Kapitel 42

95 7 0
                                    

Migas p.o.v.

Ich war völlig durch den Wind, als ich den Artikel las. Wie kamen die Autoren auf solche abgedrehten Gedanken. Taehyung war ein großartiger Bruder, er hatte mich nie weder physisch noch psychisch in einer derartigen Art behandelt, wie es in diesem und weiteren Artikel, die ich später beim Durchforsten des Internets fand, dargestellt wurde.

Mehr und mehr machten sich Schuldgefühle in mir breit. Es gab bloß eine Erklärung für diesen ganzen Unsinn, der gerade vor sich ging. Sofort griff ich zu meinem Handy und wählte die Nummer meines Trainers. Er ging nicht ran. Er gab mir nicht die Möglichkeit meine Aufgebrachtheit irgendwie an ihm abzulassen. Aber ich musste es. Wie konnte er es wagen meinen Bruder in einem derartigen Licht darzustellen. 

Die einzige beruhigende Erkenntnis, die ich bei meinen weiteren zur Ablenkung gedachten Recherchen bekam, war, dass die Fans sich sofort in die Verteidigung von ihm stürzten. Es gab unzählige Kommentare, die Tae auf hingebungsvolle Art und Weise allen Beschuldigungen frei sprachen und die mangelnden Beweise und Quellen, die diese Artikel zu haben schienen, anzweifelten. Man konnte sich wirklich auf den Zusammenhalt und die Unterstützung der Fans verlassen. Hoffentlich blieb das auch so. Aber ich sollte mich nicht darauf verlassen und stattdessen selbst das Unheil an der Wurzel packen.

"Miga. Kommst du zum Essen?", fragte mich Juhee, als sie meine Zimmertür geöffnet hatte. Ich nickte ihr zu und legte mein Handy kurz zur Seite, obwohl mein Inneres noch immer aufgewühlt war. Ich musste mit Hwang Jiho reden. Vielleicht konnte ich ihn von diesem irren Plan abbringen die Promotions für das neue Album von den Jungs dermaßen zu sabotieren. Sie hatten wieder so hart dafür gearbeitet und ich konnte es nicht akzeptieren, dass ein so hinterhältiger Typ ihnen das alles vermiesen wollte. Schon gar nicht, wenn ich und meine aufbrausenden Gefühle auch noch der Grund dafür waren. 

"Alles gut?", fragte sie und betrachtete mich genau. Sie war eine viel bessere Freundin, als ich es ihr manchmal anrechnete, was mich selbst immer wieder nervte. Ich hatte so furchtbare Seiten an mir, die ich gerne auf alle Ewigkeit vertreiben würde. Sie war eben ein anderer Typ, aber keinesfalls eine schlechtere Freundin als Sumi. Also sollte ich endlich aufhören die beiden zu vergleichen. Ich war so froh sie zu haben.

Ich nickte nur knapp und sie schleppte mich mit in unsere Küche. Wir lebten zu dritt in einer WG, die neben unseren kleinen, eigenen Zimmern und der Küche nur noch ein Badezimmer besaß. Für mehr hatte es bei uns nicht gereicht, obwohl wir uns die Wohnung perfekt war so wie sie war. Es schweißte uns nur noch weiter zusammen. 

"Wie fühlst du dich jetzt?", fragte mich Sumi, die gerade einen Topf auf den Tisch stellte. 

"Es geht mir wieder ganz gut", antwortete ich knapp und setzte mich zu ihnen. Wir unterhielten uns noch über die bevorstehenden Monate, die bis zu den olympischen Spielen vollgepackt sein würden mit Trainingseinheiten. Ich würde meinen Arbeitszeiten so legen müssen, dass ich das alles irgendwie schaffte. Zum Glück waren meine Arbeitgeber da nicht so streng, aber ich wusste was mir bevorstehen würde, wenn nun alles gut gehen würde.

Obwohl alles gut gehen eine eigenartige Ansicht an diesem Tag war. Er war so vollgepackt mit Ereignissen gewesen, die ich allesamt irgendwie verarbeiten musste und die ich irgendwie nutzen musste, um sowohl die jüngsten als auch die schon länger immer wieder auftretenden Geschehnisse zu verändern. Und zwar in einer Art, die möglichst wenig andere Menschen mit hineinzog. Das war mir mit Taehyung und Jungkook einmal passiert und das würde ich hoffentlich in Zukunft verhindern können.

Nach dem Essen verzog ich mich in mein Zimmer, in dem mein Handy klingelte. Eine unbekannte Nummer wurde mir auf meinem Bildschirm angezeigt, weshalb ich etwas nervös wurde. Dennoch überwand ich meine Bedenken und nahm den Anruf an.

An der anderen Seite war Dr. Jung, der mir die Testergebnisse mitteilte. Sie waren schockierend, obwohl ich welche in dieser Art befürchtet hatte. Er versprach mir auch weiterhin immer beizustehen, welche nächsten Schritte ich auch immer einleiten würde. Ich bedankte mich bei ihm und fasste den Entschluss, das Unkraut nun endlich an der Wurzel zu packen und es herauszuziehen. 

Auf dem Weg zu Hwang Jiho machte sich ein mulmiges Gefühl in mir breit. Wie konnte ich das ganze Gespräch möglichst taktisch klug angehen? Wie konnte ich ihn aus seinen Reserven locken? Oder war das überhaupt bei einem Mann wie ihm möglich? 

Ich nahm schnell mein Handy hervor und tippte eine Nachricht an Taehyung. Egal was jetzt passieren würde, ich würde es schon schaffen es ins Positive zu drehen. Ich würde ihn nicht gewinnen lassen, auch wenn meine Schuldgefühle mich innerlich auffraßen. Ich tippte bloß diese eine Zeile und schickte sie ab. Wenn ich alles geklärt hatte, dann würde ich es ihnen ausführlicher erklären. Aber dafür war jetzt keine Zeit.

Mein Herz schlug gegen meinen Brustkorb, als ich die Treppen hinaufstieg zu seinem Haus. Ich war nur einmal zuvor hier gewesen, was eine Erfahrung gewesen war, die ich lieber nicht aus den hintersten Ecken meines Gedächtnisses ziehen wollte. Heute war der Tag um diesem Gebäude positivere Erinnerungen anzuheften. Heute musste es so sein. 

Es war schon dunkel, als ich direkt vor seiner Tür zum stehen kam. Ein letztes Mal dachte ich über diese Idee nach, überprüfte die Vorkehrungen, bevor ich an die Tür anklopfte. Vielleicht war es bloß eines meiner Hirngespinste, dass er viel zu schnell öffnete. Als ob er bereits auf mich gewartet hatte. Seine Stimme verriet allerdings nichts als seine Arroganz als er nun meinte:

"Oh Miga, schön dich wiederzusehen"

Ich spürte wie meine Finger etwas zitterten. Ob nun vor Angst oder Wut konnte ich nicht genau erkunden und selbst wenn ich es wusste, tat es nichts zur Sache. Ich schloss vorsichtshalber meine Hände sanft zu Fäusten, damit er mir das Zittern nicht sofort ansehen konnte.

"Komm doch herein. Hast du dich schon wieder vollends erholt?", fragte er, während ich möglichst selbstbewusst eintrat. Sofort strömten mir die schlechten Erinnerungen wieder in meinen Kopf, obwohl ich versuchte sie gekonnt zu ignorieren. Er schloss hinter mir die Tür.

"Ja", antwortete ich knapp und sah ihn forschend an. Was für kranke Pläne schmiedete er jetzt wohl wieder in seinem Kopf? Was waren seine nächsten Schritte gegen uns, seine "Schützlinge"?

"Das freut mich zu hören. Es war auch wirklich ein Trauerspiel dich wieder so leiden zu sehen. Es bricht mir wirklich das Herz", erzählte er mir, während seine gebleachten Zähne immer wieder bei seinem leichten Lächeln hervorstachen. Sein Ton war ins leicht Gehässige abgerutscht, was ihm mehr als bewusst war, aber er dadurch scheinbar noch mehr Selbstbewusstsein aufbaute, wenn das überhaupt noch möglich war. Wie konnten sich die CEOs des koreansichen Schwimmverbandes sich nur so von ihm täuschen lassen.

Ich lächelte ihn nur mit zusammengebissenen Zähnen an. "Taehyung ist stolz auf dich für deine Stärke. Jetzt nutze sie auch einmal und verkrieche dich nicht wieder und überlasse ihn dadurch den Hatern und den Medien" sprach ich mir selbst gut zu. Ich musste einfach versuchen diese Worte so auszuleben, dass ich ihnen gerecht werden konnte.

"Ich nehme an, dass es kein Höflichkeitsbesuch ist, Miga", fuhr er fort, während er mich mit einem gemischten Gesichtsausdruck ansah. Es lag Überlegenheit und Spot darin, aber auch ein Hauch von Neugier. 

"Hast du sie etwa schon gelesen? Was hälst du von ihnen? Etwas zu dramatisch? Ich konnte meine Freunde von der Klatschpresse leider nicht abhalten. Du weißt ja wie sie sind. Sobald sie nur den Hauch einer Schlagzeile riechen werden sie zu bissigen Hunde, die einem wirklich Angst einjagen können"

Ich sah ihn durchdringlich an, während ich schluckte. Ich rückte mein Handy in meiner hinteren Jeanstasche noch etwas zurecht. Hoffentlich funktionierte mein Plan.

"Ja und keine Sorge. Ich bin nur hier um ihnen mitzuteilen, dass man eine einzelne Wespe vielleicht zertreten kann, aber hunderte, tausende können dann doch gefährlich werden. Selbst für Sie"

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt