Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Nick hatte zwischen den Jahren wegen des Umzugs Resturlaub genommen und wir hatten Zeit, die Wohnung in Ruhe fertig zu machen. Schlüsselübergabe war zwei Tage nach Weihnachten und wir fuhren direkt die ersten Umzugskartons in die neue Wohnung. Am 29. Dezember kamen die Küchenbauer und wir pendelten gemeinsam mit Tom und Julius zwischen Ladenburg und Heidelberg hin und her, und machten die ersten Schönheitsoperationen.
Die Jungs zeigten sich nachhaltig beeindruckt, als ich auf eine Leiter stieg, und ohne mit den Wimpern zu zucken, alleine und ohne Hilfe, alle Lampen im Wohnzimmer montierte. Sie starrten mich dabei unverhohlen an und hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit den drei Affen.
„Alter...", sagte Tom und schlug Nick auf die Schulter. „Ich weiß, es ist eventuell etwas voreilig, aber heirate die Frau!" Er betätigte mit großen Augen den Lichtschalter. „Sie kann Licht machen. Sie ist eine Göttin!"
Nick lachte dunkel und sah zu mir hinüber. Er war von den Dreien der am wenigsten beeindruckte, allerdings hatten wir in den Tagen zuvor auch schon genug mit dem Akkuschrauber rumhantiert, dass er wusste, dass ich bohren von schrauben unterscheiden konnte und wusste, was eine Wasserwaage war.
Ich hatte es mir auf der Leiter bequem gemacht und schüttelte belustigt den Kopf.
„Sie hängt nur Lampen auf, Tommy..."
„Deine Schwester bedient noch nicht mal einen Hammer!"
Nicks Lachen wurde zu einem Glucksen. „Oh, mein Freund. Dann hat Becky dich ganz schön um den Finger gewickelt. Meine Schwester bedient sogar die Schlagbohrmaschine, seit sie dreizehn ist, im Schlaf. Die verarscht dich nur."
Tom sah ihn nach Luft schnappend an. „Aber-"
„Gut, bei Elektrik bin ich mir unsicher, ob Becks das kann..." Er zwinkerte mir zu. „Aber ich geb dir recht... das Exemplar auf der Leiter ist schon gelungen."
„Ihr wisst schon, dass das sexistisch ist?" Ich stieg von der Leiter und klopfte mir die Hände an meiner Jeans ab. „Auch Frauen können erstens mit Werkzeug umgehen und zweitens bin ich kein gelungenes Exemplar."
Julius lachte. „Ha! Ich wusste schon, warum ich damals freiwillig den Rückzug angetreten habe!"
„Du hast gar nichts!" Ich grinste ihn breit an. „Du bist abgeblitzt, Schätzelein, verdreh hier mal nicht die Tatsachen im Abgang." Ich warf ihm einen Flugkuss und hätte mir früher jetzt vermutlich ein Bier aufgemacht, griff aber nach der Flasche Cola auf der Fensterbank. „So, sind die drei Damen von der Tankstelle jetzt wieder klar im Kopf? Die Fenster müssten geputzt werden." Ich wedelte mit der Hand und grinste.
„Du hast dir einen Feldwebel geangelt..." Tom rollte dramatisch die Augen.
Nick zuckte mit den Schultern, schlang mir einen Arm um die Schultern und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe. „Einen göttlichen Feldwebel, der Lampen aufhängen kann."
Am nächsten Tag zogen wir dann wirklich um. Mit Möbeln und so. Ich hatte nur leichtes Gepäck die meisten Sachen ließ ich in der WG zurück. Die Wohnung gehörte ohnehin meinen Eltern, und Ida hatte schon aus ihrem Semester eine neue Untermieterin. Das ganze hatten wir unter der Hand gemacht.
Ich fand, meine Eltern ging das gar nichts an, wo ich wohnte oder nicht. Schon gar nicht, nach diesem Telefonat an Weihnachten. Seitdem war ich mir noch sicherer über meine Entscheidung, mit Nick zusammenzuziehen. Dass meine Mutter einfach aufgelegt hatte, hatte mich unwahrscheinlich verletzt und mittlerweile war ich soweit, das alles einfach abzuhaken. Ich kam schon irgendwie ohne sie zu recht. Zumindest solange, wie sie mir nicht den Geldhahn zudrehten. Den Dauerauftrag auf mein Konto hatten sie noch nicht eingefroren, aber auch damit rechnete ich eigentlich jeden Tag. Ich war schon dazu über gegangen, die Stellenanzeigen durchzugehen, aber abgesehen von Kellnerjobs in Bars war noch nichts dabei gewesen. Und das würde ich erstmal nicht annehmen. Aus offensichtlichen Gründen.
Nick setzte mich nicht unter Druck. Im Gegenteil. Er war der festen, ganz optimistischen Überzeugung, dass sich alles irgendwie fügen würde. Wie dieser Umzug. Wie seine Bewerbung vielleicht. Wie die Sache mit uns.
Es wurde alles von Tag zu Tag einfacher.
Die Last der letzten Monate bröckelte von unseren Schultern ab und fiel in die Kluft, die sich zwischen uns aufgetan hatte. Und je mehr Zeit wir miteinander verbachten, umso kleiner wurde sie.
Als wir am Abend des Umzugs die Tür hinter den letzten Umzugshelfern schlossen und dann alleine zwischen unseren letzten Umzugskisten auf die Couch fielen, hatte ich das Gefühl, dass alles gut war. Dass irgendwann zwischen Weihnachten und heute alles repariert worden war, was kaputt gewesen war in mir und zwischen uns. Vielleicht war es die neue, helle Wohnung, die großen Fenster, die Dachterrasse Richtung Neckar oder die nagelneue Küche, auf deren Kücheninsel Nicks Vollautomat stand und mir morgens frischen Kaffee versprach. Oder die Tatsache, dass ich einfach nur auf seiner Brust lag und nach den letzten langen Tagen kein Bedürfnis nach Sex hatte, sondern einfach nach seiner Nähe. Vielleicht war es auch das Gefühl, das ich in der Silvesternacht hatte, als er mich um Mitternacht bei Julius in der WG küsste und mir leise zu raunte, dass er mich liebte.
Ich war angekommen.
Ich war wirklich zuhause.
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Hab ihr Weihnachten alle gut überstanden?
So, beim nächsten Teil geht's dann endlich ab nach Casterlystein :) Ich freue mich schon *muahaha* Und dann sind wir im Endspurt ... Krass, eigentlich, dann ist es fast schon irgendwann vorbei.
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The Distance between us
Romance„Pi?!" Ich stürmte in die Wohnung - aber sie war leer. Das Einzige, was ich fand, war ihr Handy auf dem Boden im Flur und daneben auf dem Teppich ein verkrusteter, verdreckter Klumpen. Mein Verstand setzte aus. In meinem Ohr war nur noch ein lautes...