Mehr als nur Freundschaft? | 12

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Sebastian erwiderte den Kuss. Mit seiner Hand auf meiner Wange und seinen Lippen auf meinen küsste er mich noch intensiver. So doll, wie mein Herz geschlagen hat, hätte man es in diesem stillen Wald hören müssen. Nach circa einer Minute löster er sich von mir und schenkte mir ein Lächeln.

"Ich gehe jetzt duschen.", meinte er und schickte mich aus dem Badezimmer. Kann ich nicht mit dir zusammen duschen? Wir haben uns sowieso schon mehr oder weniger nackt gesehen. Ich beobachtete das Eichhörnchen durch das Fenster und konnte immer noch nicht realisieren, dass wir uns vor einigen Minuten geküsst haben. Im April konnte ich nur davon träumen und heute ist es zur Realität geworden. Hoffentlich wache ich nicht auf und merke, dass das alles hier doch nur ein Traum ist. 

Frisch geduscht kam er, nur mit einem Badetuch um seine Hüfte gewickelt, aus der Dusche. Ein Wassertropfen fiel von seiner Haarsträhne auf den Boden. Sexy.

"Wie lange hast du noch vor zu bleiben?", er suchte sich aus dem Schrank etwas zum Anziehen. Nerve ich ihn? Bestimmt will er, dass ich gehe. Er klang so genervt.

"Ich kann gleich gehen, wenn du das willst.", meinte ich. War der Kuss nur ein Fehler? Bitte sag, du willst nicht, dass ich gehe. Niemals.

"Wie du willst. Du kannst sonst auch bleiben." Wie ich will? Es ist doch klar, dass ich bleiben will. Für ihn sollte das eigentlich auch klar sein. 

"Ich will nicht hierbleiben, wenn ich dich nerve.", sein Handtuch rutschte auf den Boden, als er frische Kleidung anzog.

"Ich hab dich gerne hier.", seine Stimme war monoton. Hab ich etwas falsch gemacht? Ausnahmsweise hörte ich auf mein Herz, statt auf meinen Kopf und blieb bei ihm. Da es schon Abend war, kochte Sebastian für uns beide Nudeln und ich sah ihm zu beim Kochen. Ein ganzer Schrank voller Wein befand sich in der Küche, deshalb beschlossen wir zu dem Essen ein -oder auch mehrere- Gläser Wein zu trinken. Das war einer der besten Weißweine, den ich je getrunken habe. Wenn ich ne Menge Geld hätte, würde ich mir wahrscheinlich auch den teuersten Wein kaufen.

"Bist du eigentlich gläubig?", mein Blick fiel wieder auf das Kreuz, nachdem wir fertig gegessen haben.

"Ich glaube schon an einen Gott, aber nicht an das, was in der Bibel steht oder was die Menschen hineininterpretieren.", gab er zu und stützte sein Gesicht auf seinen Händen ab. "Und du?"

"Ich weiß es nicht, wenn ich ehrlich sein darf. Der Buddhismus interessiert mich schon, aber ich glaube nicht wirklich daran. Ich würde aber auch nicht behaupten, dass ich Atheist bin, weil ich glaube schon an etwas.", meine Hand griff zu der Weinflasche und ich füllte mit dem edlen Wasser mein Glas voll.

"Und an was?", fragte Shawty.

"Ich bin nicht in dem Sinne gläubig, dass ich an etwas Höheres glaube, wie einen Gott. Ich denke alles ist einfach so, wie wir es sehen. Wir Menschen interpretieren viel zu viel in das Leben hinein, indem wir denken, es gäbe mehr, als das, was uns bewusst ist. Ich glaube einfach nur daran, dass wir hier sind, um Erlebnisse zu sammeln und, um Menschen zu lieben.", sein Blick wich keine Sekunde von meinen Augen während ich redete.

"Okay, das ist auch eine interessante Vorstellung.", wie respektvoll er mit mir redet, war ich nicht gewohnt. "Mir gefällt einfach nur die Idee, dass es eine Hölle gibt und jeder das bekommt, was er verdient. Ich meine keine Hölle für Sünder, wie es in der Bibel steht, sondern eine Hölle für Mörder.", ich fand es irgendwie anziehend mit ihm über solche Dinge zu sprechen.

Wir unterhielten uns über dieses Thema bestimmt eine Stunde und drei Weinflaschen später waren wir auch schon betrunken. Das war nicht gut. Wirklich überhaupt nicht gut. Mein Betrunkenes-Ich erzählt viel zu viel private Geschichten. Mein Betrunkenes-Ich ist viel zu ehrlich.

TALK DIRTY TO ME | Sebastian Kurz FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt