Kapitel 5

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„Blau oder rot?", fragt Tess und ich schrecke plötzlich hoch.

Ganz in Gedanken versunken habe ich gar nicht gemerkt, dass sie auf mich eingeredet hat.

„Rot", antworte ich ohne zu wissen worum es geht.

„Meinst du wirklich? Ist das nicht etwas gewagt?", fragt sie jetzt.

„Nein, nein, das passt schon"

Nickend geht sie ins Badezimmer. Vermutlich macht sie sich für ihr Date fertig.

„Wer ist der Typ überhaupt?", rufe ich ihr durch die Badezimmertür zu.

Seitdem ich sie kenne sucht sie nach ihrem Gefährten und seit neustem versucht sie es über eine seltsame Werwolf-Dating-Seite. Andauernd geht sie auf Blind-Dates und macht sich selbst verrückt, weil sie ihn noch nicht gefunden hat.

„Sein Name ist Nick", antwortet sie, „Er ist vor einem Jahr hergezogen und ist der Beta seines Rudels!"

Ich seufze. Mal wieder typisch von ihr, dass sie eigentlich gar nichts von ihm weiß.

„Du könntest dir doch auch mal ein Profil machen!", sagt sie dann und kommt aus dem Badezimmer.

Ihr kurzes rotes Cocktailkleid zusammen mit den gelockten braunen Haaren und ihren stark geschminkten Augen lassen sie aussehen wie ein Model.

Ich seufze.

„Vergiss es!", erwidere ich dann heftig. Ich habe ihr noch nichts von der Markierung erzählt und werde es so lange wie möglich verschweigen.

Sie wird es mir zwar nicht verzeihen, dass ich es ihr nicht sofort gesagt habe, aber genauso wenig wird sie mir verzeihen, dass ich meinen 'Gefährten' vor ihr gefunden habe.

Plötzlich beginnt sie zu kichern. „Richtig, du gehst ja mit Jace aus."

„Was?", frage ich lachend, „Ich gehe nicht mit Jace aus!"

„Und wie du das machst! Ihr seid jede Woche Essen oder im Kino oder in dieser bescheuerten Fragen-Bar!", erwidert sie.

„Ja, wir sind dort als Freunde", erwidere ich und betone das Wort.

„Wieso gibt er dir dann immer alles aus?", sagt sie.

Das ist mir bisher gar nicht aufgefallen.

„Macht er das denn?"

„Wann hast du denn das letzte Mal Geld mit aus dem Haus genommen?", gibt sie zurück und lacht.

Sie schlüpft in ein Paar schwarze High Heels und plötzlich ist sie so groß wie ich.

„Ich-", setze ich an, aber dann verstumme ich. Sie hat Recht. Ich nehme nie Geld mit wenn ich mit Jace unterwegs bin, aber ich habe unsere Treffen nie als Date verstanden.

„Es sind keine Dates!", sage ich nochmal und Tess lacht.

Um Punkt 8 klopft es an der Tür.

Gemütlich öffne ich sie und finde einen grinsenden Jace am Türrahmen lehnen.

Er trägt eine schlichte Jeans und ein grünes Shirt, das wunderbar seine Augen betont.

„So willst du weg?", fragt er mich und zieht die Augenbrauen hoch.

„Gib mir 5 Minuten", erwidere ich und verdrehe die Augen, „Du machst immer so viel Stress."

„Und du machst dir viel zu wenig Stress", sagt er und schließt die Tür hinter sich.

Lachend gehe ich in mein Zimmer und ziehe meine Jogginghose aus um in meine Jeans zu schlüpfen.

„Ich hab's ja gleich!", rufe ich kichernd.

„Bloß keine Eile!", ruft er genervt zurück, was mich noch mehr lachen lässt.

Schnell suche ich mir noch ein Shirt und ziehe mich vollständig um.

„Bin doch schon fertig", sage ich lächelnd als ich in meine Turnschuhe steige und höre Jace genervt ausatmen.

Und dann gehen wir auch schon los.

Die Quizbar ist so voll wie immer und Jace und ich bekommen gerade so noch Plätze.

Er ist zwar immer noch ein bisschen sauer, weil ich mal wieder nicht fertig gewesen bin, doch mit meiner Leistung beim Quiz kann ich ihn überzeugen.

Jace und ich sind ein fast unschlagbares Team, denn während er über ein umfassendes Allgemeinwissen verfügt und alles über Geschichte weiß, besitze ich ein sehr spezifisches Wissen, welches vor allem aus unnützen Fakts besteht.

Am Ende haben wir nur eine Antwort weniger richtig als die Sieger und bekommen einen gratis Cocktail.

Wie immer ist es ein fantastischer Abend mit Jace. Einfach, schlicht, ungezwungen.

Ich vertraue nicht vielen Menschen, aber ich würde mein Leben jederzeit in Jace' Hände legen.


Am nächsten Morgen wache ich von einem starken Schmerz in meiner Schulter auf.

„Was zur Hölle?", murmle ich und fasse an die pulsierende Stelle mit der Prägung.

Sie ist glühend heiß.

„Was soll das schon wieder?!", motze ich und renne ins Badezimmer.

Schnell ziehe ich mein Shirt aus und sehe mir die Prägung im Spiegel an.

Sie glüht rot!

Langsam färbt sich das ansonsten schwarze Tribal rot. Als das Glühen das erste Viertel des äußeren Kreises erreicht hat flammt es kurz auf, dann wird die Prägung wieder schwarz.

Wieso kann das Alles nicht einfach aufhören?

Genervt ziehe ich mein Shirt wieder an und tapse in die Küche.

Unsere Küche besteht eigentlich nur aus einem Herd und einem Kühlschrank. Die Küchenutensilien und das Küchengeschirr stapeln sich mehr oder weniger sauber bei der Spüle.

Müde ziehe ich eine saubere Pfanne aus dem Stapel und beginne Frühstück zu kochen.

An Schlaf ist sowieso nicht mehr zu denken.

„Du bist schon auf?", fragt Tess hinter mir verwirrt.

Mit einem übertriebenen Lächeln drehe ich mich zu ihr um und sehe gerade noch wie sie ausgiebig gähnt.

Ihre Haare sind komplett verwüstet und sie trägt ein übergroßes Jungs-Shirt.

Langsam ziehe ich meine Augenbrauen hoch und grinse.

Dann sehe ich die kleinen Knutschflecke auf ihrem Hals und muss ein Lachen unterdrücken.

„Er war es also?", frage ich und zwinkere.

„Wer war was?", fragt sie zurück und gähnt schon wieder.

„Dein Blind-Date", sage ich langsam um ihr müdes Hirn nicht zu überfordern, „Dein Gefährte."

„Achso", antwortet sie, „Nein, er war's nicht."

Ich brumme nur zur Antwort.

Wir essen gemeinsam, doch wir reden nicht viel.

„Ich brauche einen Kaffee!", verkündet Tess dann und ich kann ihr nur zustimmen.

Unsere Kaffee-Maschine ist seit etwa zwei Wochen kaputt und uns beiden ohne Koffein will man wirklich nicht begegnen.


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Wie denkt ihr geht es weiter? ;)

Notorious Mate [Pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt