Chapter 41

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"Harry-", fing ich an, doch im gleichen Moment, sprach er mir ins Wort. Manchmal fragte ich mich wirklich, ob er Gedanken lesen konnte.

"I don't want you to leave." Seine Stimme klang zerbrechlich, noch nie hatte ich sie so gehört.

"But I have to." Meine Stimme wurde ebenfalls leiser, wohl wissend, dass dies die Stimmung kein bisschen verbessern würde.

Keiner von uns beiden sagte jetzt etwas. Wir lagen einfach im Bett eng zusammen und hörten das Herz des anderen schlagen.

"What are you most afraid of?", fragte ich nun aus reiner Neugierde. Meine Stimme hatte aber immer noch den gleichen Tonfall wie vorher, ich wollte nicht allzu neugierig klingen.

"Losing you."

Ich zog die Augenbrauen zusammen und verspürte einen Stich im Herz. Diese Worte bereiteten mir eine Gänsehaut. Ich würde Harry auch nicht verlieren wollen. Nein, das wäre der größte Verlust.

Ich drehte mich auf meinen Bauch und musterte ihn, während er seine Hand auf meine Wange platzierte. Er fuhr mit seinem Daumen über meine Backe, auf und ab. Es beruhigte mich etwas und zeigte mir, dass ich nicht alleine leiden musste. Harry war bei mir. Und das würde er auch immer sein. Ich wusste es.

"I will never leave you, okay?" Ich griff auf seine Hand, nahm sie von meinem Gesicht und legte sie in meine.

"One day you will."

Und dieser Satz brach mir das Herz. Zu wissen, dass Harry glaubte, dass ich ihn je verlassen würde, raubte mir die Worte, die ich jetzt sagen hätte sollen.

"I-" Ich schluckte schwer. Verdammt, wieso brachte ich keinen normalen Satz aus mir? Es war so, als würde mein Herz mir befehlen, ihn nicht anzulügen. Aber es war doch nicht gelogen...oder?

"You don't have to say anything. I will stay. As long as you want me I will be with you. Promise."

Ich schämte mich für die fehlenden Worte, die ihm versichern sollten, dass ich ohne ihn nicht konnte. Ich atmete tief ein und versuchte mich zusammenzureißen. Immer wieder versank ich in Gedanken. Genau wie jetzt. Und dann kam ich nicht mehr zu Wort.

"I love you" war alles, was ich jetzt sagen konnte. Jedoch plagten mich die Gewissensbisse noch immer. Ich hätte ihm noch klar und deutlich sagen sollen, dass ich ihn niemals verlassen würde. Ich hätte ihm das so lange vortragen sollen, bis er es verstand.

"I love you, too." Harry's Mundwinkel zogen sich leicht zu einem wunderschönen, jedoch unsicheren Lächeln, wobei seine süßen Grübchen, die ich an ihm so sehr bewunderte, zu Vorschein kamen.

Ich hoffte nur noch, er war nicht verletzt, da ich nicht länger versuchte ihm beizubringen, dass ich für immer bei ihm bleiben würde. Das schlechte Gewissen ließ mir einfach keine Ruhe. Am liebsten würde ich es ihm jetzt erklären, doch irgendetwas hielt mich davon ab.

Ich drehte mich wieder und ließ mich mit dem Rücken in die Matratze fallen. Ich kuschelte mich wieder an Harry und versuchte einfach alles für einen Moment zu vergessen.

Endlich zur Ruhe gekommen fiel ich in Harrys Armen in einen tiefen Schlaf.

***

Mein ach-so-toller Wecker, den ich jeden Morgen mental verfluchte und einfach gegen die Wand schleudern könnte, läutete und riss mich aus dem Schwarzen in die Realität. Ich rieb mir die Schlafkörnchen aus den Augen und blinzelte leicht. 

Ein gebogenes Scheibchen Morgensonne, grell wie eine Orangenschale, schob sich über den Horizont. Ich kniff die Augen zusammen, als mich ein heller Sonnenstrahl blendete. Ich hielt die Hand vors Gesicht, um mich vor dem Hellen, das morgens in den Pupillen besonders brannte, zu schützen.

Was war das denn für eine Nacht? Ich konnte mich an keiner meiner Träume erinnern, jedoch hatte ich ein komisches Gefühl im Magen. Ich bildete mir ein, mitten in der Nacht aufgewacht zu sein. Aber das hieß doch nichts, oder? Ich konnte mich kaum daran erinnern; vielleicht war das ja nur ein Traum gewesen. Außerdem war ich sehr müde, da kann man Einbildungen nicht ausschließen.

Neben mir befand sich ein vertrauter Körper. Ich sah zu ihm und ich fühlte mich sofort wohler. Wie sehr ich es vermissen werde, in den Armen der Person, die ich von ganzem Herzen liebte, aufzuwachen...

Ich streichelte federleicht über Harrys Backe und küsste sie. Er sah so friedlich aus, seine Augen waren geschlossen und ein sanftes Lächeln umspielte seine herzförmigen Lippen. Ich ließ meine Fingerspitze über sie gleiten. Seine Augenlider zuckten bevor er seine Augen schließlich öffnete. Durch seine ziemlich langen Wimpern guckte er zu mir, ihn blendete das Licht wahrscheinlich genauso wie mich.

"Good morning, sunshine.", flüsterte er. Wie ich seine typische Morgenstimme liebte. Sie war so rau und so sexy, leise und einfach verführerisch. Seine Mundwinkel zogen sich gleichzeitig mit meinen nach oben.

"Morning." Ich lächelte und legte meine Lippen auf seine.

Harry schlug die Decke, die unsere Körper verdeckte, nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, zur Seite und gähnte laut. Er setzte sich auf, fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und ich konnte nicht anders, als seine Rückenmuskel, die bei jeder Bewegung hervortraten, zu betrachten.

"What time is it?" Er sah über seine Schultern zu mir und wartete auf eine Antwort.

"6 o'clock."

Erneut gähnte er, stand auf und ich merkte, dass er nackt war. Sein knackiger Hintern brachte mich zum Schmunzeln. Ich kicherte leise wie ein kleines Kind und drückte meinen Kopf in das Kissen, um nicht noch lauter und gehört zu werden.

"What?", lachte Harry und ich sah zu ihm.

"Nothing, I just... I don't know." Ich sah zu ihm hinauf.

"You like my bum, don't you?" Er zog sich frische Calvin Klein Boxershorts, die er von der Schublade geholt hatte, an und grinste breit.

"Sure." Ich zuckte mit den Schultern, setzte mich auf und wollte mich gerade aus den Bettlaken befreien, als ich merkte, dass ich auch noch nackt war, also hielt ich die Decke fest an meine Brust und blieb sitzen.

"I've seen you naked before, babe. But don't worry, I won't look if you don't want to.", lachte er und hatte schon schwarze Jeans, die an den Knien zerrissen waren, an. Ich errötete und schüttelte meinen Kopf.

"No, it's okay." Ich schmiss die Decke auf das Bett und stand auf. Ich versuchte gelassen zu wirken und ließ mir nicht anmerken, dass das, obwohl er mich schon mehrere Male nackig gesehen hatte, für mich etwas unangenehm war.

"I'll miss this so much.", raunte Harry mir ins Ohr und schmiegte seinen Körper von hinten an meinen. Bei seinen Worten bekam ich Gänsehaut. Er schlang seine Arme um meine Taille und vergrub sein Gesicht in meinen Nacken. Er küsste und leckte diese Stelle zärtlich und ich schloss automatisch die Augen.

"Harry-", hauchte ich und versuchte nicht wieder in die Traumwelt zu driften. "We have to-" Er drehte uns, legte seine Lippen auf meine und brachte mich zum Schweigen. Ich ließ von ihm ab, schnappte tief Luft und spürte seine Lippen auf meinem Hals. "We have to leave in an hour, Harry."

"So what?" Er leckte und biss nun. "I'll need 10 minutes."  Bevor ich in seinen Händen wieder wie Butter schmelzen konnte, drückte ich ihn etwas von mir. Ich wollte es ja genauso wie er, aber es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt.

Harry sah zu mir. In seinen Augen spiegelte sich die Trauer.

"Okay", sagte er leise, zog seine Lippen in den Mund und verschwand binnen Sekunden im Badezimmer.

"Beste Freunde" [ hs.ff ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt