3. Trampen

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Ich trampte weiter bis in die nächste Stadt. Von hier aus lief ich wieder zu Fuß und versuchte immer wieder zu trampen, doch niemand nahm mich mit. Also verkroch ich mich spätabends in einem Feld und erlaubte meinem erschöpften Körper wieder ein bisschen Schlaf.

Am nächsten Morgen versuchte ich erneut zu trampen und diesmal hielt ein Auto mit einem jungen Pärchen neben mir.

„Na, wo möchtest du hin?"

„Wo fahren Sie denn hin?"

„Wir wollen nach Minneapolis. Können wir dich mitnehmen?"

„Klar, gerne, Dankeschön." Ich stieg zu ihnen ins Auto.

„Wo willst du denn hin?", fragte der Mann

„Dahin wo mich der Wind hinträgt."

„Und das ganz alleine?", fragte nun die Frau.

„Ja, ich habe niemanden außer mich und da mich also keiner vermisst, lasse ich mich immer vom Schicksal weitertragen." Das war zwar halb gelogen, aber das mussten die beiden ja nicht wissen. Die beiden sahen sich kurz an.

„Oh, das tut mir leid", murmelte sie dann, „Ich rede manchmal ohne zu viel nachzudenken. Paul sagt mir das immer wieder..."

„Ist schon gut." Ich lächelte sie an.

„Wohnen Sie in Minneapolis?"

„Ja, genau wir waren gerade bei meinen Schwiegereltern." Sie hob ihre Hand, wo ein zierlicher Ring mit einem glitzernden Stein saß. „Er hat mir vor seinen Eltern einfach einen Antrag gemacht!", sie quietschte.

„Schatz...", sagte ihr Verlobter leise, „wir haben uns beide noch nicht daran gewöhnt." Sie lachte glücklich.

Ich lächelte. „Meinen Glückwunsch!"

Sie drehte sich zu mir um und lächelte. „Dankeschön. Oh, ich habe ganz vergessen uns vorzustellen! Ich bin Susan und das ist mein Paul."

„Ich heiße Emilia. Freut mich euch kennen zu lernen."

Sie erzählte mir noch wie lange sie schon zusammen gewesen sind und sagte sie hätten ein gemütliches kleines Haus. Sie lächelte die ganze Zeit breit und drehte sich immer wieder zu mir um. Sie beschrieb mir gerade ihren Garten, auf den sie sehr stolz zu sein schien.

„Mein Verlobter Paul ist Architekt musst du wissen. Er hat dieses Haus entworfen und gebaut als wir beschlossen zusammenzuziehen. Romantisch, nicht?" Sie strahlte erneut über das ganze Gesicht. „Hast du Lust ein paar Tage bei uns zu bleiben? Oder wolltest du in eine andere Stadt? Ich würde dir so gerne unser Haus zeigen. Du könntest von da aus deine Reise auch weiterplanen. Von dort kannst du auch einen Zug nehmen." Sie zwinkerte. „Außerdem habe ich viel zu wenig Frauengesellschaft, wir planen gerade unsere Familie zu vergrößern, da will mein Paul nicht, dass ich arbeite. Ich sitze viel in meinem Garten, lese oder gucke Fern. Es würde mich wirklich sehr freuen."

„Wie könnte ich so ein Angebot abschlagen? Ich bin euch dankbar, wirklich!"

„Oh, Paul, Schatz! Hast du das gehört?! Endlich habe ich mal wieder mehr Gesellschaft als nur unsere Katze und den Hund."

Paul grinste mich an. „Du tust mir einen Gefallen. In letzter Zeit liegt sie mir viel in den Ohren, dass sie so alleine ist. Ich habe gerade ein großes Projekt in der Stadt. Ich bin meist den ganzen Tag über weg oder muss im Büro sitzen und arbeiten."

„Du musst dir übrigens keine Sorgen machen wegen der Katze und unserem Hund. Die beiden sind zahm und lieben es zu kuscheln. Ich glaube manchmal, sie denken sie wären Menschen", erwähnte Susan und kicherte.

Ich lachte mit. Die beiden gefielen mir. Frisch verlobt, sie eine kleine Quasselstrippe, aber liebenswert, und er eher ruhig.

Minneapolis, ich hatte bereits von der Stadt gehört, über 300.000 Einwohner. Sie soll einen kulturellen Schwerpunkt haben. Davon mehrere Museen und Theater, die es sich durchaus lohnt anzusehen. Ich atmete tief ein. Mal schauen, was mich jetzt erwartet.

„Die Fahrt dauert noch ein bisschen", sagte Paul, "ich halte kurz hier an der Tankstelle und kaufe mir einen Kaffee, damit ich nicht zu müde bin. Soll ich euch auch etwas mitbringen?" Ich schüttelte den Kopf.

„Such uns einen leckeren Saft aus, Schatz." Sie lächelte als er ausstieg und uns kurz alleine ließ. „Du solltest etwas trinken. Vor allem wenn Paul für uns zahlt", zwinkerte sie mir zu und lächelte.

Kurz darauf war er wieder bei uns. „Die haben selbstgemachte Smoothies. Ich habe euch beiden einen mitgebracht. Smoothies gehen immer." Er lächelte und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.

Susan nahm einen Schluck von ihrem Smoothie. „Schmeckt toll!", sagte sie lächelnd, „Schatz, wir müssen zu Hause einen Mixer haben. Die muss ich zu Hause auch machen!" Sie strahlte.

Ich dankte ihm für den Smoothie und nahm jetzt ebenfalls einen großen Schluck. Der schmeckte wirklich toll, nach Bananen, Kiwis, Zitronen – sauer, aber lecker.

Nach einer Weile wurde ich plötzlich ganz schläfrig.

„Oh, bist du müde, Emilia? Ruhe dich ruhig aus. Ich wecke dich, wenn wir angekommen sind. Lehne dich ruhig an."

Ich wollte antworten, konnte aber kaum die Augen aufhalten. Gerade noch sah ich ein komisches Grinsen auf Pauls Gesicht im Rückspiegel. Dann war ich auch schon eingeschlafen.

Kalte KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt