Kapitel 24: Rose

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Wir feiern Ostern bei Susannas Mutter, die ich bis jetzt noch nicht kennengelernt habe, da sie in Miami wohnt.

«Das Taxi ist da, Rose», ruft Toby und ich drücke schnell den kleinen Koffer, welcher mir Susanna gegeben hat, zusammen.

«Ich komme.»

Dann hieve ich meinen Koffer die Treppe hinunter, wobei ihn mir Ryan auf der Hälfte der Treppe abnimmt.

«Danke.»

Das Verhältnis zwischen uns ist wieder so angespannt wie zu Beginn. Was dieses Mal aber an mir liegt, da ich ihm nicht in die Augen schauen kann.

Mir hat noch nie ein Typ gestanden, dass er eifersüchtig ist, weil ich mich mit einem anderen treffe. Und wenn ich ehrlich bin, überrascht es mich bei Ryan dermassen, da ich dachte er mag mich nicht einmal sonderlich.

«Hatte überhaupt alles Platz?», fragt er mich und grinst.

«Na klar. Was denkst du denn? Sind doch nur fünf Tage.»

Ich ringe mir ein Lächeln ab, doch es wirkt so gekünstelt, dass auch Ryan es bemerkt und sein Grinsen erstirbt.

«Auch wenn es dir schwerfällt, bitte versuch doch diese fünf Tage so zu tun, als ob du mich magst. Denn ich möchte nicht das Mom sich Sorgen um dich macht, wenn du die ganze Zeit dein Gesicht verziehst. Sieht übrigens auch weniger attraktiv aus, obwohl du auch dann immer noch heiss aussiehst.»

Mir bleibt der Mund offenstehen und beinahe hätte ich meinen Rucksack fallen gelassen. Das ist zu viel des Guten. Ryan Anderson hat mich gerade ohne mit der Wimper zu zucken als heiss bezeichnet.

Da er dieses Wort wahrscheinlich so oft verwendet wie ich «Guten Morgen» sage, krächze ich nur ein «Danke» und renne dann die restliche Treppe wie der Blitz hinunter und komme erst auf dem Kiesplatz vor dem Taxi wieder zum Stehen.

«Keine Sorge, wir fahren schon nicht ohne dich ab», sagt Toby lachend, da er denkt ich wäre wegen des Taxis so schnell hier rausgerannt. Ich grinse nur schief und schlüpfe neben Elijah und Harper auf die Rückbank.

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«Hast du deine Bordkarte griffbereit?», fragt Toby und ich nicke.

Vor mir piepst es und Harper darf passieren. Ich halte meine Karte ebenfalls hin.

«Wir wünschen Ihnen einen guten Flug, Miss», sagt die Flugbegleiterin und ich nicke ihr dankend zu.

«Was hast du für eine Sitznummer Rose?», fragt Harper und schielt auf meine Bordkarte.

«25b und du?»

«Oh nö. Ich bin 27a. Aber ich will neben dir sitzen.»

«Du kannst sicher mit Elijah oder so tauschen», schlage ich vor und sie nickt.

Wir besteigen das Flugzeug und suchen unsere Plätze. Wie der Zufall es möchte, sitze ich zwischen Josh und Ryan, während Harper und Elijah zwei Reihen hinter uns sitzen und Toby und Susanna sogar drei Reihen vor uns sind.

«Ryan tauschst du mit mir?», fragt Harper ihren Bruder, doch dieser schüttelt nur den Kopf.

«Kannst du vergessen, Schwesterherz. Ich möchte nicht neben dieser Nervensäge sitzen.»

«Alter, das habe ich gehört.» Elijah versucht seinem grossen Bruder eine Kopfnuss zu verpassen, doch dieser packt ihn am Handgelenk und zieht seinen Arm sanft weg.

Harper will protestieren, doch Josh beugt sich zu ihr hinunter und flüstert ihr etwas ins Ohr. Die Kleine grinst nur und sagt dann zuckersüss: «Schon gut, grosser Bruder, bleib bei deinem Platz. Und ausserdem teile ich mir sowieso das Zimmer mit Rose.»

Dann grinst sie Josh verschmitzt zu und hüpft zu ihrem Sitz. Ich wüsste nur zu gerne, was er ihr da vorhin gesagt hat.

«Rosie sitzt du bequem?»

Josh prüft meinen Gurt und tätschelt mir die Schulter. Ich verdrehe die Augen.

«Ja, ich bin schliesslich nicht die Prinzessin auf der Erbse.»

«Möchtest du was zu trinken?» Ryan sieht mich fragend an und seine blauen Augen erscheinen mir viel dunkler als sonst.

«Später vielleicht, aber danke.»

Ach, diese Anderson Zwillinge. Ein paar Mädchen in unserem Alter gehen an unseren Plätzen vorbei und jede, wirklich jede sabbert fast aus dem Mund, wenn sie die zwei erblicken und runzeln dann verwirrt die Stirn, wenn sie mich dazwischen bemerken.

«Die fragen sich bestimmt, wer von uns dein Freund ist», meint Josh grinsend.

«Oder sie denken ich habe gleich mit zwei was am Laufen», entgegne ich und ernte dabei einen missbilligenden Blick von Ryan.

«Ich teile nur ungern.»

Ryans Stimme ist vorwurfsvoll und ehe ich etwas erwidern kann, hat er sich seine Kopfhörer in die Ohren gesteckt und schliesst die Augen. Josh schüttelt nur den Kopf und blickt dann aus dem Fenster.

«Sieh mal, dort ist eine Wamos Air, die fliegt bestimmt nach Madrid.» Josh deutet auf ein grosses Flugzeug, in das die Passagiere gerade einsteigen.

«Kann gut sein», meine ich und beobachte das Geschehen.

Die restliche Zeit, bis unser Flugzeug endlich startet, verwickelt mich Josh in eine Diskussion über die Unterschiede zwischen Spanien und Amerika und was die Vor- und Nachteile sind.

Josh ist für mich der unkompliziertere der beiden Zwillinge. Er ist offen und man weiss genau, wo man bei ihm dran ist. Bei Ryan ist das anders. Ich weiss nie, ob er mich mag oder nicht. Ob ich in seinen Augen was Lustiges oder was Dummes gesagt habe und das verwirrt mich.

Und überhaupt, was sollte das mit dem teilen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dies eine Anspielung auf Carlos war, was irgendwie keinen Sinn ergibt, denn Ryan hat noch nicht einmal versucht etwas mit mir anzufangen. Oder etwa doch?

Nein. Bestimmt fege ich den Gedanken beiseite. Ich habe noch knapp drei Monate, also sollte ich sie geniessen und mir nicht den Kopf über einen Jungen zerbrechen, der mich nicht interessiert. Sobald wir in der Luft sind, schliesse ich die Augen und falle in einen traumlosen Schlaf.

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