Ich hasste Krankenhäuser.
Ich war zu oft in welchen gewesen. Viel zu oft. Ich erinnerte mich zu gut an jeden einzelnen Aufenthalt und nie waren gute Dinge passiert. Nie.
Meine Mutter war an Krebs erkrankt und gestorben als klein war. Ich war so oft bei ihr in der Klinik gewesen, dass ich jeden Pfleger gekannt hatte.
Mein bester Freund hatte mit sechzehn einen kurzfristigen Aussetzer seines Denkzentrums gehabt und einen Zwischenfall mit einer Menge Diazepam und einem Rasiermesser provoziert... Allein beim Gedanken daran bekam ich heute noch manchmal noch leicht die Krise und den Wunsch ihm kräftig...
Schwamm drüber.
Das war ewig her.Ich selbst hatte ebenfalls eine so dicke Krankenakte, dass man damit jemanden erschlagen konnte. Danke, Sandkorn. Ich war Epilepsiepatient, aber seit einigen Jahren anfallsfrei – ein dickes Plus auf der Habenseite; wenn man von diesem Unfall vor einigen Jahren absah, der meinen Körper in eine einzige Baustelle verwandelt hatte. Dauergast in Rehazentren, juhu.
Ich hasste Krankenhäuser. Ich war wirklich viel zu oft in welchen gewesen. Die Gründe, die wirklich guten Gründe in Krankenhäuser zu gehen, beschränkten sich meines Erachtens auf Geburten. Und auch da ging manchmal etwas schief.
Dass ich jetzt auf dem Weg in die Uniklinik Gießen war, war etwas Gutes. Glaubte ich. Ich hatte ein bisschen gebraucht um Nicks Worte heute Morgen zu verarbeiten. Sie haben sie. Es war nicht so wirklich bei mir angekommen, was das wirklich bedeutete. Dass Pi frei sein sollte.
Ich hatte den ganzen Vormittag vollkommen neben mir gestanden. Meine beiden Kundentermine hatte ich irgendwie hinter mich gebracht, aber beide Kunden hatten gemerkt, dass ich nicht voll bei der Sache war. Der zweite Kunde hatte sogar gefragt, ob wir einen neuen Termin ausmachen sollten.
Ich war nochmal in meine Wohnung gefahren und hatte versucht Sarah zu erreichen, aber sie war nicht ans Telefon gegangen. Scheiß Zeitverschiebung. Ich hasste ihren Job. Wirklich. Ich hasste diesen Job. Manchmal wünschte ich mir, dass das alles ein bisschen einfacher wäre, aber... so war es eben. Sie hatte sich dafür entschieden, erstmal weiter dieses blöde Musical zu machen in New York, dann musste ich da durch. Wir bekamen das hin. Ich bekam das hin. Für sie bekam ich das hin.
Unabhängig davon war das tatsächlich gerade zweitrangig. So schwer es mir fiel: Sarah war wirklich gerade zweitrangig. Ich parkte auf dem Klinikparkplatz und versuchte mich zu orientieren. Nick hatte mir die Adresse geschickt. Dank Google Maps versuchte ich mir einen Überblick zu verschaffen und lief los. Tatsächlich war der Weg aber auch einigermaßen gut ausgeschildert und ich fand mich schnell zurecht.
Ich hasste Krankenhäuser, aber ich hatte Erfahrung, und im Grunde genommen waren Krankenhäuser alle gleich. Kennst du drei, kennst du alle.
Ich fuhr mit dem Aufzug auf die Station, die Nick mir geschickt hatte, und lief den Flur hinunter. Suchen musste ich ihn auf alle Fälle nicht. Er saß direkt vor den Fahrstühlen auf einer Sitzgruppe voller Plastikstühle, den Kopf gegen die Wand gelehnt und döste.
„Hey."
Er zuckte zusammen und riss die Augen auf. „Was?!"
„Doch geschlafen, was?"
„Was? Nein, nur kurz..."Ich lachte leise und setzte mich neben ihn. „Man, siehst du scheiße aus..."
Nick stöhnte leise. „Hallo Jan. Nett dich zu sehen. Du bist ja heute charmant."
„Das bin ich immer. Frag Maica."
Er seufzte leise. Zu früh für Witze. Offensichtlich.
Ich schwieg einen Moment. „Warum bist du nicht bei ihr? Schläft sie?"
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The Distance between us
Romance„Pi?!" Ich stürmte in die Wohnung - aber sie war leer. Das Einzige, was ich fand, war ihr Handy auf dem Boden im Flur und daneben auf dem Teppich ein verkrusteter, verdreckter Klumpen. Mein Verstand setzte aus. In meinem Ohr war nur noch ein lautes...