir sowieso im Nachhinein angucken können, weshalb ich versuchte mich davon nicht stressen zu lassen. So schlimm konnte es schon nicht sein. 

Nachdem ich diese ganzen Dinge mehr oder weniger bravorös hinter mich gebracht hatte, ging ich wieder in die Halle, um Juhee, Danbi und Yunai anzufeuern, die ebenfalls in Finals vertreten waren. Während Juhee ihren ersten Podiumsplatz, Platz 3, bei 200m Lagen einsackte, wurde ich plötzlich von hinten angetippt und drehte mich sofort zu der Person um. Der Anblick des Gesichtes, das sich unter einem dunkeln Hoodie versteckte, lies sofort alle Dämme in mir brechen. 

Der Person schien das aufzufallen, weshalb sie mich versuchte möglichst unauffällig aus dem Zuschauerbereich zu entfernen und mit nach draußen zu nehmen. Die Person brachte mich zu einem dunklen Wagen, vor dem noch zwei weitere Gestalten warteten. Die eine war etwas kleiner und verkrümelte sich in seiner dicken Jacke und der Mütze und die andere war größer, hatte eine ebenso dicke Jacke an und strahlte bei meinem Anblick. 

"Du warst so großartig, Miga", erklang seine Stimme und sofort stürzte ich in Jungkooks Arme. 

"Es war unglaublich dich dort drinnen schwimmen zu sehen. Du bist so gut", kommentierte Jimin und auch in seiner Stimme schien Stolz, Bewunderung und Freude mitzuschwingen. Auch ihn umarmte ich und bedankte mich, bis ich mich schließlich wieder zu meinem Bruder umdrehte, der nun seine Kapuze vom Hoodie wieder runternahm und mich dann fest in seine Arme schloss. 

Unaufthaltsam begannen meine Augen zu tränen. Dass die drei gekommen waren, aber vor allem mein verpeilter, aber unglaublich witziger und liebevoller, großer Bruder, bewegte mich zutiefst und ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen.

"Hey, Miga. Ich bin so stolz auf dich. Du bist nicht nur der größte Schwimmstar Südkoreas, sondern auch der größte Stern in meinem Universum", flüsterte er mir zu, was meinem Weinen keinen Abbruch tat, ganz im Gegenteil: ich begann nur noch mehr zu weinen.

"Ich hab dich lieb, meine kleine Schwester", fügte er noch hinzu und drückte mich noch fester an sich. Ich tat es ihm gleich und klammerte mich ganz fest an ihn.

"Ich hab dich auch unglaublich lieb, Taehyungshi. Du weißt gar nicht, wie viel es mir bedeutet, dass du jetzt hier bist", antwortete ich ihm und drückte ihn noch einmal fest an mich, bevor wir uns wieder lösten und ich erneut eine Umarmung von Jungkook verlangte, die er mir glücklich gewährte.

"Vielen Dank, dass du hier bist, Jungkook. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet diesen Moment mit dir teilen zu dürfen", flüsterte ich ihm zu, wodurch er nochmal die Umarmung fester machte und antwortete:

"Ich bin so unglaublich dankbar, dass ich diesen Moment mit dir teilen darf, Miga. Ich bin so stolz auf dich. Wir sind alle völlig begeistert von dir. Auch unsere Hyungs, die leider nicht hier sein können"

Danach bedankte ich mich auch nochmal bei Jimin mit einer festen Umarmung, bevor die draußen herrschende Kälte mich wieder nach drinnen trieb. Ich ließ Namjoon, Jin, Yoongi und Hoseok von den dreien grüßen und begab mich dann wieder nach drinnen, damit die Jungs ihre Hyungs wieder unterstützen konnten und ich meine Mädels.

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt