Kapitel 43: Ryan

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Ich kann nicht schlafen.

Das ist jetzt schon das dritte Mal in dieser Woche und es ist Mittwoch.

Ungeduldig wälze ich mich in meinem Bett hin und her. Ich kann nicht fassen, dass ich Rose an Carlos verliere, nur weil mich meine Vergangenheit einholt.

Dazu kommt noch, dass Rose nun in Amerika bleibt. Ich stelle mir Rose und Carlos eng umschlungen in unserer Schule vor. Ich werde das nächste Schuljahr unmöglich überleben, wenn ich sie die ganze Zeit in den Armen eines anderen sehen muss.

Ich muss es wieder geradebiegen und sie für mich zurückgewinnen. Aber wie?

Plötzlich springe ich wie von einer Tarantel gestochen aus dem Bett.

Warum lange auf den richtigen Moment warten, wenn wir jetzt reden können. Ich mache mir nicht einmal die Mühe, etwas anzuziehen und gehe zielstrebig auf meine Balkontür zu. Ich öffne sie und lasse sie einen Spaltbreit offen. Dann gehe ich auf Rose Tür zu und klopfe zweimal ans Fenster.

Es dauert keine zehn Sekunden, da sehe ich Rose Silhouette auf mich zukommen. Sie öffnet die Tür in einem meiner Wettkampfshirts, welches ihr knapp bis zu den Knien reicht.

«Ryan?», fragt sie verwirrt, wirft einen Blick auf meine spärliche Kleidung und lässt mich eintreten.

Ich setze mich auf ihr Bett. «Wir müssen reden.»

Sie zögert einen Moment und setzt sich schliesslich neben mich. «Ich weiss.»

Ich nehme ihre Hand in meine und hole tief Luft.

«Rose, ich habe dir das letzte Woche nicht gesagt, als du bei uns im Training aufgetaucht bist, aber ich vermisse dich auch. Sehr sogar. Einer meiner grössten Fehler war es, dich mit Amélie in den gleichen Topf zu werfen. Du bist nicht so wie sie. Du bist süss, charmant und witzig und auch wenn unser Kennenlernen holprig begonnen hat», ich höre abrupt auf, als Rose zu schluchzen beginnt.

Weil wir immer noch im Dunkeln nebeneinander sitzen und ich sie nicht richtig sehen kann, knipse ich die Nachttischlampe ein. Rose Gesicht ist kreideweiss und ihre Augen sind so rot, als ob sie sich schon die ganze Nacht die Augen ausgeweint hat. Hat sie geweint als ich gekommen bin?

Da ich mit weinenden Mädchen wie ein unbeholfener Elefant im Porzellanladen bin, schweige ich und nehme sie in die Arme. Sie drückt sich an mich und beginnt erst recht zu weinen.

«Hey, beruhige dich, alles wird gut», sage ich sanft und streiche mit meiner Hand ihren Rücken rauf und runter.

«Nein, nichts wird gut», flüstert Rose verzweifelt und löst sich wieder von mir.

«Wir haben uns getrennt, weil ich fortgehen muss, dann hat sich herausgestellt, dass ich bleiben werde. Anschliessend habe ich dir gesagt das ich eine Pause möchte, obwohl ich dich immer noch liebe und jetzt treffe ich mich mit Carlos und obwohl ich weiss, dass er ein guter Freund abgeben wird, fühlt es sich falsch an.»

Ich sehe sie wie erstarrt an. «Sag das nochmal», sage ich langsam.

«Was?», sie mustert mich mit tränendurchnässten Wimpern.

«Du liebst mich?»

Sie lächelt gequält. «Ich erzähle dir von meinem chaotischen Leben und das ist es, was bei dir hängen bleibt.»

«Ja, weil wir es uns noch nie gesagt haben.»

Ich kann selbst nicht fassen, was ich da gerade zusammenfasle. Schlimmer als in einer kitschigen Liebeskomödie.

Rose schnappt sich ein Taschentuch und putzt sich die Nase. «Der Zeitpunkt ist zwar sehr schlecht gewählt, aber ja, ich liebe dich Ryan Anderson. Sehr sogar. Und egal wie viel Mühe ich mir gebe über dich hinweg zukommen, ich schaffe es einfach nicht.»

Sie knetet nervös ihre Hände und blickt mir fest in die Augen. Wow. Ich lasse ihre Worte auf mich einwirken.

Rose liebt mich, nach alldem was passiert ist, bin ich derjenige in den sie verliebt ist und nicht Carlos. Das macht mich glücklich aber gleichzeitig auch schuldig Carlos gegenüber.

Sie blickt mich abwartend an. Ich glaube jetzt ist der Moment, wo ich an der Reihe bin etwas zu sagen. Nur was? «Wie wäre es einmal mit der Wahrheit, du Idiot», fluche ich innerlich über mein dämliches Verhalten.

Liebesfloskeln sind nicht so mein Ding aber das heisst nicht, dass ich mich nicht einmal daran versuchen kann.

«Rose, ich liebe dich auch.» War ja gar nicht so schwer.

«Nachdem ich mit dir Schluss gemacht habe, musste ich die ganze Zeit daran denken, einen Fehler gemacht zu haben. Ich gebe Fehler nur ungern zu, aber ich habe tatsächlich etwas gründlich falsch gemacht. Da ich mich dafür nie entschuldigt habe, tue ich es jetzt. Rose, es tut mir unendlich leid, was ich dir dabei angetan habe.

Es waren die schlimmsten Wochen meines Lebens. Ich möchte mir gar nicht ausmalen wie du dich dabei gefühlt haben musst. Ich kann es leider nicht mehr rückgängig machen, aber ich bereue es so sehr. Ich weiss du möchtest im Moment eine Pause und das respektiere ich. Ich möchte einfach, dass du weisst, dass ich warten werde und ich werde alles daran setzen, dass das mit uns zwei wieder funktioniert.»

Ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen. «Danke Ryan, das bedeutet mir viel.»

Sie nimmt meine Hand und drückt sie.

Ich sehe ihr fest in die Augen und umarme sie, nur um mich dann wieder schweren Herzens von ihr zu lösen. 

«Ich werde dich nun allein lassen. Schlaf gut.»

Ich stehe auf und möchte gerade wieder durch die Balkontür gehen, als sie leise sagt: «Bleib.»

Abrupt drehe ich mich um. Ich habe das Gefühl mich verhört zu haben.

«Was?», krächze ich.

«Ich möchte das du hierbleibst.» Ich nicke und gehe erneut auf sie zu.

Sie kuschelt sich unter ihre Decke und bedeutet mir zu ihr zu kommen. Langsam gehe ich auf sie zu und setze mich aufs Bett. Sie hebt die Decke an und ich lege mich zu ihr. Sofort kuschelt sie sich an mich. Ich schlinge einen Arm um sie und schalte das Licht aus.

Dann lege ich meine Hand auf ihren Bauch, während sie sich enger an mich schmiegt. Ich spüre ihre Wärme und lausche ihrem regelmässigen Atem. Ich schliesse meine Augen.

Meine innere Unruhe, welche ich schon seit geraumer Zeit in mir spüre, verfliegt so schnell, als wäre sie nie dagewesen.

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