6. „Life Is A Highway" (Aaron & Noemi)

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Gegenwart
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Er hatte eine Pastinakencremesuppe und Brot für Noemi organisieren können. Während er weg war, war sie unter die Dusche gestiegen und lag jetzt auf ihrer Seite des Bettes, mit einer bis zur Nasenspitze hochgezogenen Bettdecke und nassen Haaren. Im TV lief Modern Family.

Er seufzte, weil diese stechenden, ungewöhnlichen, grauen Augen jede seiner Bewegungen verfolgten. „Noemi, kommst du da nochmal raus oder soll ich deine Suppe essen?" Er sah ihre Lippen nicht, konnte aber an ihren Augen ablesen, dass sie grinste. Schnuppernd kam sie unter der Decke hervor.

Genießerisch schloss Noemi die Augen und gab ihm ungewollt einen Moment sie ungestört anzusehen. Sie trug nur ein schwarzes, enges Top mit ganz dünnen Trägern. Ihre schweren Brüste wackelten appetitlich, als sie sich schwungvoll aufsetzte. Vielleicht war das hier eine selten bescheuerte Idee. Vielleicht aber auch nicht.

Sanft strich er eine nasse Haarsträhne von ihren Schultern. „Noemi." Sie war voll auf den Suppenteller konzentriert. Er entschied sich sie ihre Suppe essen zu lassen und ging kurz auf die Terrasse.
Das würde nicht die erste Nacht werden, die sie zusammen verbringen würden. Nicht mal die erste Nacht im selben Bett. Und doch hatte der Kuss vor dem Aufzug alles verändert. Das hier war für ihn nicht mehr unschuldig.

War das ok?

Er stützte die Hände auf das dunkle Geländer und spürte die gespeicherte Wärme. Wie lange war lange genug, um zu trauern? Wie lange war zu lange? Er würde Theresa immer lieben. Aber sie war nicht mehr hier und er wollte nicht länger alleine sein.

Seine Gedanken erschreckten ihn.
Was war heute nur los mit ihm? Theresa war seine große Liebe. Sie blieb seine große Liebe, niemand konnte die große Liebe ersetzen. Oder?

Als er zurückkam, saß Noemi im Schneidersitz auf dem Bett. Ihre langen Beine steckten in einer knappen Shorts und sie regte sich über irgendwas auf ihrem Handy auf. „Was ist los?"

„Meine Arbeitskollegin spinnt. Nichts Wildes. Bloß mega nervig." Er vermutete, dass es wieder Anna war. Die Kollegin war wahnsinnig unselbstständig und wäre sie seine Angestellte, würde sie längst woanders arbeiten.

Noemi legte das Handy in die Schublade des Nachttischs und sah ihn unsicher an.
„Ich kenne eine der Frauen von eben."

Überrascht sah er sie an. „Das sah für mich nicht so aus."
Schulterzuckend meint sie, dass sie das sehr wohl wisse. Auf seine Rückfrage, warum man sich ihr gegenüber so verhalten habe, bekam er keine Antwort mehr.

„Wollen wir schlafen? Oder möchtest du duschen? Dann gehe ich solange auf die Terrasse?"

Wollte er nochmal duschen? Am besten eiskalt? Wollte er, dass sie hinaus ging, obwohl sie so müde war? Er entschied sich dagegen. „Ja, du kannst gern schlafen, stört es dich, wenn ich noch fernsehe?" Sie schüttelte den Kopf. „Und nein, ich war vor dem Essen duschen und springe morgen Früh nochmal kurz drunter."

„Ok, dann schlaf gut."

„Du auch."

Sie drehte sich mit dem Rücken zu ihm und schwieg. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die dunkle Decke. Dann machte er den Fernseher an und schaltete durch die Programme, nur um ihn wenige Minuten später wieder auszuschalten.

„Noemi, was wäre, wenn das hier nicht nur ein Alibi wäre?" Sie antwortete nicht. Er glaubte aber, dass sie noch wach war. Sonst würde er sie leise Schnarchen hören. Auch wenn sie das niemals zugäbe. So setzte er alles auf eine Karte. „Was hältst du davon, dass dieses Wochenende unser erstes Date ist?"

L(i)eben ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt