Das ist jetzt das letzte Kapitel, was ich letzte Woche vorgeschrieben habe. Ich denke, ich werde von nun an ca. 1x wöchentlich posten.
Ich hoffe, dass Kapitel gefällt euch :-)
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Ich war so verunsichert, so gerührt, so abgelenkt von Pauls Worten, dass ich gar nicht hörte, wie jemand die Haustür schloss. Dementsprechend erschrak ich heftig, als auf einmal Vanessas Stimme die Treppe hinauf hallte.
„Kim, du musst Mum ins Krankenhaus fahren!"
Mein Kopf ruckte zur Zimmertür und dann wieder zu Paul, der augenscheinlich tiefenentspannt auf meinem Bett Platz genommen hatte.
„Musst du nicht zur Fahrprüfung?", rief ich nach unten.
„Da will ich ja jetzt hin." Sie klang entnervt und ich vernahm, wie sie die Treppen hoch stapfte. Aber ich nahm es ihr nicht übel, mir ging es momentan genau so. Wir steckten in der gleichen Situation fest.
„Also was ist nu-", stolperte sie in mein Zimmer und stockte bei Pauls Anblick. Daran hatte ich ja gar nicht gedacht.
„Was will der denn hier?"
„Ich wünsche dir auch einen wunderschönen Tag... Äh, wie war dein Name nochmal?" Oh, Paul! Ich drehte mich entsetzt zu ihm um und sah, dass er sich mittlerweile vollständig auf meinem Bett ausgestreckt hatte.
„Runter von meinem Bett!", stieß ich aus und überraschenderweise sprang er sofort auf. Vielleicht war auch ihm jetzt aufgefallen, wie komisch das aussah.
„Hör mal zu, du billiger Arnold Schwarzenegger Verschnitt, ich will mich in Ruhe mit meiner Schwester unterhalten, also zieh Leine!", keifte Vanessa ihn an.
Man sah, dass Paul sich über den Vergleich und meine Schwester amüsierte. Trotz dessen verkniff er sich ein Lachen und begab sich respektvoll zur Tür. „Ich warte in der Küche auf dich", sagte er mit einem letzten Blick zu mir.
Ich wollte ihm nur das okay geben, aber Vanessa kam mir zuvor. „Roll dich jetzt die Treppe runter."
Diesmal verkniff er sich das Lächeln nicht und warf noch einen Macho-Blick auf Vanessa, als er auch schon Richtung Treppe stürmte.
„Brich dir alle Knochen auf dem Weg nach unten!", brüllte sie ihm jetzt doch noch hinterher, aber von untern ertönte nur sein raues Lachen und ein „zu spät!" aus er Küche. Das ging aber schnell...
Vanessa holte tief Luft und sah so aus, als würde sie gleich Mord begehen.
„Was hast du mit diesem Typen zu schaffen?", fragte sie, sofort in Angriffsposition.
„Er ist nett, er ist ein Freund", beeilte ich mich Paul zu verteidigen. Auch wenn ich Vanessa ihre Haltung ihm gegenüber nicht vorhalten konnte. Er war ätzend.
„Außerdem hat er mich an dem Tag zum Krankenhaus gefahren", setzte ich hinterher.
„Na, wenn das so ist", begann sie in diesem Ton, von dem ich ganz genau wusste, dass etwas kam, das zu meinem Nachteil war, „kann er Mum ja auch ins Krankenhaus fahren."
„Nein!"
„Klar!", brüllte Paul aus er Küche. Vanessa und ich warfen uns kurz einen merkwürdigen Blick zu, beide davon schockiert, wie er uns gehört hatte.
„Warum nicht?", fragte sie wieder an mich gerichtet.
„Weil ...", ja warum? Weil ich mich lieber wieder verkriechen wollte? Oder weil mir diese Situation irgendwie suspekt vorkam?
„Na dann gibt es ja offensichtlich kein Problem", schloss Vanessa aus meinem Schweigen. Doch ihr schien aufgefallen zu sein, dass mir das nicht passte. Und ihr Blick wurde merkwürdig sanft.
„Du hast doch gesagt, er ist dein Freund. Wo liegt denn das Problem, wenn er uns diesen kleinen Gefallen tut? Kim, sowas tun Freunde."
„Genau Kim, sowas tun Freunde", sagte Paul und wir beide erschreckten uns, weil keiner von uns ihn kommen hören hatte.
„Sag mal", wollte Vanessa ihn wieder ankeifen, als ihr Blick auf den Hotdog in Pauls Hand fiel.
„Oh, oh", machte ich nur und freute mich schon auf das, was jetzt kam.
„Was ‚oh, oh'?", fragte Paul nervöse mit einem Seitenblick zu mir.
„Also jetzt reicht's! Wer glaubst du, wer du bist, um meinen Hotdog zu essen!", schrie Vanessa los. Paul versuchte sich das Ding mit einem Mal in den Mund zu schieben, da sprang Vanessa auf ihn rauf und begann auf ihn einzuschlagen. Jedoch konnte sie bloß zweimal zuschlagen, bevor sie wieder von ihm runtersprang und sich die Hände hielt.
„Gott, woraus bist du denn gemacht?", rief sie schockiert aus und blickte auf ihre Hände.
„Paul reicht", erwiderte er. Auf den Todesblick meiner Schwester setzte er sein Welpengesicht auf und setzte noch hinzu: „Ich hatte Hunger."
Und bevor Vanessa wieder laut werden konnte, hörten wir Mum von unten rufen. „Was tut ihr denn da oben die ganze Zeit? Und warum ist der Kühlschrank offen?"
„Sorry", riefen wir alle drei unisono als Antwort.
Sie lachte nur und rief noch hoch, dass sie jetzt fertig sei.
„Du musst das wirklich nicht machen", sagte ich zu Paul, der sich schon auf dem Weg nach unten befand. Beim Treppe heruntergehen warf er nur einen Blick über die Schulter, und meinte: „Was, und dann zulassen, dass einer von euch ohne einen Lappen fährt? Dieser Verantwortung kann und werde ich mich nicht entziehen." Und natürlich musste ich bei seinen Worten grinsen, was ihn sichtlich zufriedenstellte.
Mum zog sich grade die Jacke an, als Paul selbstbewusst auf sie zuging, ihr die Hand entgegenstreckte und sagte: „Guten Tag Mrs. Connweller, es freut mich sehr ihre Bekanntschaft zu machen. Ich bin Paul und für den heutigen Tag ihr Fahrer."
Und er lächelte dieses entwaffnende Lächeln, dass er über die Jahre vor dem Spiegel perfektioniert haben musste.
Doch es war noch lange nicht so entwaffnend wie Jareds Lächeln. Und Jared würde sowas mit Sicherheit auch nie vor dem Spiegel üben.
Aber das spielt ja auch keine Rolle, rief ich mir schnell ins Gedächtnis.
„Oh", lachte meine Mum darauf und schüttelte seine Hand, „es freut mich auch sehr, deine Bekanntschaft zu machen."
Sie drehte sich kurz zu mir und Vanessa und zog die Augenbrauen hoch.
„Er ist ein Freund", sagte ich nur.
„Wenn ich bitten dürfte", kam es von Paul, der ganz Gentlemen like die Tür aufhielt.
Im Vorbeigehen warf ich ihm nur einen kritischen Blick zu und fragte mich, ob das der gleiche Paul war, den ich kennengelernt hatte.
Auf dem Weg zum Auto hörte ich noch, wie Vanessa Paul Affengesicht nannte und er ihr die Tür vor der Nase zuschlug.
Dann joggte er entspannt zu seinem Auto und hielt meiner Mum wieder die Tür für die Beifahrerseite auf.
Im Hinsetzen sagte meine Mum: „Da hast du dir aber einen netten Freund ausgesucht."
Paul bekam da so einen panischen Blick und wollte schon korrigieren, als ich nur sagte: „Ja Mum, die Betonung liegt auf einem Freund, nicht meinem. Und so nett, wie er jetzt tut, ist er nicht."
„Aber bitte", kam es entrüstet von Paul, der mir bereits auch meine Tür aufhielt.
Die Fahrt zum Krankenhaus verlief relativ ruhig. Paul hatte das Radio eingeschaltet und „The Killing Moon" von „Echo & the Bunnymen" spielte leise im Hintergrund. Ich merkte gar nicht, dass ich sachte mitsang, bis meine Mum mich darauf ansprach.
„Oh Kim, wie sehr habe ich das vermisst! Seit wann singst du denn wieder?"
Ich riss meine Augen auf. „Äh, also ich-"
„Ach", kam es vom Steuer, „singst du etwa gerne?"
„Ja, also früher hat sie andauernd gesungen. Man konnte sie gar nicht zum Schweigen bringen." Meine Mutter plaudert noch ein bisschen munter weiter, während ich versuchte, dieses saure Gefühl wegzubekommen.
Diese Zeit, von der sie sprach, liegt über ein Jahrzehnt zurück. Ich war ein aufgewecktes und fröhliches Kind. Bis die Schule begann. Und die Trinkerei meines Dads. Eine Erinnerung hatte sich so tief in mein Gehirn gebrannt, dass es mir dabei heute immer noch hochkam. Wortwörtlich.
„Halt an!", rief ich Paul zu.
Aus dem Gespräch mit meiner Mutter herausgerissen, meinte er nur verwirrt: „Was? Wie bitte?"
„Man, halt an!", schrie ich schon fast.
„Okay, okay", murmelte Paul und fuhr an den Standstreifen, während ich bereits den Sicherheitsgurt löste.
Das Auto stand noch nicht mal komplett, da riss ich die Tür auf und alles kam hoch. Mein Rachen brannte und mein Magen fühlte sich an, wie auf links gedreht. Ich hatte weder viel gegessen, noch getrunken, weshalb hauptsächlich Galle mit hochkam. Die inneren Qualen, die diese Erinnerung in mir auslöste, spürte ich leibhaftig.

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Liebe kann...
FanfictionKim weiß genau wie es sich anfühlt nicht beachtet zu werden. Sie lässt ihr Leben von anderen und der Vergangenheit bestimmen. Bis Jared, der Junge in den sie heimlich seit Jahren verliebt ist, sich für sie zu interessieren scheint, beginnt sie ihr...