«Hab euch lieb», rufe ich meiner Familie und meiner besten Freundin Alba zu, als ich durch die Passportkontrolle von Madrid gehe.
Die Flugbegleiterin locht meine Karte und hält sie mir mit ihren perfekt manikürten Fingernägel entgegen.
«Ich wünsche Ihnen einen guten Flug Rosalita López Moore.»
Grinsend nehme ich die Karte und laufe wie in Zeitlupe durch das Flugzeug, um meinen Platz zu suchen. 75A,76A,77A, ich bleibe vor besagtem Platz stehen, doch darauf sitzt schon jemand.
Ein Typ mit einer tiefsitzenden Cap, hat es sich bereits darauf gemütlich gemacht und hört mit geschlossenen Augen Musik. Na super. Ich zupfe ihn sanft am Ärmel und plötzlich durchbohrt mich sein Blick.
Er mustert mich von oben bis unten und sieht mich fragend an. «Ich glaube du sitzt auf meinem Platz», sage ich dumpf auf Englisch.
Er hebt eine Augenbraue. «Ach tu ich das?», fragt er herausfordernd.
«Ja.»
«Nein, ich habe die Karte für den Sitz 77 B.»
«Was?», frage ich perplex, da ich ja die Karte für 77A habe.
«Querida, 77A ist ein Fensterplatz und deshalb sitze ich genau richtig», sagt er, steckt sich seine Ohrstöpsel wieder in die Ohren und schliesst die Augen.
Perplex blinzle ich ihn an und überprüfe, ob er recht hat. Verdammt.
Da dieser Typ anscheinend nicht einmal den Anstand besitzt aufzustehen, um mich an meinen Platz zu lassen und sich hinter mir eine Schlange gebildet hat, bleibt mir nichts anderes übrig, als über ihn zu klettern.
Da ich ziemlich klein und zierlich bin, werde ich wohl kaum Mühe haben. Ich werfe meinen Rucksack auf den Sitz, schwinge ein Bein über ihn und ziehe das andere nach.
Leider rutscht mein linkes Bein ab, sodass ich mich nicht mehr halten kann und meinen Sitznachbarn aus Versehen ungünstig treffe.
Es geht ganz schnell und ich plumpse regelrecht in meinen Sitz, als mich der Typ mit schmerzverzerrtem Gesicht ansieht.
«Dein Ernst, kannst du nicht aufpassen?!», zischt er und schliesst die Augen.
Ein Mädchen kichert und sagt: « Die hat ihm gerade in die Eier getreten!»
Ein älteres Mädchen, wahrscheinlich ihre Schwester, schubst sie, um weiter zu laufen und sieht mich entschuldigend an.
«Es tut mir so leid», stammle ich peinlich berührt. Meine Gesichtsfarbe hat sich wahrscheinlich schon in ein kräftiges Rot verwandelt und ich könnte im Erdboden versinken.
«Ach ja», er sieht nicht überzeugt aus.
Langsam werde ich sauer. Er sieht doch, das es mir unangenehm ist und ich es nicht mit Absicht getan habe.
Er hebt abschätzend eine Augenbraue und verschränkt die Arme vor der Brust.
Dieser Typ bringt mich auf die Palme und wenn er so weitermacht, halte ich das die elf bis zwölf Stunden nicht aus.
«Hör mir mal zu, ich habe dir nichts getan und ausserdem bist du selbst schuld. Hättest du mir Platz gemacht, wäre dies wohl kaum passiert.»
«Wärst du nicht so ein Trampeltier, dann auch nicht und wärst du nicht hier schon gar nicht», gibt er zurück, steckt ein letztes Mal seine Kopfhörer in die Ohren, drückt auf Play und hört so laut, dass ich jedes einzelne Wort des Songs verstehe.
Wütend drehe ich mich von ihm weg. Ich lasse mir von diesem Typen sicher nicht den ersten Tag meines Sprachaufenthaltes versauen. Ganz sicher nicht.
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FOURever
Genç Kurgu«Manchmal sind es Schatten der Vergangenheit, welche uns unsere Wege nicht gehen lassen.» Die siebzehnjährige Rosalita López, kurz genannt Rose, träumte schon als kleines Kind davon, einmal in die USA, dem Heimatland ihrer Mutter, zu reisen. Nun is...