Kapitel 2

3.2K 132 68
                                    


Als ich nach diesem Schultag nachhause komme, fühle ich mich erschöpft und einsam.

Den ganzen Tag lang habe ich mit niemandem gesprochen - abgesehen von Derek und das war kein schönes Zusammentreffen.

Müde fahre ich meinen Laptop hoch und schreibe meiner - wahrscheinlich einzigen - Freundin Tess.

Ich kenne Tess von einem Forum für Hobby-Autoren und bin jetzt "nebenberuflich" ihre Lektorin.

"Hey Tess", schreibe ich, "können wir reden?"

Ich warte ein paar Minuten, da ertönt auch schon ein Plopp-Ton und ihre Antwort erscheint.
"Natürlich! Ich rufe dich sofort an!"

Und wie versprochen klingelt kurz darauf mein Handy.

Was würde ich nur ohne dieses Mädchen machen?

"Hallo Tess", melde ich mich und muss lächeln.

Sie ist für mich da, egal was passiert.

"Was ist denn los, Süße", fragt sie und ich seufze.

"Oh nein", flüstert sie, "Was ist passiert?"

Und dann erzähle ich ihr alles von Dereks merkwürdigem Verhalten und meiner schrecklich Angst vor ihm.

"Ich... ich verstehe das nicht", sagt sie nachdenklich und ich nicke zustimmend, auch wenn sie es nicht sieht. "Noch letzte Woche hat er dir fast den Oberschenkel zertrümmert und jetzt das?"

"Er hat mir den Oberschenkel nicht zertrümmert", seufze ich. Er hat mich lediglich geschlagen und nun habe ich seit 8 Tagen einen faustgroßen blauen Fleck auf meinem Bein.

"Und trotzdem musst du jetzt lange Hosen tragen. Und das in der Hitze!", motzt sie und ich lache.

Ich trage sowieso nicht so gerne kurze Kleidung, denn dann lachen mich die Mädchen immer aus. Ich sei zu fett, sagen sie und deshalb verstecke ich mich lieber unter langen Hosen und weiten Pullis.

"Bei uns ist es gar nicht so warm", lache ich.

"Darum geht es doch gar nicht!", ruft sie, "Es geht darum, dass er wohl glaubt, dass du seine Gefährtin bist."

"Das ergibt keinen Sinn", sage ich und schmeiße mich auf mein Bett. Die vielen kleinen Kissen zwingen mich dazu mich seltsam verdreht hinzulegen. "Ich bin kein Werwolf, also kann ich auch keinen Gefährten haben. Und außerdem wäre er sich dann sicher, also wenn ich es wäre. Das würde er mir sagen!"

"Sag sowas nicht! Du bist ein Werwolf! Schließlich kannst du unsere Emotionen sehen und das können Menschen nicht!", beteuert Tess und ich verdrehen die Augen.

Tess ist der einzige Werwolf, der mich nicht als minderwertig betrachtet und deshalb bin ich ihr sehr dankbar, aber ich bin nun mal kein Wolf und das ist ein Fakt. Es verletzt mich, dass ich noch nie irgendwo dazugehört habe.

"Ich wünschte, ich könnte diese Emotionen nicht sehen", sage ich müde.



Danach reden wir noch über unser generelles Leben, die Schule und über Tess ersten Ball.
Sie ist jetzt 18 und da sie ihren Gefährten so schnell wie möglich treffen will, besucht sie jedes Verkupplungs-Treffen für Werwölfe.

Ich wünschte ich könnte sie begleiten, doch dafür wohnen wir zu weit auseinander.
Ich wünsche ihr Glück, dann legen wir auf.



Am nächsten Morgen entscheide ich mich dafür, meine neu entdeckten Unsichtbarkeit auszunutzen.

Zum ersten Mal seit drei Jahren ziehe ich mir einen Rock an, der mir bis zu den Knien reicht und sanft fällt. Dazu trage ich ein schlichtes weißes T-Shirt und meine typische Kette.

Notorious Mate [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt