Kapitel 9

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Taehyungs p.o.v.

Ich war unglaublich nervös als ich nun wieder zu unserem Haus fuhr. Sie hatte bisher so abweisend gewirkt, sobald es um den Vorfall ging und auch ihr heutiges, plötzliches Verschwinden passte eigentlich nicht zu der Miga, die ich zuvor gekannt hatte. Hatte die Trennung durch unsere Tour so eine große Belastung für sie dargestellt? Ich hoffte inständig, dass ich auf diese Frage und auf viele weitere gleich eine Antwort bekommen würde.

Endlich fuhren wir auf den Hof und ich sah sie bereits auf den Stufen vor unserer Eingangstür sitzen. Ihre Knie waren aufgestellt und sie hatte ihren Kopf auf diese abgelegt. Sie schien erschöpft zu sein oder emotional ausgelaugt. Ich sprang aus dem Auto, bedankte und verabschiedete mich und lief dann auf sie zu. Sie rührte sich nicht und hob auch ihren Kopf nicht an, sodass ich mich zu ihr nach unten hockte und ihr sanft über den Kopf strich und dabei fragte:

"Miga, ist alles in Ordnung?"

Sie hob langsam ihren Kopf und ich sah, wie ihre Augen gerötet waren und noch immer einige Tränen aus ihren entschwanden. Ihre ganze Mimik war in tiefe Trauer getränkt und auch ihre Körperhaltung, in sich zusammengekauert, die Arme um die andezogenen Beine geschlungen, sprach Bände. 

"Miga, wie kann ich dir helfen?", fragte ich sanft und strich ihr dabei über ihren Arm. Sie zuckte erst kurz zurück, aber schien sich dann etwas zu entspannen.

"Sie ist weg, Tae. Sie fliegt jetzt nach Amerika und kommt vielleicht nie wieder zurück", meinte sie und versuchte dabei wieder etwas an Stärke in der Stimme zu gewinnen. 

"Komm mit rein, dann können wir da weiterreden. Kannst du laufen?", fragte ich wieder und begleitete sie dann in die Wohnung. Ihre Haltung blieb dabei etwas gekrümmt, aber ich versuchte sie durch sanfte Bewegungen auf ihrem Rücken zu führen und gleichzeitig etwas zu beruhigen. 

Wir setzten uns ins Wohnzimmer und ich holte ein Glas Wasser für sie, bevor ich sie bat sich bei mir auszuweinen und ihren Kummer mit mir zu teilen. Ich wollte endlich auch mal ihr seelischer Mülleimer sein, nachdem sie es so oft in den vergangenen Jahren gewesen war.

"Sie hat einen Mann in den USA kennengelernt, den sie heiratet und dann kann sie nicht mehr zurück", erzählte sie weiter.

"Das tut mir so leid, aber warum kann sie nicht wieder zurück hierher kommen?", versuchte ich ihre SItuation Stück für Stück zu beleuchten.

"Ich weiß es nicht genau, aber sie meinte, dass sie wahrscheinlich nicht wiederkommen kann"

"Aber du könntest ja zu ihr fliegen oder ihr könnt telefonieren, videochatten. Der Abschied erscheint dir jetzt vielleicht unerträglich, aber ich werde alles dafür tun, dass ihr euch wiedersehen könnt und sind dort nicht auch nächstes Jahr Schwimmwettkämpfe?"

Sie sah mich mit einem undeutbaren Blick an. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. Wer sollte diese Freundin sein. Ihre engsten Freundinnen waren in ihrem Schwimmteam und lebten nicht hier in Seoul und die ganze Geschicht, dass die Freundin nicht wiederkommen könnte, schien mir ebenso suspekt. Was ging hier vor sich?

"Welche Freundin ist es denn? Juhee? Sumi?", begann ich eine neue Strategie zu verfolgen.

"Die Freundin kennst du nicht", antwortete sie nur kurz und ziemlich kalt. 

"Hey Miga, ich bin dein großer Bruder. Ich bin immer für dich da. Was auch immer passiert, ich würde dich nicht im Stich lassen und du kannst immer zu mir kommen, wenn du reden möchtest, ok?"

Sie nickte und ich sah wie sich nun erst recht wieder mehr Tränen in ihren Augen bildeten. Dadurch begannen auch meine Augen feucht zu werden und ich sah sie verletzt an, bevor ich sie in eine feste Umarmung zog. "Bitte, bitte Miga sprich doch einfach mit mir. Was ist passiert?", dachte ich mir und drückte sie nur noch fester an mich. Sie entspannte sich immer mehr in der Unarmung und schließlich lösten wir uns voneinander, als ich spürte, dass es der Zeitpunkt dafür war.

"Ich würde jetzt gerne duschen. Wo kann ich das am besten machen?", fragte sie leicht schmunzelnd, was den perfekten Kontrast zu ihrer verweinten Augenpartie bildete. Ich brachte sie zu unserem einen Badezimmer und gab ihr den Schlüssel, damit sie von innen abschließen konnte. Dann begab ich mich an mein Handy und verspürte den Drang, das Ganze mit Jungkook zu besprechen. Irgendwie hatte er ein eigenartiges Bewusstsein ihr gegenüber, sodass es für mich wie eine logische Konsequenz wirkte.

"Hey Jungkook, ich brauche glaube ich nochmal deine Hilfe", meinte ich, als er sich am anderen Ende der Leitung meldete.

"Natürlich, Hyung. Wie lief es mit Miga?", erkundigte er sich sofort, was mich in meiner Entscheidung nur noch weiter bestärkte. Er würde damit gut umgehen und sicher hilfreich sein.

"Sie saß zusammengekauert auf unseren Stufen und hat geweint und", versuchte ich ihm gerade die Situation zu schildern, als er mir schon dazwischengretschte:

"Geweint? Warum? Was ist passiert?"

"Sie hat mir von einer Freundin erzählt, die heute in die USA ausgewandert ist und die sie deshalb nie wieder sehen würde. Ich habe ihr dann angeboten, dass sie ja zu ihr fliegen könnte und dachte auch, dass  ich ihr die Tickets bezahlen konnte, aber sie hat sofort eigenartig darauf reagiert. Irgendetwas stimmt da nicht, aber ich sehe wie sie leidet. Ich bräuchte deine Hilfe um herauszufinden was es ist", erklärte ich ihm. Ich ging noch näher auf den Plan ein, den wir umsetzen wollten, sobald sie wieder vom Studio wiederkamen. 

Ich schämte mich etwas dafür, was ich vorhatte, aber der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel, deshalb versuchte ich mir deshallb nicht zu viele Gedanken zu machen. Außerdem bestandt ja noch immer die Möglichkeit, dass sie sich nun von sich aus öffnen würde und mein Angebot annehmen würde. Ich wusste, dass ich sie unterstützen würde, was auch immer passieren würde. Ich hatte meine Schwester so unfassbar lieb, sodass ich mir diesbezüglich sicher war.

Bald kam sie fertig geduscht, umgezogen und mit geföhnten Haaren wieder aus dem Badezimmer und ich leitete sie sofort in mein Zimmer um. Jungkook war bereits dort und wartete auf seiner Position. So wie ich meine Schwester kannte, war die Position perfekt für unser Ziel geeignet. Miga sah mich verwirrt an und fragte dann auch was denn los sei. Ich atmete tief durch und sagte ihr dann mit einer sanften, aber dennoch entschlossenen Stimme:

"Miga, komm wir müssen reden"

SAVE ME- BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt