Chapter 51

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Ich warf den Strauß auf die Matratze, lief hinunter zum Kamin und suchte mein Handy zwischen all den Decken und Kissen, die von heute morgen noch auf dem Boden lagen. Ich fand es und ohne nachzudenken wählten meine Finger Harrys Nummer. Ich war wütend. Er verwirrte mich und machte die ganze Situation noch schwerer als sie bereits war. Wieso verschwand er einfach so und ließ mich mit all den Problemen zurück?

Als ich das erste Piepsen hörte, setzte ich mich auf das Sofa. Nach dem cirka zehnten Ton legte ich auf. Wieso ignorierte er mich? Wieso tat er mir das an? Dachte er, dass die Rosen für eine Wiedergutmachung reichte?

Ich lief in das Esszimmer, als ich mich etwas beruhigt hatte. Als mein Hausmädchen den Raum verlassen wollte, fragte ich unwillkürlich: "Did you see Harry this morning?"

Sie schien im ersten Moment verwirrt zu sein, da es so plötzlich kam. "Yea, he was knocking the door this morning. I let him in and then he left like...right after five minutes."

"Did he say something?" Ich ließ mich auf einen Sessel nieder.

"No... He was kinda stressed out I guess."

"When exactly did he leave?"

"Um... I think it was about eight o'clock."

Ich sah auf die Uhr - es waren bereits zwei Stunden vergangen. "Oh. Okay, thank you." Ich lächelte falsch, ich wollte nicht, dass sie etwas ahnte. Dann begann ich zu essen. Hinunter brachte ich jedoch nicht viel. Meine Gedanken waren und blieben bei Harry. Ich verstand ihn einfach nicht mehr. Ich wusste nicht, was in ihn gefahren war.

Ich beschloss Liam zu schreiben.

Hey Liam... Harry was here this morning. He was drunk. I don't know what to do tbh. But yea.. thank you so much for the talk last night. Hope I didn't bother. x

Details veriet ich ihm nicht. Dass Harry hier geschlafen und dass er mich hier mit einem Rosenstrauß allein gelassen hatte, musste Liam nicht wissen.

Nach dem Frühstück packte ich meine Koffer und schrieb Anne, meiner besten Freundin, dass ich heute noch nach Australien flog.

What?, war ihre Antwort wie erwartet. Ich beschloss es mit ihr am Telefon zu klären. Ich sagte ihr, dass ich weg von hier und  ich einen klaren Kopf kriegen müsse. Ich erwähnte auch, dass ich nach Weihnachten wieder hier sein würde und dass ich bei ihr, bevor ich zum Flughafen fuhr, noch vorbeischauen würde. Dann gab ich Jacob, Ashton, meinem Managaer Isaac und Shelly, meinem Hausmädchen, Bescheid, die genau wie Anne reagierten. Ich erklärte ihnen alles so schnell und kurz wie möglich. Ich sagte Ashton und Jacob auch noch, dass sie in einer Stunde bei Anne sein sollten.

Nach einer schnellen Dusche zog ich einen schwarzen OnePiece mit weinroten Boots an und machte einen Pferdeschwanz aus meinem Haar.

Zusammen mit dem Blumenstrauß, zwei Koffer, einer großen Reisetasche von Louis Vuitton und zwei Leinen in der Hand ging ich in das Untergeschoß. Das Herabsteigen der Stufen war ziemlich schwer mit so viel Gepäck in den Händen. Ich hatte das Gefühl, ich würde gleich hinunterfallen, doch ich kam heil an. Ich band meinen Hunden die Leinen um den Hals, schmiss die Rosen voller Hass und Trauer in die Mülltonne und verließ das Haus. Während Slinky und Alaska in meinen Range Rover hüpften, verstaute ich mein Gepäck im Kofferraum und verabschiedete mich von Shelly.

Es kam mir so vor, als würde ich diesen Ort für immer verlassen. Es war wie das letzte Auf-Wiedersehen. Bevor meine Augen überhaupt aus irgendeinem unerklärbaren Grund glasrig werden konnten, stieg ich ein und fuhr nach dem letzten Zurücksehen weg. Im Radio liefen zu meinem Glück nur traurige Lieder. Ich beschloss ihn abzuschalten und ohne Musik weiterzufahren, was für mich sehr untypisch war. Ich summte vor mich hin, da mir die Musik abging und ich einen "Ersatz" für sie brauchte. Als mein Handy kurz vibrierte, verspürte ich den Drang auf den Bildschirm zu sehen. Doch ich starrte stur auf die Straße. Ein kleiner Funken Hoffnung in mir sagte, dass es Harry sein könnte. Ich ignorierte die Nachricht bis mein Wagen zum Stillstand kam und ich auf den Füßen stand.

Sofort nahm ich das Handy zur Hand und öffnete die Nachricht. Und wieder einmal wurde ich enttäuscht. Ich hätte es wissen müssen. Die Nachricht war nicht von Harry, sondern von Liam. Wie konnte ich nur so naiv sein und glauben, dass Harry mir schreiben würde? Es war mehr als offensichtlich, dass er sich nie wieder bei mir melden würde. Wieso erwartete ich auch noch so viel? Dieses Hoffen und Warten brachte mich um. Es war aus, Ende. Ich musste versuchen loszulassen.

I'm so sorry what happened, Emily... If there's anything I can do for you just tell me, okay? I'll try to talk to him asap, promise. Xx las ich, als ich mit Slinky und Alaska vor Annes Haustür wartete. Ich fand es äußerst höflich und nett von den Jungs, nicht nur von Liam, dass sie den Kontakt zu mir nicht einfach abbrachen, nur weil Harry und ich eine Kontroverse hatten. Ehe die Tür von Ashton geöffnet wurde, schob ich mein Handy in die Tasche und wurde sofort in eine feste Umarmung gezogen.

"How are you?", fragte er mich sofort und ließ mich dann los. Ich betrat das Haus mit den Achsen zuckend und gefolgt von meinen Huskies.

"I don't know...", sagte ich leise.

Er sah mich bemitleidend an, legte seine Hand auf meinen Rücken und führte mich dann ins Wohnzimmer, wo Anne und Jacob mich ebenfalls mit einer Umarmung empfingen. Als sie mich fragten, was los sei, erzählte ich ihnen alles vom betrunkenen Harry in meinem Garten bis zu den Rosen auf meinem Bett. Natürlich konnte ich meine Tränen und das unendliche Schluchzen, das aus meiner Kehle kam, nicht unterdrücken.

"So... Australia is the next stop...", stellte meine Freundin fest.

Ich nickte langsam. "I'll be back after I spent Christmas with my family."

Alle blieben ruhig. Sie schienen nachzudenken. Es machte mich nervös.

"Why?", fragte Jacob plötzlich, völlig in Gedanken versunken.

"What?" Ich wischte die vergossenen Tränen weg und sah auf.

"I mean... Why do things like that always happen to those who don't deserve it?"

Einen Moment lang hielt ich inne. Je länger ich über diese Frage nachdachte, desto mehr beschäftigte sie mich.  "I... I fell into a hole called 'love' and I keep digging it even though I should stop. I know it's my fault. I mean... I could stop digging but I don't want to and also, I can't. I just love him too much." Die Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen. "I don't know what to do to be honest. I'm such a mess. I've been hurt so bad and I still love so hard. I admire my heart for that."

"It must be so hard for you. We're here for you, honey.", Anne legte ihre Hand auf meinen Rücken und streichelte ihn sanft.

"I think the hardest part of losing him isn't having to say goodbye but rather learning to live without him. Always try to fill the void, the emptiness that's left inside my heart when he goes.", sagte ich leise, eher zu mir, als zu den anderen.

"Don't overthink. You'll be fine soon, I promise." Jacobs Worte beruhigten mich etwas. Vielleicht war es gerade jetzt nur so schmerzhaft, weil die Wunde noch so frisch und so tief war.

"Thank you so much, I really appreciate it, guys." Ich stand auf und ließ meine Schultern hängen. "I gotta go now. I'll miss you so much." Nachdem ich alle nach der Reihe umarmt hatte, begleiteten sie mich zur Tür. "Okay, then...", fing ich an. Ich wusste echt nicht, wie ich mich verabschieden sollte. In letzter Zeit fehlten mir einfach die Worte.

"No, wait.", fing Anne an. "We've got something for you."

"What?" Ich zog meine Brauen zusammen.

"Just turn around.", lächelte Ashton sanft und ich tat was er sagte. Ich spürte, wie ein dünnes Kettchen um meinen Hals gelegt wurde.

Dann drehte ich mich wieder zu ihnen. "Oh my god, no.", flüsterte ich erstaunt, als ich die wunderschöne Kette sah. "It's so beautiful, I... I can't accept it."

"Yes, you can.", grinste Jacob.

"Thank you so much for everything, guys. I love you." Ich umarmte alle noch einmal überwältigt. Der Abschied fiel mir echt schwer. Nachdem sie noch sagten, dass ich auf mich aufpassen sollte, setzte ich mich erschöpft ins Auto. Das Schmuckstück fiel mir sofort ins Auge, als ich in den Rückspiegel zu meinen Hunden sehen wollte. Es war silber und der Anhänger war ein Herzchen, in dem ein kleines 'E' für Emily eingraviert wurde.

Ich konnte mir keine besseren Freunde wie sie vorstellen. Ich war dankbar für ihre Existenz. Ich war dankbar dafür, dass sie in diesen schweren Zeiten bei mir waren.

"Beste Freunde" [ hs.ff ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt