Durcheinander | 20

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Ich sah mir die Bilder an, doch fasste keinen einzigen Brief an. Ich hatte das Gefühl, ich sollte diese nicht lesen. Schließlich waren sie nur für Sebastian bestimmt und irgendwie würde ich dann seine Privatsphäre verletzen und etwas lesen, was mich eigentlich gar nichts angeht.

„Wir sollten ein Feuer machen.", schlug er vor und holte selbstsicher das Holz, welches neben der Hütte gestapelt war. Mit einem Streichholz und etwas Zeitungspapier gelang es Shawty ein Feuer zu entfachen. Während ich meine Hände in der Nähe des Feuers wärmte, bestaunte ich sein Talent, so ein riesiges Feuer entzünden zu können. Ich schaffe ich nicht einmal, ein Kleines für Marshmallows zu entzünden.
„Bist du dir sicher?", fragte ich. In seinen Augen spiegelten sich die Flammen.
„Ich muss es machen. Ich muss loslassen.", er hebte aus der Kiste ein Bild von ihm und Sina.

„Du schaffst das.", ich greifte nach seiner freien Hand und drückte diese. Mit seinen glasigen Augen blickte er zu mir. Er muss sie wirklich sehr geliebt haben. Wenn jemand schon einmal so geliebt hat, ist es für diese Person überhaupt noch möglich, für jemanden Anderen Liebe zu verspüren? Gibt es nicht so etwas, wie Reserven für Liebe? Und irgendwann sind diese Reserven eben aufgebraucht und man hat gerade noch so viel übrig, um sich selbst zu lieben. Ich hoffte, meine Theorie würde nicht stimmen. Ich wünschte mir über alles, er würde mich gerade deswegen noch viel mehr lieben können.

„Tut mir unglaublich Leid für alles, Sina.", flüsterte er in das knacken der Hölzer und warf das Bild in die Glut. Schon nach wenigen Sekunden wurde das Bild zu Asche. Während er zusah, wie die Flammen das Foto in ihren Bann zogen, rollte eine Träne seine Wange runter.

„Ich bin stolz auf dich. Ich kann mir vorstellen, dass dich das unglaublich viel Kraft kostet.", meine Hand lag nun auf seiner Schulter. Mit seiner Hand, in der sich vor einigen Minuten das Bild befand, wischte er seine Träne weg.

„Hilft du mir?", fragte er mit dem Blick auf der Kartonschachtel.

„Ich denke, du musst da jetzt alleine durch." Es würde sich einfach falsch anfühlen, wenn ich ihm helfen würde. Es waren schließlich seine Erinnerungen mit seiner Frau und ich hatte eigentlich nichts damit zum tun. Ich wollte nicht Briefe einer fremden Frau verbrennen. Daraufhin nahm er die Box und warf sie entschlossen in das Feuer. Eine mege Rauch stieg in den Nachhimmel zu den Sternen auf. Er vergoss keine Träne mehr. Diese Frau existierte nun nur noch in seinen Erinnerungen. Nichts bewies mehr, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit hatten.

„Brauchst du eine Umarmung?", fragte ich. Mit einem Nicken beantwortete er meine Frage. Darafhin nahm ich ihn in den Arm. Es gab nur noch uns zwei und diese Hütte im Wald. Mit seinen Händen umklammerte er mich fester, als hätte er Angst, ich würde mit dem Rauch davon schweben. Ich werde aber nicht diejenige sein, die ihn jemals verlassen wird. Ob er es sein wird? -Keine Ahnung-

„Bist du jetzt bereit für unser Gespräch?", murmelte ich in die Umarmung.
„Ja.", meinte er und ließ mich los.

„Kannst du mir bitte ehrlich antworten, ob du bei unserem Kuss etwas empfunden hast?", nervös spielte ich mit meinen Haaren.

„Ich habe mich in dich verliebt, Mia." Ein Stein fiel mir vom Herzen. Erleichtert atmete ich aus.

„Ich habe mich auch in dich verliebt.", gab ich zu.

„Ich weiß aber nicht, ob ich dir das bieten kann, was du brauchst und willst. Ich weiß nicht, ob ich noch einmal dazu in der Lage bin, jemanden zu lieben.", er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel.

„Das ist okay. Du musst jetzt sofort nichts erzwingen. Schauen wir einfach weiter. Wenn es nicht funktioniert, ist es schade. Wenn es aber funktioniert, würdest du mich zu dem glücklichsten Menschen der Welt machen!"

TALK DIRTY TO ME | Sebastian Kurz FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt