2. Freiheit

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Von Vogelgesang wurde ich wach. Ich kramte meinen Apfel heraus und biss hinein. Ich sah auf den glitzernden See. Ich atmete tief die angenehme Luft ein und packte dann erneut meine Tasche.

Weiter ging es am See entlang in die Wildnis. Ich durchstreifte ein Feld und stieß schließlich auf eine Landstraße. Nach einigen Versuchen nahm mich schließlich ein Bauer ein Stück auf seinem Trecker mit. Ich kam in ein kleines Dorf.

Mit dem Kleingeld, dass ich noch besaß, ging ich in ein Café und frühstückte. Ich erfuhr von der Besitzerin auch, wo ich einen Lebensmittelladen finden konnte.

Das letzte Mal verwendete ich hier meine EC-Karte für genug Essen, das noch in meine Tasche passte und ein paar Tage überbrücken sollte. Dann hob ich noch Geld ab, das ich daraufhin tief in meine Tasche stopfte. Ich betrachtete meine EC-Karte und zerbrach sie dann. Beim nächsten Mülleimer hielt ich an und warf die beiden Teile hinein.

Dann machte ich mich erneut auf den Weg.

Am Ende des Tages war ich erneut in einer weiteren kleinen Stadt angekommen. Ich lief, bis meine Füße mich nicht mehr tragen konnten und schlich mich schließlich in eine verlassene Kapelle. Ich verkroch mich, machte es mir bequem und schlief ein.

Mit einem Stöhnen erwachte ich. Meine Glieder taten mir weh. Wie weit ich bereits gekommen war, wusste ich nicht, nur, dass ich weiter musste. Ich holte mir ein Sandwich heraus und stopfte es mir gierig in den Mund. Vor Müdigkeit hatte ich gestern Abend nichts mehr gegessen. Nachdem ich gestärkt und nicht mehr durstig war, raffte ich mich auf. „Weiter geht's!", sagte ich zu mir. Ich verließ die Kapelle und lief weiter. Schließlich entdeckte ich eine Bushaltestelle. Ich hatte Glück und kurz darauf kam ein Bus. Ich stieg ein und ließ mich wieder fahren.

Eine Stunde später erreichte ich die nächste Ortschaft. Von dort aus lief ich weiter weg von der Zivilisation. Müde schleppte ich mich solange weiter, bis ich einen kleinen Hof entdeckte. Ich hörte Kühe muhen, Pferde wiehern, Schweine quieken. Ich schlich mich näher und entdeckte einen kleinen Schuppen. Dort lief ich hinein und drückte mich nah an die Wand. Ich konnte nicht mehr. Wieder fielen mir die Augen zu.

Nach kurzem Schlaf schreckte ich auf als ich Geräusche hörte, die offensichtlich anzeigten, dass die Menschen dieses Hofes ihren Tag begannen. Schnell flüchtete ich und schaffte es, ohne gesehen zu werden, zu verschwinden.

Nach einer Weile kamen Felsen in Sicht und ich hörte ein Rauschen. Ein Wasserfall! Ich lief so schnell ich konnte und entdeckte einen Fluss. Ohne zu zögern zog ich mich aus und sprang hinein. Meine erste Dusche seit Tagen. Nachdem ich ausgiebig den kalten Fluss genossen hatte, zog ich mir neue Klamotten an und steckte die Alten zurück in die Tasche in eine Plastiktüte.

Dann folgte ich dem Fluss. Es wurde immer schwieriger und letzten Endes musste ich einen Felsen hinaufklettern. Oben angekommen stockte mir der Atem. Die Aussicht war wunderschön. Ein Wald grenzte an den Felsen. Ich machte mich also auf, hineinzulaufen. Der Geruch von Bäumen, Gras und Moos stieg mir in die Nase. Ich genoss diesen Geruch. Auf einer kleinen Lichtung legte ich mich noch ein bisschen hin. Eine Siesta brauchte ich jetzt dringend, nach viel zu wenig Schlaf und dem ganzen Klettern.

Ich merkte, dass es kühler um mich wurde. Ich raffte mich also wieder auf und lief erneut weiter.

Ein kleines Dorf kam in Sicht. Es war niedlich und hatte nur wenige Häuser. Nach wenigen Minuten hatte ich das kleine Dorf durchquert und lief auf eine Pension zu. Ich brauchte eine Pause, außerdem wollte ich wissen, wo ich war. Ich wollte so viele Kilometer zwischen meine Eltern und mich bringen, wie es ging. Ich ging hinein und ein alter Mann stand an der Rezeption.

„Guten Tag! Ich wollte fragen, ob sie vielleicht ein kleines Zimmer frei hätten?" „Wir haben selten Besuch, junge Dame. Wie lange wollen sie denn bleiben?" „Eine Nacht. Ich bin auf der Durchreise...", sagte ich lächelnd. „Ah! Ich bin auch sehr gerne durch die Gegend gereist als ich in ihrem Alter war. Dann traf ich meine Frau." Er grinste und zwinkerte, dann gab er mir einen Schlüssel.

Es war ziemlich teuer, aber ich verzieh es dieser Pension. Ich konnte mir gut vorstellen, dass hier kaum Gäste vorbeikommen. Ich fühlte mich gut, nachdem ich etwas beigetragen hatte, um die Pension am Laufen zu halten. „Haben sie vielleicht auch einen Stadtplan?" „Von unserem Dorf?"

„Ähm nein, ... ich...-" Er zwinkerte und zog eine Landkarte heraus. „Ich schenke sie Ihnen", sagte er. „Dankeschön!", sagte ich strahlend. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Zimmer."

Es war ein wunderschönes kleines Zimmer. Es sah aus wie aus einem Jane Austen Film. „Es ist wunderschön, vielen Dank!" Er lächelte. „Freut mich, dass es ihnen gefällt. Haben sie Hunger? Meine Frau und ich essen in etwa einer Stunde. Sie würde sich sicher freuen ein wenig andere Gesellschaft als nur mich zu haben." „Ich nehme ihre Einladung gerne an. Vielen Dank!" Er nickte und lächelte gütig. Dann ließ er mich allein.

Ich sah mich um. Ein kleines Bad und ein gemütliches Doppelbett. Perfekt. Ich stellte mich erstmal unter eine heiße Dusche und legte mich dann nochmal hin. Von einem Klopfen wurde ich geweckt. „Das Essen ist fertig, Miss", sagte eine Frauenstimme. Ich stand schnell auf und öffnete die Tür. „Ich bin sofort da. Einen Moment."

Sie nickte und wartete bis ich meine Schuhe anhatte. Gemeinsam liefen wir dann wieder hinunter und betraten ein kleines Esszimmer. Dampfendes Essen stand auf dem Tisch. Ich lächelte überrascht. „Vielen Dank, dass ich mit ihnen Essen darf", murmelte ich.

Ich verbrachte einen wundervollen Abend mit den Pietrewskis, wie sie sich bei mir vorstellten. Sie waren liebevoll, neckten sich gegenseitig und lachten. Ich werde diese Unterkunft und die beiden Besitzer nicht vergessen. Sie gaben mir gleich ein gutes Gefühl. Man fühlte sich heimisch. Ich verabschiedete mich spätabends und kroch unter die gemütliche Decke.

Nach einem leckeren Frühstück, brach ich am nächsten Morgen wieder auf. Ich verabschiedete mich schweren Herzens von dem alten Ehepaar.

Herr Pietrewski hatte mir noch erklärt, wie ich zu einer größeren Landstraße komme. Von dort aus könnte ich weiter Trampen oder auch einen Bus nehmen, der allerdings nicht sehr weit fuhr. Ich hatte seinen Rat angenommen. Ein kleines Stück war ich mit einem Bus in die nächste größere Stadt gefahren.

Mein Geld war mittlerweile alle; meine Lebensmittel wurden langsam knapp. Ich sah mich um. Ich entdeckte ein kleines Diner. Am Fenster klebte ein Zettel: „Wir suchen Aushilfen".

In dieser Stadt verbrachte ich insgesamt eine Woche und arbeitete in dem Diner. Bei einer Kollegin war ich untergekommen. Sie hatte ein Gästezimmer, in dem ich schlafen konnte. Die Landkarte von Herrn Pietrewski lag jetzt auf dem kleinen Bett. Ich war schon einige Kilometer von meinem zu Hause entfernt. Ich hatte es tatsächlich geschafft, mich zu entfernen und durch die kleinen Umwege ins Landesinnere zu kommen.

„Selbst wenn meine Eltern mich suchen würden, wäre es durchaus kompliziert mich zu finden." Erleichtert atmete ich auf. Ich wusste, ich musste bald weiter, also packte ich nachts meine Sachen, schrieb einen Dankesbrief an meine Kollegin und verschwand leise. Mein Gehalt hatte ich bar bekommen und sparen können. Ein bisschen kam ich damit also aus. Ich lief wieder aus der Stadt heraus, weg von den großen Straßen rein ins Land.

Ich machte erneut in einem kleinen Dorf einen Zwischenstopp auch hier suchte ich mir einen Aushilfsjob diesmal aber auf einem Hof. Ich striegelte die Pferde, säuberte die Ställe, fütterte die Tiere. Dann reiste ich wieder weiter.

Kalte KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt