Kapitel 42: Carlos

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Nervös streiche ich mir zum gefühlt hundertsten Mal durch meine kurzen Locken, ehe ich an der Tür der Andersons klingle.

Schritte ertönen und ich halte den Atem an. Bitte lass es nicht Ryan sein.

Die Tür wird geöffnet und ich stelle mich sofort aufrecht hin. Blaue Augen starren mich an und stöhne innerlich auf. Ryan sieht mich missbilligend an.

«Hey.» Ich versuche mir die plötzliche Anspannung zwischen uns nicht anmerken zu lassen.

«Carlos ist hier», ruft Ryan und ignoriert meine Begrüssung völlig.

«Bin gleich fertig», kommt es zurück und ich höre Rose die Treppe runterrennen.

Gott sei Dank erlöst sie mich aus dieser Situation bevor es noch unangenehmer wird. Grinsend kommt sie auf mich zu und umarmt mich. Dann löst sie sie sich von mir und huscht zurück in die Eingangshalle, um sich ihre Schuhe anzuziehen.

Ich betrachte sie verstohlen von der Seite. Sie trägt ein kastanienrotes Sommerkleid mit weissen Blumen darauf. Ihre Haare sind offen, was mir an ihr am besten gefällt, nur die vordersten hat sie zu einem lockeren Zopf geflochten.

Ryan räuspert sich und ich sehe ihn fragend an. Rose ist inzwischen fertig und tritt mit einer kleinen Umhängetasche neben mich.

«Viel Spass», meint Ryan nur und sein Lächeln sieht erzwungen aus.

Ich glaube er tut dies nur Rose zu liebe. Anscheinend finden die beiden wieder zueinander. Dies sagt zumindest Rose.

Als sie letzte Woche unser Training gecrasht hat, war ich danach ziemlich durch den Wind. Ich meine Rose bleibt in Amerika. Sie weiss zwar immer noch nicht, ob sie das nächste Schuljahr mit uns antreten kann, doch das Einzige was zählt ist, dass sie definitiv auswandern wird.

Ich hatte zuerst Angst, dass sie dadurch wieder mit Ryan zusammenkommen wird, doch im Moment macht dies nicht den Anschein.

Es ist der totale Albtraum auf das gleiche Mädchen zu stehen. Man zerstört dadurch seine ganze Freundschaft und das was einen sonst noch verbindet. Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass einer von uns als Verlierer rauskommen wird. Und komischerweise bin das nicht ich, obwohl es vor ein paar Monaten ganz anders ausgesehen hat.

Ich meine Rose und ich sind immer noch Freunde, doch ich habe lange genug gewartet. Es ist Zeit in die Offensive zu gehen. Deshalb habe ich es gewagt, sie für heute auf ein Date zu entführen.

«Tschüss Ryan», sagt Rose, während ich nur ein knappes Nicken zu Stande bringen.

Wie der Gentleman, der ich bin, öffne ich Rose die Beifahrertür, ehe ich mich hinters Steuer setze und den Motor starte. Erleichtert atme ich aus, als wir das Haus hinter uns lassen. Rose sieht mich ein wenig besorgt an, sagt aber nichts dazu.

Ich weiss, dass sie sich Vorwürfe macht unsere Freundschaft zerstört zu haben, doch das ist nicht ihre Schuld, auch wenn sie dazu beigetragen hat.

Ich drehe das Radio lauter.

«Also, wohin gehen wir?», fragt Rose neugierig.

Ich grinse geheimnisvoll. «Du wirst es bald erfahren.»

Sie beginnt zu lachen und ich sehe sie verwirrt von der Seite an.

«Du bist schon der ultimative Romantiker, oder? Ich meine jeder liebt Überraschungen und so wie ich dich kenne, sind sie aufs kleinste durchdacht.»

Wie recht sie damit hat. Doch egal wie viele Male sie es noch versuchen wird, ich werde nicht verraten wo wir hingehen.

Nachdem ich alle Sachen ausgepackt und nach einer gefühlten Ewigkeit endlich zufrieden mit meinem Ergebnis bin, gehe ich schnellen Schrittes zurück zum Auto, wo Rose bereits ungeduldig auf mich wartet.

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