12. „Kryptonite" (Aaron & Noemi)

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Gegenwart
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Wütend zog Noemi sich die völlig durchweichte und klebrige Jeans von den Beinen. Diese blöde Kuh hatte ihr doch tatsächlich den ganzen Krug Orangensaft in den Schoß fallen lassen. Himmelherrgott nochmal, was zur Hölle war bloß bei denen verkehrt? Was glaubten die eigentlich, wer sie waren, dass sie so mit ihr umgehen konnten? Und was glaubten die eigentlich was für Ansprüche sie auf Aaron hatten? Stella hatte wirklich seltsame Freundinnen.

Sie hatte wirklich gedacht, nach Tristans Familie würde sie nichts mehr schocken. So konnte man sich irren. Menschen waren eben besonders.

Sie schmiss die Jeans in die Wanne, ließ ihren nassen Pulli direkt hinterher fallen und krönte den klebrigen Haufen noch mit ihrer Unterwäsche. Anschließend ließ sie heißes Wasser darüber laufen und sah dem Orangensaft-Wasser-Gemisch dabei zu, wie es in den Abfluss rann.

Ihre Wange lag auf dem kühlen Rand der Wanne. Die Flirterei mit Aaron hatte sie ziemlich mitgenommen, ihr war heiß und sie erwischte sich, wie sie darüber nachdachte wie es wäre mit Aaron zu schlafen. Wie es wäre, seine Hände auf ihren Brüsten zu spüren, seine Lippen auf ihrem Bauch, ihren Schenkeln... . Das Wortgeplänkel hatte sie tatsächlich wuschig gemacht. Als er sie an sich gezogen hatte, konnte sie seine Berührungen direkt zwischen ihren Beinen spüren. Gott, guter Sex war so verdammt lange her. So. Verdammt. Lange.

Aber zuerst sollte sie wohl die Rechnung mit Barbara begleichen. Wenn die meinte, dass O-Saft ausreichen würde um sie abzuschrecken, dann kannte sie sie schlecht. Tristan und sie waren mehr als die Hälfte ihres Lebens zusammen gewesen. Er hatte unverschämt gut ausgesehen, ein heißer Latin-Lover. Sie kannte sich mit Frauen aus, die haben wolllten, was ihr gehörte. Barbara hatte nie verstanden, dass Tristans Zwilling nie Interesse an Frauen gehabt hatte. Oder an körperlicher Nähe. Egal wie sehr manche versucht hatten ihn umzustimmen.

Unwillkürlich fragte sie sich, wie es Taio wohl ging. Sie hatte seinen Anblick in den ersten Monaten nach Tristans Tod nicht ertragen können. Tristan zu sehen, aber jedes Mal erkennen zu müssen, dass er es nicht war, hatte sie fast umgebracht.

Mit Tristan hatte es so viele Frauen gegeben, die ihn ihr wegnehmen wollten. Nicht alle kämpften mit sauberen Mitteln, aber alle verloren.

Kurz dachte sie darüber nach, dass es mit Aaron eigentlich nichts zu gewinnen gab. Aaron war nicht Tristan. Sie waren nicht zusammen. Nicht wirklich.

Aber er wollte sie. Vermutlich. Die kleine Stimme in ihrem Kopf verunsicherte sie. Wollte sie ihn denn auch? Oder wollte sie ihn grad nur, weil die blöden Nattern ihn ihr wegnehmen wollen?

Sie wrang ihre Kleidung aus, legte sie über den Wannenrand und steuerte auf die Dusche zu. Vermutlich sollte sie sich beeilen und zum Frühstück zurückkehren, denn die Standesamtliche Trauung war schon in zwei Stunden und sie mussten sich noch fertig machen und hinlaufen. Und sie war nicht unbedingt die genießbarste Person, wenn sie hungrig und wütend war. Hangry Noemi handelte normalerweise wenig überlegt und war keine gute Gesellschaft. Beides gehörte nicht auf diese Hochzeit.

Das heiße Wasser lockerte ihre verspannten Muskeln. Ihr war nicht klar gewesen, wie sehr sie die Auseinandersetzungen mit den Kühen geärgert hatte, bis sich die Verhärtungen ihrer Schultern im Wasser auflösten. Sorgfältig darauf bedacht ihre Haare nicht nass zu machen, ließ sie den Wasserstrahl über ihren Körper gleiten.

Sie zögerte einen Moment, entschied sich dann jedoch für die totale Entspannung und bewegte den Strahl zwischen ihre Beine.

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L(i)eben ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt