Anfang November vor drei Jahren
Hänsel und Gretel
Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald.
Es war so finster und auch so bitter kalt.
Sie kamen an ein Häuschen von Pfefferkuchen fein.
Wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein?Hu, hu, da schaut eine alte Hexe raus!
Lockte die Kinder ins Pfefferkuchenhaus.
Sie stellte sich gar freundlich, o Hänsel, welche Not!
Ihn wollt' sie braten im Ofen braun wie Brot.Doch als die Hexe zum Ofen schaut hinein,
ward sie gestoßen von unserm Gretelein.
Die Hexe musste braten, die Kinder geh'n nach Haus.
Nun ist das Märchen von Hans und Gretel aus.Bukowski bläst in die Trillerpfeife. „Tempo!"
Ich keuche. Ich hasse das. Ich hasse laufen und joggen und Sport im Allgemeinen. Erst recht im Pulk. Unser Sportlehrer deutet in den Wald und gestikuliert mit seiner Trillerpfeife. Die Hälfte aus dem Kurs trabt murrend los, die andere Hälfte - zu der ich gehöre - versucht sich zu drücken. „Auf geht's die Damen und Herren! Das ist alles Teil Ihrer Note!"
Ich sehe kurz zu Moritz, der bereits am Waldrand ist. Er wartet nicht, sondern läuft mit den anderen Sportkanonen stur geradeaus. Toll. Seit der Halloweenparty ist er irgendwie schräg drauf. Ich hab keine Ahnung, was da passiert ist. Ich habe immer noch einen Filmriss. Ich habe sogar von Söder gefragt, aber der hat nur gelacht. War mir klar, dass der keine Hilfe ist.
Bukowski steht neben mir und setzt an, in die Pfeife zu trällern, damit ich mich endlich in Bewegung setze und ich tue es mit einem unterdrückten Augenrollen.
Wie sehr ich joggen verabscheue...
Ich laufe also los und nur Lena und Tami sind noch langsamer als ich. Es ist nicht so, dass ich keine Kondition habe. Die habe ich. Es macht mir nur einfach keinen Spaß. Wenn ich wenigstens Musik im Ohr hätte. Also laufe ich. Konzentriere mich auf den Waldweg, auf meinen Atem und blende das Gekeuche meiner Mitschüler aus. Ich überhole erst Miri und Saskia, dann Pia, Christin und Matthias, bevor ich zu Lütti aufschließe. Er stöhnt leise. „Ich hasse den Bukowski", sagt er, als er mich erkennt.
Ich lache leise. „Da sagst du was." Ich laufe weiter, ziehe das Tempo ein wenig an, weil meine Muskeln warm sind. Von hinten sehe ich Janas dunkle Locken wippen und schließe zu ihr auf. Ich muss ziemlich Gas geben, um sie einzuholen und sie denkt gar nicht dran, das Tempo zu drosseln. Ich bekomme Seitenstechen. Die Jungs vorne hole ich nicht mehr ein, die werden uns irgendwann überrunden.
Jana sieht zu mir und zieht eine Augenbraue hoch. „Außer Puste?", fragt sie. Sie klingt distanziert. Wie Mo ist sie seit ein paar Tagen so ätzend drauf. Ich hab keine Ahnung, was ich ihr getan habe.
„Hab ich was falsch gemacht?", frage ich und sie läuft deutlich schneller. Antworten tut sie nicht. „Hey! Jana!" Damit zieht sie das Tempo noch etwas an und lässt mich stehen.
Mir ist das Gelaufe zu doof geworden. Ich täusche einen umgeknickten Knöchel vor und gehe. Die anderen überholen mich. Chris bietet an mit mir zu gehen, aber das ist nicht nötig. Er hat die gute Note in Sport nötiger als ich. Ich kann das durch die extra Erfolge im Reitsport ausgleichen. Frauke, Anna und Jule bleiben auch stehen und fragen, ob alles in Ordnung ist. Ist es. Ich gehe langsam weiter. Scheißtag.
Ich frage mich wirklich, was mit Jana los ist. Seit zwei, drei Tagen ist sie wirklich noch seltsamer als sonst. Sie fummelt auch kaum noch an Mo herum. Und wenn... ist sie pissig. Sie hat echt ganz komische Laune. Sehr sprunghaft. Entweder ist sie super gut gelaunt oder sie ist megaschlecht drauf. Es ist richtig anstrengend mit ihr.
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The Distance between us
Storie d'amore„Pi?!" Ich stürmte in die Wohnung - aber sie war leer. Das Einzige, was ich fand, war ihr Handy auf dem Boden im Flur und daneben auf dem Teppich ein verkrusteter, verdreckter Klumpen. Mein Verstand setzte aus. In meinem Ohr war nur noch ein lautes...