Kapitel 39

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Migas p.o.v.

Der Startschuss erklang und ich drückte mich kraftvoll vom Startblock ab und sprang ins Wasser. Ich hatte den Start etwas verschlafen und auch jetzt im Wasser schien alles gegen mich zu kämpfen. Die befreiende Wirkung, die ich mir erhofft hatte, war nicht eingetroffen. Ganz im Gegenteil, ich fühlte mich eher, als würde ich hinabgezogen werden. Meine Beine waren wie taub, meine Arme waren wie taub und mein Körper schien es ebenfalls zu sein. Nichts ging. Gar nichts.

Als ich anschlug war ich mir ziemlich sicher, dass ich als letzte Finalteilnehmerin eingetroffen sein musste und die Anzeigetafel bestätigte mir diesen Verdacht auch noch. Ich versuchte mich nur noch aus dem Becken zu hieven und verschwand so schnell es ging an einen ruhigen Ort, an dem ich allein war. Ich musste die Gedanken aus mir heraus bekommen, damit ich wieder besser sein konnte. Mein Fokus musste zurückkehren.

Aber auch der zweite Lauf lies mich nicht annähernd an meine normale Leistung herankommen. Ich schaffte es besser zu starten und schneller zu schwimmen als noch im Finale zuvor, sodass ich dennoch auf einem passablen dritten Platz landete, aber das war normalerweise viel zu wenig. Die Gewinnerin hatte eine Zeit, die ich locker unterbieten konnte. Nur heute nicht. Dennoch wusste ich, dass das wichtigste Finale erst noch anstehen würde: die Staffel. Da ging es nicht nur um meine Haut, sondern auch die der anderen. Und ich wollte keinesfalls, dass sie wegen mir ein schlechtes Ergebnis einfuhren. 

Im Aufwärmbereich versuchten wir uns zu pushen. Die Mädels spürten das mich etwas beschäftigte und versuchten alles, damit wir zusammen mental wie körperlich bereit waren. Die Gedanken drängten sie damit zurück und schafften es wieder eine Fokussierung in mir zu erzeugen, die mir bislang immer ein wichtiger Begleiter zu Siegen und guten Leistungen gewesen war. Ein letztes Mal musste ich funktionieren und dann könnte ich gehen und mir über alles und jeden den Kopf zerbrechen. 

Unser Trainer Hwang Jiho kam vorher noch einmal um mit uns zu sprechen. In der Gesellschaft mit den anderen erzeugte diese erneute Begegnung keine allzu großen Spannungen in mir. Aber seine nächste Handlung tat es. Er nahm mich wieder ein Stück zur Seite und raunte mir zu: 

"Denk daran was alles auf dem Spiel steht. Ein falsches Wort oder eine falsche Bewegung und der Dopingskandal kommt an die Presse. Das wäre doch bestimmt großartig für deinen lieben Bruder. Da würde das Album doch gleich einen anderen Beigeschmack bekommen. Und das wäre doch nicht alles. Deine ganzen erbärmlichen Versuche dich hochzuschlafen, deine mangelnde Disziplin und deine Neigung dazu Leuten schlecht nachzureden, wenn es nicht so läuft wie du es dir wünscht, wären auch im allinklusiv-Paket enthalten. Keine Sorge, die Artikel sind schon geschrieben. Ein Anruf und alle großen Nachrichtenhäuser veröffentlichen es"

Ich sah ihn geschockt an. Mein Herz raste und ich stand völlig unter Schock. Dennoch presste ich ein möglichst stark klingendes "Das werden Sie nicht wagen" hervor.

"Willst du es darauf ankommen lassen?", meinte er nur grinsend, strich mit seinem rauen Finger über meine Wange, an der noch immer schmerzende Stellen waren und meinen Arm herunter, auf dem sich einige blauen Flecken gebildet hatten. Ich hatte nicht daran gedacht sie abzudecken, was mir nun als ein nur noch größerer Fehler vorkam.

Er verschwand leise pfeifend, während wir nach draußen mussten. Der Lärm der klatschenden und rufenden Zuschauer wurde zu einem dumpfen Hintergrundrauschen. Meine sich immer weiter zusammenziehende Brust, die gefühlt jegliche Luft aus meiner Lunge drückte, und mein rasendes Herz waren der Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit. Ich bekam gar nicht mit, dass Yanhae auf mich einredete. Ich hörte ihre Worte "Miga, bist du bereit? Du schaffst das. Komm", aber sie drangen nicht zu mir durch. 

Juhee, unsere Startschwimmerin, war bereits wieder angekommen und Choi war schon auf dem Weg, als sich langsam etwas in mir änderte, aber nicht gerade zum Besseren. In mir stieg noch mehr Panik auf. Noch mehr Gedanken rasten durch meinen Kopf, zu schnell um nach ihnen greifen zu können. Noch weniger Luft konnte ich in meine zusammengedrückten Lungen saugen und noch mehr Schmerzen breiteten sich in meinem Körper trotz Schmerzmittel aus. 

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt