13. „The First Cut Is The Deepest" (Tristan & Noemi)

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Vergangenheit
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Sechs Wochen war die dämliche Hausparty zu Chris' Geburtstag her. Nachdem Tristan an dem Abend nicht zu ihr gestanden, sie sogar vor seinen Freunden bloß gestellt und sie als hysterische Lügnerin bezeichnet hatte, die Dinge erfand, um ihm die Party - ach was, sein Leben zu ruinieren, hatte sie Taio angerufen. Er war der einzige Mensch, den sie kannte, der keine Fragen stellen würde, deren Antworten sie zerstören müssten.

Sechs Wochen lang hatten Tristan und sie sich nur selten gesehen. Sie könnte das alles jetzt auf die Prüfungsphase  schieben oder sie gestand sich endlich ein, dass etwas zwischen ihnen nicht mehr in Ordnung war. Überhaupt nicht in Ordnung.

Sechs Wochen waren lang. Vor allem, wenn sie in der Zeit zweimal hätte ihre Tage bekommen müssen, die aber ausgeblieben waren. Das war erstmal nur bedingt bedenklich gewesen, weil ihr Zyklus gern mal verrückt spielte. Bedenklich waren aber die sechs positiven Schwangerschaftstests.

Mit schweißnassen Händen stand Noemi nackt vor dem deckenhohen Spiegel im Badezimmer und besah sich von der Seite ihren Bauch. Sie seufzte. Natürlich liebte sie Tristan - auch nach seinen verletzenden Worten - aber war sie bereit für ein Kind? Sein Kind? War sie bereit für die Verpflichtung, die damit einher ging? Wollte sie irgendwann sterben und nur mit einem einzigen Mann geschlafen haben? Vielleicht gab es so viel mehr zu entdecken?

***
Noemis Hände waren schweißnass und sie fragte sich zum wiederholten Mal wie eklig Tristan das beim ersten Mal finden würde. Am liebsten würde sie ins Bett gehen, sich unter der dicken Decke verkriechen und sich bis zum St. Nimmerleinstag verstecken. Aber sie war sechzehn, da verkroch man sich nicht mehr im Bett und ließ sich von seinem Teddy beschützen.

Was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Wollte sie nicht einfach nur Sex haben um mitreden zu können? Ganz sicher sogar.
Warum hatte sie Jessica überhaupt davon erzählt? Wieso hatte Tristan in der Jungenumkleide so eine Scheiße verbreitet? Es war alles seine Schuld. Alles alles alles seine Schuld.

Wütend setzte sie sich auf den Rand der Wanne in ihrem Badezimmer, nachdem sie jedes noch so kleine Haar unterhalb ihres Halses bereits akribisch genau von ihrem Körper entfernt hatte. Die Stelle zwischen ihren Beinen hatte sie bis zum Schluss nicht angerührt, weil sie nicht wusste, ob Haare dort hingehörten oder nicht, ob Tristan das sexy finden würde oder nicht und ob sie überhaupt in der Lage sein würde sich da unten zu rasieren ohne alles in ein blutiges Massaker zu verwandeln

***

Jetzt saßen sie auf dem Sofa und sahen sich zum gefühlt hundertsten Mal Vier Fäuste für ein Hallelujah an. Das war so garnicht Noemis Humor und sie fragte sich, ob ihr Leben von jetzt an immer so laufen würde: sie tat Dinge, die sie nicht tun wollte, um ihrem Mann einen Gefallen zu tun.

Am liebsten hätte sie mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen. Ständig hieß Tristan in ihrem Kopf „Mann" oder „Ehemann" - dabei waren sie nicht verheiratet und hatten das eigentlich auch die nächsten Jahre nicht vorgehabt. Sie seufzte.
Wenn er sie doch einfach nur in den Arm nehmen würde, würde sie das wieder erden. Sie hatten schon immer über Nähe funktioniert. Sie hatten von Anfang an (fast) perfekt harmoniert.

***
„Bist du sicher?", flüsterte Tristan und Noemi schluckte hörbar. Sie war so wunderschön. Ihre Wangen waren leicht gerötet, ihre seidigen Haare fielen ihr glatt über deine Schultern bis hinunter auf ihre Brüste.
Er wusste, dass er sich glücklich schätzen konnte, dass sie ihn ausgewählt hatte.

L(i)eben ohne dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt