46. Konfrontation mit der Vergangenheit

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Nach etwa 5 Stunden machten wir die erste längere Pause in Minneapolis. Unruhig sah ich mich um. Aiden nahm meine Hand „was ist los?" Ich schloss kurz meine Augen und öffnete sie dann wieder. Aiden's Augen sahen sorgenvoll, aber warm auf mich hinab. „Meine Entführer boten mir eine Mitfahrgelegenheit nach Minneapolis an.. Wir waren auf dem Weg hierher, als sie mich betäubten und dann...", ich seufzte. Aiden ließ mir Zeit. „Sollen wir weiter fahren?", fragte er leise. Ich schüttelte meinen Kopf „nein, du bist schon einige Stunden gefahren. Diesmal kann dich niemand ablösen. Du brauchst eine Pause..", er strich mir über meinen Handrücken. „Okay. Lass uns einen Diner finden. Wir essen etwas und laufen danach noch ein wenig durch die Stadt. Danach fahren wir weiter.", sagte Aiden und lächelte mich an. Ich nickte. Nach einer Weile wurden wir fündig.

Ein typisches kleines Diner mit Sitzen, die an Autositze von älteren längst vergessenen Wagen erinnerten. Eine warme, familiäre Atmosphäre herrschte hier. Wir ergatterten uns einen Tisch am Fenster. Mit einem seufzen ließ ich mich auf eine gemütliche Sitzbank nieder und quiekte kurz laut auf, als Aiden sich statt mir gegenüber sich direkt neben mich setzte und mich an sich zog. Sein Duft beruhigte meine Anspannung wieder etwas und ich lehnte mich zurück. „Ich bin hier", flüsterte er leise in mein Ohr. Ich nickte stumm. Er hatte ja recht, aber ein merkwürdiges Gefühl hatte ich dennoch.

Nachdem wir ein wenig etwas gegessen hatten, stand ich auf und wollte zu den Toiletten blieb aber wie angewurzelt stehen, als ich sah wer gerade zur Tür herein kam. Ich begann zu zittern und mein Herz zu rasen. Meine Beine konnte ich nicht mehr bewegen. Es dauerte nicht lange und Aiden stand direkt neben mir. Sein Blick wach und sorgenvoll. Ich hörte seine Stimme nur gedämpft „was ist los?".

Ich betrachtete das Trio, dass sich jetzt nach einem freien Tisch umsah. Wie lange war es her, dass ich Susan und Paul zuletzt gesehen hatte? Noch immer mimte Paul den hilfsbereiten Gentleman und hielt der jungen Frau die Tür auf. Sein Blick wanderte aber lustvoll über ihren Körper, als sie ihm den Rücken zu wand. Ich sah zu, wie die drei sich kurz darauf zufrieden an einen Tisch setzten. Die junge Frau die bei den Beiden war, sah traurig aus, lächelte aber hin und wieder scheu. Plötzlich begriff ich ganz genau, was ich hier sah.

Sie hatten ein neues Opfer gefunden. In mir begann es zu brodeln. Leise stammelte ich „das sind sie..." Aiden war unruhig geworden und hatte mich an sich gedrückt, während dessen er sich immer wieder umgesehen hatte. „Wer ist was?" „Das sind die beiden, die mich gekidnappt haben.", flüsterte ich ihm zu als ich ihnen den Rücken zu drehte, kurz darauf aber leicht auf den Tisch deutete. „Sie haben genau das gleiche mit mir gemacht. Auf nett getan. Mir etwas zu trinken spendiert...", ich schreckte aus meiner Starre. „Sie werden das gleiche mit ihr machen!", sagte ich leicht panisch. „Wir dürfen das nicht zulassen!" Aiden's Gesichtszüge wurden hart. Bevor er jedoch los stürmen konnte, hielt ich ihn zurück. „Ich habe eine Idee...", murmelte ich und zog ihn wieder auf unsere Bank. „Sieh mich an", forderte ich ihn auf „sonst bemerken sie uns noch!", zischte ich leise. Wiederwillig wie es schien, sah Aiden zu mir und sofort wurde sein Blick wieder weicher. Ich strich ihm über die Wange. „Ich habe vermutlich viel zu viele Krimis gesehen, aber vielleicht funktioniert das ja auch im Realen..", sagte ich leise. „Pass auf." Ich atmete tief ein „Ich werde jetzt mit unseren Sachen, inklusive dem Rest meiner Cola an deren Tisch vorbei gehen und es über dem Mädchen ausschütten, durch angebliches stolpern. Ich werde sie dann aufgeregt bitten, mit mir mitzukommen um sich sauber zu machen." Ich atmete tief durch „sie werden mich bemerken und vermutlich gleich durchschauen, was ich vorhabe, aber in einem gut besuchten Diner werden sie keinen Aufstand wagen. Er wird uns jedoch vermutlich zur Toilette folgen.. du wartest ab und überwältigst ihn, während er auf uns wartet. Ich helfe der Kleinen fliehen. Er darf dich auf keinen Fall vorher bemerken. Halte dich also zurück. Haben wir Paul beseitigt, müssen wir uns nur noch um Susan kümmern. Wir können nicht alle zusammen auf die Toilette gehen.. sie wird also sitzen bleiben.." „Was ist, wenn er sitzen bleibt und sie mitkommt. Was machst du dann? Schließlich darf sie mit hinein..." Ich überlegte kurz „vertrau mir, mir fällt dann spontan bestimmt etwas ein.. sei einfach in der Nähe und schaffe mir die beiden oder gegebenenfalls zumindest einen von ihnen vom Hals. Zumindest so lange, bis das Mädchen unbeschadet fliehen kann." Er schüttelte den Kopf „bitte, wir müssen uns beeilen, bevor sie etwas trinkt.. sie werden ihr unbemerkt etwas in ihr Getränk kippen. Bitte Aiden.." „Na schön. Aber ich warne dich. Pass auf dich auf!" Ich lächelte „ich habe nichts anderes vor Tiger", er grinste und nickte leicht. „Mach' mich stolz kleine Wölfin", sagte er und zwinkerte mir zu. Ich drückte ihm einen kurzen scheuen Kuss auf die Wange „tue ich das nicht schon?" damit stand ich auf und ging langsam mit dem Tablett bewaffnet auf die drei zu. Sie waren so auf die hübsche junge Frau konzentriert, dass sie gar nicht auf ihre Umgebung achteten. Als ich nah genug dran war, bemerkte mich Paul allerdings plötzlich und sah mich überrascht an. Meine Mundwinkel zuckten kurz, bevor ich meinen Plan dann allerdings mit zusammen gebissenen Zähnen umsetzte. Mein Tablet landete auf dem Schoß der jungen Frau, die mich jetzt erschrocken musterte. „Oh mein Gott entschuldige, mir ist das einfach aus der Hand gerutscht.. tut mir leid.. ich war kurz abgelenkt..." auch Susan betrachtete mich jetzt mit überraschten Augen. Als ich sah, dass Paul bereits seine Hand nach mir ausstreckte, griff ich schnell nach der jungen Frau. „Komm mit. Ich helfe dir das sauber zu machen" und deutete auf die Toilette. Glücklicherweise war die junge Frau so überrumpelt und zog an ihrem verschmutzen Mantel, dass sie meine Panischen Augen gar nicht bemerkte. Ich begann sie schnell hinter mir her zu ziehen und rauschte an Aiden vorbei in Richtung Toilette. Hektisch zog ich die Tür auf und drückte das überraschte Mädchen hinein. „Deine Begleitung hat nichts gutes im Schilde mit dir!", sagte ich schnell. „Ich weiß du kennst mich nicht, aber du musst mir jetzt vertrauen. Schließ dich in der Kabine ein und lass niemanden hinein." Ich drückte sie in eine der Klokabinen „was soll das?", fragte mich die junge Frau „mach schon! Schnell!!", sagte ich hektisch als die Tür auch schon aufgerissen wurde. Erleichtert sah ich noch aus dem Augenwinkeln, wie die junge Frau aber tat wie ich es ihr gesagt hatte. „Lange nicht gesehen Emma" „Emilia" „Richtig, Emilia.. was für ein Zufall, dass wir uns wieder begegnen. Unbeschadet und am leben, da bin ich aber froh" „tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss und nicht in einem dreckigen Loch krepiert bin..", knurrte ich. Susan stand mir grinsend gegenüber. „Wie denkst du denn von mir. Es freut mich, dass du vor mir stehst.", sagte sie mit einem falschen grinsen „das glaube ich dir aufs Wort", sagte ich kühl „Machst du dem kleinen Mädchen etwa angst, mit deinem Verfolgungswahn? Hör nicht auf das, was das Mädchen sagt Schätzchen. Sie hat Wahnvorstellungen." „Ach ja? Na dann wird es dir ja nichts ausmachen, das Getränk, was Paul jetzt mit einem Betäubungsmittel verseucht selbst zu trinken..." Susan lachte auf „hörst du das Schätzchen? Sie ist total verrückt. Komm schnell aus der Kabine und lass uns ein anderes Lokal suchen. Wer weiß, was dir Emilia sonst noch so tut, wenn ich nicht auf dich aufpasse." „Bist du ihre Mutter?", fragte ich dann schmunzelnd, auch wenn mir mittlerweile schlecht war „sie sieht alt genug aus, eigene Entscheidungen zu fällen.." Ich wandte mich leicht zur Kabine „ich würde dir empfehlen, so schnell wie möglich die Fliege zu machen. Sonst war das heute der letzte Tag, den du im Tageslicht verbringst.", rief ich der jungen Frau zu „Drohst du der Kleinen etwa?" Susan sah mich jetzt gehässig an „Ich? Nein. Ich beschütze sie vor euch! Ich werde nicht zulassen, dass ihr das selbe wie mir passiert. Sie werdet ihr nicht ihrer Freiheit berauben, Missbrauchen und dann verkaufen oder vielleicht sogar umbringen!" Susan sah mich aus kalten Augen an „geh zur Seite!", zischte sie und versuchte an mir vorbei zu kommen „bestimmt nicht!", sagte ich dann. „Paul hat dich sehr vermisst, kommst du statt dem Mädchen mit uns?" „Das würde dir so passen!", sie schnaubte verärgert. „Du wurdest anscheinend zu nett behandelt. Paul würde sich über deine Gesellschaft freuen!", sagte sie jetzt mit knirschenden Zähnen. „Tja da muss ich ihn leider Enttäuschen."
Es klopfte zwei Mal gegen die Tür. Ich zuckte zusammen „tja keinen Ausweg.. Paul oder das Mädchen!" „Miss ist alles in Ordnung?", fragte Aiden's Stimme. Ich musste grinsen „komm rein..", sagte ich dann nur. Susan drehte sich um und im nächsten Augenblick traf sie eine Faust ins Gesicht, die sie k.o. schlug. „Du hast dir aber reichlich Zeit gelassen.." „Ich musste das Diner erst mal davon überzeugen, dass wir verdeckte Ermittler sind und hinter einem Menschenhandel Ring her sind.." Ich lachte „ehrlich?" „Nein.. ich habe nur gewartet, bis dieser Typ euch hinterher ist. Er ist ebenfalls bewegungsunfähig.", sagte er dann mit einem schiefen grinsen. Dann nahm er mich in den Arm „geht's dir gut?" „Überraschender Weise ja..." ich sah zu der Kabine „warte draußen", sagte ich zu ihm und schob ihn aus der Damen Toilette. „Du kannst aus der Kabine raus kommen" quietschend ging die Tür auf. Die junge Frau sah mich verunsichert an und schlug sich dann erschrocken die Hand vor den Mund, als sie Susan auf dem Boden liegen sah. „Du hattest Glück. Die beiden verschleppen junge Frauen, nur um sie dann zu verkaufen..", sagte ich und sah sie an „wo immer du auch hergekommen bist, oder hin willst. Verliere keine Zeit!" Ich zeigte auf die Tür. „Los schnell, bevor sie wieder wach wird!", sie nickte, blieb aber noch kurz stehen „danke..", sagte sie dann. „Geh!" Mit einem kurzen nicken verschwand sie. Aiden kam kurze Zeit später wieder rein. „Das Mädchen hat das Diner verlassen", sagte er dann. Ich atmete erleichtert aus „was machen wir jetzt mit denen? Wir können sie nicht einfach hier liegen lassen und sie dann auf die nächste Jagd gehen lassen" Aiden sah mich nachdenklich an. „Ich habe gerade gesehen, dass das Diner einen Hintereingang für das Personal hat.. ich werde versuchen, sie unbemerkt da hinaus zu befördern" „Und wie soll das gehen? Was wenn dich jemand dabei bemerkt?" Aiden grinste „keine Sorge, er ist schon draußen hinter dem Müllcontainer." Er nahm Susan einfach hoch und warf sie über seine Schulter. „Los geht's!". Wie durch ein wunder, schafften wir es tatsächlich das Diner unbemerkt zu verlassen. „Lass uns ein Uber Mietwagen finden. Davon stehen doch überall genug rum, oder?" Ich zuckte mit den Achseln. „Bestimmt. Aber was machen wir mit deinem Wagen?" „Den lassen wir hier erst mal stehen." „Okay aber wir können die nicht einfach hier lassen, während wir nach einem Uber suchen. Was ist wenn die vorher wach werden?" „Hmm.. guter Einwand" „und es ist heller Tag. Da fällt das total auf, wenn du zwei Leute in einen Kofferraum wirfst.." „Ach was, hier auf dem Hinterhof ist doch gar keiner und hier sind auch keine Kameras.." Ich sah ihn zweifelnd an „Sag mal, die müssen doch mit irgendwas gekommen sein..", sagte dann Aiden. „Vermutlich" er nickte. „Ich bin gleich zurück!", sagte er und rannte los. Ängstlich wandte ich mich den beiden bewusstlosen Entführern zu. Was hatte sich Aiden dabei gedacht, mich jetzt mit denen alleine zu lassen? Aber keine Minute später stand Aiden schon wieder vor mir. „Ich habe den Wagen. Ein Mietwagen. Wolfsnasen sind sensibel..", sagte er und grinste. „Ist gleich hier vorne geparkt in der Einfahrt gut verdeckt, so dass keine Kamera ihn sieht."
Nachdem Aiden die beiden stöhnend in den Kofferraum gequetscht hatte fuhren wir los. „Wohin?", fragte ich „an den Hafen."

Kalte KellerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt