Kapitel 14: Carlos

104 25 3
                                        

Sie macht mich nervös, wie sie so neben Josh auf der Tribüne sitzt und mich nicht aus den Augen lässt. Für einen Moment hatte ich das Gefühl, das sie statt mich, Ryan beobachtet. Doch diese absurde Idee habe ich sofort wieder verworfen.

«Die nächsten Schwimmer bitte auf ihre Startplätze: Connor Summers, Simon Perry, Carlos Martínez und Zac Jordan», sagt die Dame am Mikrofon und ich klatsche schnell meine Kumpels ab, ehe ich zu meinem Startplatz gehe.

«Denk daran, der Start ist der halbe Sieg», schärft mir Mike zum letzten Mal ein, ehe er mir auf die Schultern klopft.

«Du schaffst das mein Junge. Ich weiss das du es kannst. Zeig es diesen Pappnasen.»

Ich nicke und blicke aufs Wasser. Dann stelle ich mich startklar hin und ziehe mir meine Schwimmbrille über die Augen.

Der Startschuss erfolgt und ich springe ins Wasser. Adrenalin stösst durch meine Adern, während ich zu kraulen beginne. So schnell ich kann schwimme ich auf die andere Seite, stosse mich am Beckenrand ab und kraule zurück.

Auf den letzten Metern lege ich meine ganze Kraft, die ich noch habe in meine Schwimmzüge und als ich den Beckenrand erreiche, tauche ich schnaufend auf und stütze mich mit einem Arm am Rand ab.

Das Publikum jubelt und ich versuche meine Atmung wieder zu verlangsamen. Ich habe es geschafft. Ich reisse mir meine Schwimmbrille über den Kopf und werfe sie an den Beckenrand. Ich blicke auf den Monitor wo die Zeit angegeben wird und gucke auf die Zahl, welche neben meinem Namen steht. Mir bleibt die Luft weg.

«Alter, 52,45 Sekunden, wie machst du das nur?», ruft Will und ich steige aus dem Becken.

«Du bist Erster, weisst du was das bedeutet?», fragt er mich ungläubig.

Ich grinse. «Jugendmeisterschaft?»

«Ja verdammt.» Er schlägt mir anerkennend auf die Schulter.

Auch meine anderen Freunde gratulieren mir zum Einzug in die Jugendmeisterschaft und Mike begutachtet mich mit diesem «Ich habe es gewusst» Blick. Ich werfe einen Blick Richtung Tribüne und blicke zu Rose.

Sie schaut in meine Richtung und zeigt beide Daumen nach oben. Mein Magen beginnt zu kribbeln und ein Lächeln umspielt meine Lippen. Ich greife nach meinem Badetuch, welches über meinem Stuhl hängt. Dann trockne ich mich ab und warte darauf, dass Chase zum Start aufgerufen wird.

Es ist später Nachmittag und der Wettkampf neigt sich dem Ende zu. Die Rangverkündigung ist fast vorbei und ich halte meine Goldmedaille fest umschlossen. Von allen Teilnehmern blieb ich auf dem ersten Platz im 100m Freistilschwimmen.

Von unserem Schulteam haben es leider nicht alle geschafft, aber Ryan ist Sieger im 50m Freistilschwimmen, während Chase den zweiten Platz im 100m Brust belegt und Will als drittplatzierter knapp auch mit dabei ist. Für Ayden, sowie die anderen hat der Einzug leider nicht gereicht. Nachdem wir noch ein Gruppenfoto auf Wunsch von Wills Vater gemacht haben, gehen wir duschen.

«Geht ihr noch irgendwo hin?», frage ich Ryan und streife mir ein Trägershirt unserer Mannschaft über den Kopf.

«Weiss nicht. Wieso?»

«Nun ja, ich hätte Rose gerne zu mir nach Hause eingeladen», antworte ich und rubble mit dem Badetuch über meine Haare.

«Findest du nicht, dass das ein bisschen früh ist?», fragt mich Ryan ein wenig irritiert und schlüpft ins seine Schuhe.

«Nein eigentlich nicht. Aber wenn deine Eltern schon etwas vorhaben, verschiebe ich es einfach auf ein anderes Mal.»

«Geht klar. Ich frage sie mal», sagt er.

Er schmeisst alle seine Sachen in seine Sporttasche und möchte gerade durch die Garderobentür hinaus, als ich ihn am Arm zurückhalte.

«Ryan, könntest du mir einen Gefallen tun?», frage ich ihn und ziehe den Reissverschluss meiner Tasche zu. Wir verlassen die Garderobe und laufen den schmalen Gang, am Empfang vorbei, durch die Drehtür nach draussen.

«Was denn?», fragt er und sieht mich argwöhnisch von der Seite an.

«Nichts Grosses. Kannst du einfach mal unauffällig abchecken, ob Rose überhaupt Interesse an mir hat? Also nicht nur freundschaftlich.»

Er mustert mich, als ob er sich gerade fragt, ob ich einen Witz mache. Als ich nur ernst zurück starre, wendet er den Blick ab und sagt: «Ja ich versuch's.»

Was hat Ryan nur gegen Rose? Er kann sie doch nicht einfach mit Amélie in den gleichen Topf werfen. Ausserdem ist dieser Vorfall nun schon zwei Jahre her. Er sollte langsam mal darüber hinweg kommen. Und warum habe ich das Gefühl, dass er mir ein Date mit ihr nicht gönnen würde?

«Danke amigo», sage ich leise, da wir uns nun seiner Familie nähern.

«Du warst der Hammer», ruft Harper und umarmt Ryan stürmisch. Wir lachen über ihre Begeisterung.

«Ich habe gedacht meine Wettkämpfe interessieren dich nicht besonders», entgegnet Ryan nur und wuschelt ihr über den Kopf.

Sie streckt ihm die Zunge raus. «Doch, wenn Luisa dabei ist schon.» Sie legt einen Arm um Luisa, welche mich spitzbübisch angrinst.

«Ah, dachte ichs mir schon.» Josh zeigt den Daumen hoch und Luisa sagt: «Ich bin stolz auf dich, hermano.»

Mein Blick fällt auf Rose, welche auf mich zu kommt und mich umarmt. Für meinen Geschmack leider viel zu kurz.

«Du warst toll», sagt sie leise und löst sich wieder von mir.

«Danke, dass du gekommen bist», antworte ich und grinse sie an.

«Na, was sagt ihr, wollen wir den Tag mit einer Pizza ausklingen lassen?», fragt Susanna feierlich und Harper, sowie auch Elijah sind sofort Feuer und Flamme.

«Klar, gute Idee», sagt Ryan und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu.

Ich grinse nur, zum Zeichen, das alles cool ist.

«Na dann verabschiede ich mich mal. Luisa komm wir gehen», sage ich und meine kleine Schwester zieht einen Schmollmund.

«Bis Montag», rufe ich den anderen zu und sehe dabei hauptsächlich zu Rose.

«Bis Montag», ruft sie zurück und wir machen uns auf den Weg nach Hause, während die anderen wahrscheinlich ins «La Candela» gehen.

FOUReverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt