34. „All Night Long" I/II (Aaron & Noemi)

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Gegenwart
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Aaron hätte laut schreien können, als die gehässigen Mistkühe Noemi ablenkten und sie allen Ernstes ihren Kuss unterbrach, um denen ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Er holte tief Luft, um den ganzen Frust der vergangenen Stunden an den gemeinen Zicken auszulassen und wandte sich mit mörderischem Gesichtsausdruck Barbara und Jennifer zu. Bevor er sie jedoch zur Hölle schicken konnte, trat Noemi um ihn herum und baute sich mit in den Hüften gestützten Fäusten neben ihm auf.
Sie holte tief Luft und selbst Aaron zuckte zusammen, denn ihre Präsenz war so voller Wut wie er es noch nie erlebt hatte. Kurz überlegte er Noemi einfach zu schnappen und wie ein Höhlenmensch ins Hotel zu schleppen - es war ihm so egal, was diese dummen Weiber für ein Problem hatten, nicht egal war ihm sein schmerzhaft pochender Schwanz, der gefühlt seit Ewigkeiten auf Erlösung wartete - aber er befürchtete, dass das erst aus der Welt geschafft werden müsste, damit Noemi sich heute Nacht nur noch auf ihn würde konzentrieren können. Also lehnte er sich mit vor der Brust verschränkten Armen an das Geländer des Pavillons und wartete ab.

Noemi gelang es nur mit Mühe ihre Atmung zu kontrollieren, kurz glaubte sie an allem Ungesagten zu ersticken und grub ihre Nägel tief in die Haut ihrer Handflächen. Wer glaubten diese armseligen, untervögelten Mistkühe eigentlich das sie waren? Was nahmen die sich heraus? Konnte Eifersucht und Missgunst tatsächlich erwachsene Menschen auf das Niveau pubertierender Schulmädchen herunterziehen? Wie unzufrieden mit sich und seinem Leben musste man eigentlich sein? Pfui.
Das Zittern ihres Körper verstärkte sich, jeder Muskel war zum Zerreißen angespannt und wollte ihr doch nicht gehorchen. Vielleicht waren die gesendeten Signale ihres Gehirns auch zu verworren. Sie wollte die Biester gleichzeit kratzen und schlagen, wollte sie anspucken und anbrüllen, wollte Aaron direkt vor ihren Augen vögeln, einfach um zu zeigen, dass sie es konnte und die Mistkühe nicht - sie wollte alles gleichzeitig und irgendwie auch garnichts davon.

Schließlich atmete sie tief ein und entspannte sich. „Pass auf Barbara, ich verstehe, dass dich die Ablehnung Taios damals niedergeschmettert hat, aber dass du mehr als ein Jahr später deswegen immer noch rumnölst, ist - höflich formuliert - peinlich." Überrascht sah Aaron Noemi an. Was hatte Taio mit all dem zu tun? Hatte er eine Beziehung mit Barbara gehabt?

Das plötzliche Kreischen Barbaras ließ Noemi unwillkürlich zusammenzucken. „Du hast ihm Lügen über mich erzählt. Du hast uns auseinander getrieben, dich in unsere Beziehung gedrängt, weil du nicht ertragen konntest, dass er mich liebte. Du wolltest eine Kopie von Tristan ganz für dich und hast deshalb unsere Beziehung zerstört. Du bist das Letzte." Jennifer schlang ihre Arme um die nun weinende Barbara, während Noemi sie mit offenem Mund anstarrte. „Wir wollten sogar zusammenziehen und du hast alles zerstört", setzte Barbara leidend nach, nur um anschließend wieder laut schluchzend an der Brust ihrer Freundin zusammenzubrechen.
Noemi blinzelte mehrfach. Das war jetzt irgendwie überraschend aus dem Nichts gekommen.

Barbara, das ist völliger Blödsinn." Noemi sah die Frau mitleidig an, betrachtete ihr verquollenes Gesicht, das ruinierte Makeup. Nicht für einen winzigen Augenblick glaubte sie, was ihre ehemalige Freundin gesagt hatte. Kurz überlegte sie, was zur Hölle sie geritten haben könnte, das tatsächlich zu glauben, entschied sich dann aber, dass sie es nicht wert war. „Du warst nie in einer Beziehung mit Taio. Ihr habt euch ein paar Mal getroffen - als Freunde. Niemals hattet ihr darüber hinaus eine Beziehung, niemals hat er dich geküsst oder berührt, niemals hat er überlegt mit dir zusammenzuziehen. Wie kannst du das nur glauben? Wie kannst du sowas nur erzählen?" Ihre Stimme klang ruhig, gelassen. Jennifer sah sie aufmerksam, während Barbaras Gesichtsfarbe ein ungesund dunkles Rot annahm. „Taio ist wie ein Bruder für mich, dem ich alles Gute dieser Welt wünsche - worunter du nicht fällst. Im Gegensatz zu dir, kann ich aber anderen ihr Glück gönnen." Langsam öffnete sie ihre noch immer zu Fäusten geballten Hände. Die in ihre Haut gepresstes Halbmonde ihrer Nägel brannten, der Schmerz ließ sie jedoch klar denken und verhinderte, dass etwas tat, was sie bereuen würde. „Taio ist etwas Besonderes, einen treueren, ehrlicheren, intelligenteren, unschuldigeren Menschen wird man kaum finden." Sie lächelte. Die vier Adjektive wurden dem Mann nicht mal annähernd gerecht. „Und eben weil er so intelligent ist, weiß er was gut für ihn ist. Wenn eure Bindung so stark gewesen wäre, hätte ich sie niemals zerstören können. Wenn ihr tatsächlich irgendeine Bindung gehabt hättet, dann wüsstest du, dass Taio alles was er tut, rational begründen kann, er wägt Fakten ab, Emotionen spielen kaum eine Rolle. Er liebt dich nicht. Liebte dich nie. Fakt."

„Du Schlampe", giftete Barbara erneut, aber Noemi hatte sich bereit abgewandt. „Du glaubst, dass du das Beste bist, was einem Mann passieren kann und dass niemand so toll ist wie du. Dabei bist du nur eine intrigante Schlampe, Schlampe, Schlampe!" Ihr Kreischen steigerte sich bei der Wiederholung der Beleidigung so sehr, dass Noemi schmunzeln musste. Wahnsinn. Wieso waren sie nochmal über Jahre hinweg befreundet gewesen? Schulterzuckend drehte sie sich endgültig zu Aaron um und legte ihre Hand in seine.

Grinsend schlang Aaron seine Arme um Noemis Körper und presste sie hart an sich. Seine Hände kamen über ihrem Hintern zu liegen und es juckte ihn in den Fingern sie einfach um diese Backen zu schließen und sie aufzufordern ihre Schenkel um seine Hüften zu schlingen.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Jennifer ihre Freundin währenddessen zurück in Richtung des Hotels zog. Genau dahin musste er auch ganz dringend mit Noemi. In ihr Zimmer. Allein. Mit einem „Bitte nicht stören"- Schild vor der Tür.

„Ich muss einfach fragen, Noemi. Barbara und Taio?", fragend sah er sie mit hochgezogenen Brauen an.
Unwirsch wedelte sie mit der Hand, so als ob sie eine lästige Erinnerung beseitigen wollte. „Das hätte sie gern gehabt." Aaron nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Taio sah sehr gut aus, aber seine Erkrankung machte ihn zu einem komplizierten Partner. So wie er Barbara einschätzte, war sie dem Asperger-Syndrom ganz sicher nicht gewachsen. „Weiß sie, dass Taio mit Lizzy zusammen ist?"
Noemi schüttelte den Kopf. Vor ein paar Wochen hatte Taio Eliza Martínez an der Universität kennen gelernt und die energische Latina hatte in Nullkommanichts mit Herz und Verstand alle seine Mauern eingerissen, jetzt überlegten sie wirklich zusammenzuziehen.
„Das braucht sie nicht wissen. Ich will nicht, dass diese toxische Person überhaupt noch irgendwas mit Taio zu tun hat." Nickend legte Aaron seinen Arm um Noemis Schultern und zog sie an sich.
Seine Stimme klang rau, als sein warmer Atem ihr Ohr kitzelte. „Können wir jetzt bitte endlich ins Bett gehen, Kleines?"

L(i)eben ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt