Abkühlphase
Nachdem ich mich nach der Frühstückspause auf meinen Stuhl fallen ließ, und anfing meiner Geschichtslehrerin zu lauschen, betraten auch schon zwei große Gestalten den Raum.
Die Anspannung war wieder da!
Ich saß sofort aufrecht auf meinem Stuhl.
Mrs. Hellybell guckte nicht schlecht, als sie sah, dass Paul und Jared in der Tür standen.
Grinsend.
Und Jared hatte andere Sachen an als vorher, oder?
„Schön das uns die Herren auch mal wieder beehren. Wenn sie sich jetzt freundlicherweise schnell und still setzen würden?", forderte sie die beiden auf.
Immer noch grinsend und betont lässig, schlenderten die beiden zu ihren Stühlen.
Jared sah Grinsend auf mich hinab, und ließ sich dann in den Stuhl neben mich fallen. In diesem Fach saß er gar nicht neben mir!
Warum setzte er sich denn freiwillig neben mich?! Oder vielleicht wusste er doch nicht in welchen Fächern er neben mir saß und dachte es wäre Geschichte.
Enttäuschend.
Der Junge der eigentlich neben mir saß, kam ebenfalls zu spät, blickte irritiert auf seinen Platz, begegnete Jareds Blick und setzte sich schnell in die letzte Reihe.
Ich versuchte mich, so gut es ging, dem Unterricht zu widmen. Bei dem Gemurmel, welches die anderen veranstalteten, war das gar nicht so leicht.
Hinter meinem Haarvorhang erkannte ich, das Jared mich mit einem leichten Lächeln musterte. Schnell guckte ich wieder zur Tafel.
Nach dem Pausenklingeln packte ich schnell meine Sachen ein, und ging in Richtung Cafeteria. Indem großen, weißen Raum, voller Tisch und Stühle aus hellem Holz angekommen, starrten mich alle Leute aus einem mir völlig unbegreiflichen Grund an. Anstatt mal einen klugen Blick in meine Umgebung zu werfen, ging ich mit gesenktem Blick zur Essensausgabe. Die Augen folgten mir.
An der Ausgabe, die aus einer langen, weißen Theke bestand, hinter deren Glasscheibe die verschiedenen Menüs von den Cafeteriafrauen ausgeteilet wurden, angelangt war, holte ich mir einen Apfel, ein Croissant und ein Glas Wasser. Ich hatte keinen großen Appetit, doch ich wollte nicht das jetzt irgendwer anfing zu denken ich wäre Magersüchtig oder so. Nun ging mein Weg weiter zum üblichen Tisch, der, wie immer leer war. Ich stellte mein Tablett auf der Tischplatte ab. Wie durch Magie verschwanden die Blicke der anderen. Ich hörte meinen Stuhl über den gelben Linoleumboden schaben und fiel in die Lehne zurück. Kurz danach hörte ich noch einen zweiten Stuhl und einen dritten. Ich wandte meinen Blick zur Seite, und sah in die wunderschönen Augen von Jared Cameron. Hinter diesem erblickte ich das süffisante Grinsen von Paul Lahote.
Ich musste verdammt bescheuert aussehen, da auch Jared anfing zu lächeln. Und ab da drohte mein Verstand auszusetzen. Deshalb senkte ich schnell meine Augen auf mein Tablett.
„Ist es okay für dich, wenn wir hier bei dir sitzen?", fragte mich Jared.Ähm... JAAAAAA!!!!
Ich nickte.
Paul gluckste. Daraufhin sah Jared ihn verärgert an. Ich saß ganz still und angespannt auf meinem Stuhl, und versuchte meine Atmung unter Kontrolle zu kriegen. Wieso sah er mich die ganze Zeit an?! Das machte mich total nervös und ich fing an, an meiner Unterlippe zu kauen. Das tat ich immer wenn er mich ansah oder ich nervös war, was in diesem Fall auf's gleiche hinauskam.Auf sein Gesicht schlich sich ein Lächeln, welches ich nicht zuordnen konnte.
„Was hast du als nächstes?", erklang seine wundervolle Stimme an meine Ohren. Die plötzliche Nähe überraschte mich, und ich wäre fast vom Stuhl gefallen, wenn Jared mich nicht am Arm hochgezogen hätte. Seine Hände waren groß, und passten locker um meinem Oberarm. Er behielt seine Hand noch kurz dort, bis er und ich die Blicke der anderen bemerkten, und er den Griff löste.
An der Stelle wo grade noch seine Finger waren, brannte meine Haut vor Aufregung.
Paul lachte sich hinten am Tisch einen ab, während Jared sich locker wieder nach hinten in seinen Stuhl fallen ließ und ich vor Schamesröte fast mit einer Tomate hätte konkurrieren können. Das klingeln erlöste mich aus dieser peinlichen Situation. Ich sprang so schnell wie möglich von meinem Stuhl auf, um weiteren Situationen wie dieser zu entgehen. Am Spind angelangt merkte ich, dass ich zu langsam war, denn Jared stand schon mit seinen Sachen für das nächste Fach, nämlich Biologie, hinter meiner Spindtür, als ich diese wieder nach Entnahme meiner Sachen schloss.
Paul verabschiedete sich von Jared.
„Wir sehen uns nach der Schule, klar? Oder hast du noch ne' Verabredung?" Beim letzten wackelte er mit seinen dunklen Augenbrauen und feixte mit den Augen zu mir rüber.
„Wir sehen uns nach der Schule, und jetzt verzieh dich", gab Jared an ihn zurück.
„Nicht so zickig Cameron. Was nicht ist kann ja noch werden! Also halte dir immer alle Eventualitäten frei!" Als er das sagte, schaute er einem vorbeigehendem Mädchen auf den Arsch, die ihn daraufhin schnippisch und missbilligend ansah.
„Danke für den Nachhilfeunterricht in ‚Wie tue ich als könnte ich jede herumkriegen'. Wirklich lehrreich. Du bist das perfekte Negativbeispiel Lahote!" Während Jared das sagte, machte ich mich unauffällig zur nächsten Stunde auf den Weg, und bekam nur noch wenig von der Zankerei der beiden mit.
„Ach halt die Klappe du Idiot! Wenigstens kann ich mich noch ausprobieren!"
Was Jared darauf erwiderte bekam ich nicht mehr mit. Die Gänge leerten sich langsam, und ich war fast an der Tür des Biologieraums angekommen, als mich eine große, warme Hand an der Schulter berührte. Ich schrie leicht auf. Jareds Grinsen, das er sich verzweifelt versuchte aus dem Gesicht zu wischen, ließ mich wieder einmal erröten.
„Du bist ganz schön schreckhaft, oder?", stellte er fest. Als er sah, dass ich mich der Tür des Bioraums zuwandte fragte er mich:
„Hast du jetzt auch Biologie?" Ich blickte beschämt zu Boden. dabei wusste ich nicht mal genau warum!
„Ich bin so ein Idiot!", beschimpfte er mehr sich selbst, als das es an mich ging. Ich sah ihn fragend an, woraufhin er mich durchdringend fixierte.
„Ich habe so viele Fächer mit dir! Und ich habe mich nie mit dir unterhalten oder etwas dergleichen! Es tut mir so leid Kim. Manchmal bin ich echt einfach..." Er ließ den Satz in der Luft hängen. Irgendwie klang er traurig und wütend als er das sagte, doch warum? Ich meine, ich war es gewohnt gewesen!
Er ging an mir vorbei in den Klassenraum. Ich folgte ihm leise.
Als er bemerkte das wir sogar Laborpartner waren, sanken seine Mundwinkel vollends nach unten. Da braucht er sich wirklich keine Vorwürfe zu machen, denn bis jetzt behandelten wir in Biologie nur theoretische Dinge.
Unser Lehrer Mr. Shinstine kam herein. Er begann mit seinem langweiligem Unterricht, und ich folgte. Es gelang mir sogar ziemlich gut, Jared die meiste Zeit nicht zu beachten. Ihm ging es da aber anscheinend anders, denn plötzlich wandte Mr. Shinstine sich von der Tafel ab, und sagte zu Jared in einem strengem Ton:
„Mr. Cameron! Sie haben in diesem Unterricht bereits mehr als oft genug gefehlt. Könnten Sie ihren Blick jetzt bitte endlich an die Tafel anstatt auf das Gesicht von Ms. Connweller heften?" Jared sah sofort nach vorne, die halbe Klasse gackerte, und ich wollte vom Erdboden verschluckt werden!
„Aber natürlich!", gab Jared dem Lehrer zurück.
Die Stunde wurde beendet, und Mr. Shinstine bat Jared und mich, noch kurz zu bleiben. Wir liefen beide etwas verwirrt nach vorne, während sich der Klassenraum leerte.
„Da Mr. Cameron ja sehr lange Zeit krank war, und sie Mrs. Connweller sehr gut in meinem Fach sind, würde ich Sie bitten Ihrem Klassenkameraden zu helfen den versäumten Unterrichtstoff so schnell wie möglich nachzuholen."
Das was er grade gesagt hatte, klang mehr nach einer Aufforderung, als nach einer Bitte oder einfachen Frage. Ich hatte nicht das Gefühl, als ob ich hätte nein sagen können. Aber ich wollte es nicht! Ich wechselte einen schnellen Blick mit Jared. Dieser schien ganz gelassen, und sah mich wieder einfach nur an. Sein Blick zog mich diesmal in einen Bann, dem ich nicht entgehen konnte. Und als mich Mr. Shinstine dann ernsthaft fragte, ob ich ihm helfen würde mit Jared... Völlig benebelt und unfähig richtig zu sprechen, machte ich nur:
„Mhm." Und damit besiegelte ich mein Todesurteil!
Mr. Shinstine entließ mich und Jared, und ich ging eiligst zum nächsten und zum Glück auch letztem Unterricht für diesen Tag. Ich mochte Mittwoch, weil ich dort viele Stunden zusammen mit Jared hatte. Er lief, wie für diesen Tag üblich neben mir, und wollte mich grade etwas fragen, als ich die Tür zum Klassenzimmer öffnete, und uns unsere Französischlehrerin tadelnd ansah. Sofort begann wieder diesen unangenehme tuscheln zwischen den Stuhlreihen. Ich setze mich, und Jared neben mich.
So gut es mir möglich war, blendete ich den Jungen neben mir aus. Ich mochte Französisch. Nicht nur das ich gut darin war, es machte mir einfach Spaß. So wie die meisten Sprachen. Wahrscheinlich hielten mich deswegen viele für eine Streberin. Aber ich lernte nicht viel. Nur so viel wie nötig war. Na gut, und manchmal wenn ich Samstagabends nichts besseres vor hatte, guckte ich mir noch mal den Stoff an. Aber was sollte man ohne Freunde sonst machen?
Lange Zeit versuchte ich mir einzureden, dass mir egal war, was die anderen über mich dachten und sagten. Als dann aber das Gerücht verbreitet wurde, das ich verliebt war -zwar wurde zum Glück nie gesagt in wen, und ich vermute sie wussten es wirklich nicht - merkte ich das es mir doch nicht so egal war. Dadurch das ich mir diese Schwäche eingestand, war ich leichter anzugreifen. Bestes Beispiel:
Isabelle vorhin im Flur mit ihrem Spruch „ Na Kimi, immer noch unglücklich verliebt?"
Ich hörte Madamme Lesoire grade zu, wie sie verkündete, das die besten aus der Klasse die Möglichkeit bekämen, nächstes Jahr eine Klassenfahrt nach Paris zu machen. Das freute mich wahnsinnig, und ich war total in Gedanken ans reisen versunken, als ein kleiner, zusammengefalteter Zettel auf meinem Platz landete. Ich drehte mich automatisch um, um zu gucken an wen ich den Zettel weiter reichen sollte, als ich Jareds Blick begegnete, und er mir mit einer Hanbewegung bedeutete wieder auf den Zettel zu sehen.
Jetzt sah ich, dass auf dem kleinem Papier mit sauberer Schrift stand:
An Kim.
Ich sah kurz skeptisch rüber, erkannte aber das Jared ungewöhnlich interessiert am Unterricht teilnahm. Also faltete ich schnell das kleine Papierchen auseinander, und las die Worte die dort standen. Mit einer Schrift die ich nur zu gut kannte. Ich sah auch das sich viel Mühe gegeben wurde, ordentlich zu schreiben. Meine Finger zitterten leicht, als ich die Worte entzifferte. Ich hatte noch nie in meinem ganzen Leben einen Zettel bekommen. Höchstens mal um sie nach vorne oder hinten zu reichen.
Auf dem Papierchen stand:
Da du ja leider nicht mit mir redest, dachte ich, nutze ich die Zeit und schreibe dir um dich etwas zu fragen, und hoffe das du mir antwortest. Also hättest du nach der Schule Zeit um mit mir zu lernen? Ich weiß, du bist nicht begeistert davon, aber ich könnte deine Hilfe wirklich gut gebrauchen, und es würde bestimmt nett werden. Und weil der Platz auf dem Zettel gleich zu klein wird und ich riskiere das du keinen Platz mehr zum antworten hast, warte ich auf deine Antwort.
Jared
Das war alles was auf dem Zettel stand. Beim lesen merkte ich wie meine Handflächen schwitzig wurden. Ich war furchtbar! Er dachte doch ernsthaft ich würde es schlimm finden, ihm beim lernen zu helfen. Ich war ihm echt was schuldig!
Ohne das ich vorher etwas unternehmen konnte, machten meine Lippen sich aus Schuldgefühl und Angst die Chance zu verpassen, mit Jared zu lernen, selbstständig:
„E...Es macht m..mmir nichts aus mit d..d.dir zu lernen." Es war nicht mehr als Geflüster, und ich bezweifelte, das meine zarten Worte zu ihm durchdrangen, aber sie taten es. Und durch seine Reaktion, war mir die Situation schon viel weniger peinlich. Ich freute mich fast.
Er schaute zu mir rüber, beugte sich leicht vor, sodass er mich besser ansehen konnte, und fragte:
„Wirklich?! Wie schön!" Seine samtene Stimme klang erleichtert und fröhlich.
Was die Situation wieder peinlich machte war, das Paul mit seine magischen Ohren alles gehört hatte, denn er schrie durch die Klasse, so das es jeder hörte:
„Halleluja! Sie kann sprechen!"
Madamme Lesoire sah ihn fragend und zugleich tadelnd an. Weil auch alle anderen ohne magische Wunderohren nicht hörten, dass ich gesprochen hatte, sahen sie alle verdutzt zu Paul und kicherten.
Damit war die Stunde und der Schultag zu Ende.

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Liebe kann...
FanficKim weiß genau wie es sich anfühlt nicht beachtet zu werden. Sie lässt ihr Leben von anderen und der Vergangenheit bestimmen. Bis Jared, der Junge in den sie heimlich seit Jahren verliebt ist, sich für sie zu interessieren scheint, beginnt sie ihr...