5. Verkauft und verschickt

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Gegenwart:

„Mach das Fenster zu", zischte eine Stimme.

Ich rollte das Fenster hoch und lehnte mich dagegen, um meine Wange zu kühlen auf der mal wieder eine Faust gelandet war. Langeweile, wie ich dieses Wort mittlerweile hasste. Überrollte Langeweile meine Kuriere oder Kidnapper, gingen sie auf mich los. Ich sollte mich vermutlich glücklich schätzen, dass sie mich bisher nur geschlagen hatten.

Ich wollte nach Hause, ich sehnte mich nach der Stimme meiner Eltern. Trotz unseres Streits, trotz der vielen Auseinandersetzungen... Immer noch rasten wir durch die Nacht. Die Straße wurde jetzt uneben, das Auto wackelte, kein Licht war zu sehen. Nur unsere Scheinwerfer schienen durch die Wälder. Eine kleine Träne löste sich aus meinen Augen. Dass ich noch weinen konnte, überraschte mich.

„Durst", krächzte ich hervor. Einer der beiden Kuriere reichte mir doch tatsächlich eine kleine Flasche. Ich trank schnell ein paar Schluck.

„Warum hast du ihr etwas zu trinken gegeben?", fauchte der Fahrer.

„Willst du ernsthaft, dass sie uns verdurstet?", fragte der andere.

Ich ließ meinen Kopf hängen und umklammerte die kleine Flasche. Wie gerne würde ich fragen: „Wo bringt ihr mich hin? Was passiert mit mir?" Doch ich wusste, das war keine gute Idee. Also schwieg ich.

Nach einer Weile musste ich eingeschlafen sein, denn ich wurde plötzlich durch einen Ruck geweckt. Das Auto hatte mit einer Vollbremsung gehalten. Ein Tier huschte am Auto vorbei und verschwand im Dickicht.

„Wir sind gleich da", murmelte der Beifahrer.

„Ich weiß", sagte der Fahrer mit zusammengebissenen Zähnen.

Ich hatte schon in mehreren Häusern in kalten Kellern geschlafen und wurde früh am Morgen wieder rausgezogen und dann ging es weiter in einem anderen Auto. Die vorige Unterkunft brannte dann lichterloh im Rückspiegel. Ich fragte mich gerade, wie lange ich wohl jetzt wieder bleiben würde, als ein großes Herrenhaus sichtbar wurde.

Wir hielten.

„Bring sie runter", sagte der Fahrer kühl, „er wird sich die Ware ansehen."

Ich schluckte und ließ mich von dem Beifahrer aus dem Auto zerren.

Ängstlich schaute ich auf das große Haus, das mir dunkel entgegen sah. Wenig später wurde ich in eine Zelle geworfen, erneut in einem Keller. Wir hatten das Ziel erreicht.

Kalte KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt