Mistelzweig: 29 ~ Pi

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Als er zurückkam, trug er das unweihnachtlichste Outfit überhaupt: graue Jogginghose und ein schlichtes, weißes T-Shirt. Aber das war total egal. Es ging nicht darum. Ich hatte einen tollen Abend mit Jan und Theo gehabt – mit fantastischem Sushi und einer lustigen Videokonferenz mit Sarah in New York.

Trotzdem waren meine Gedanken die ganze Zeit bei Nick gewesen. Vielleicht hätte ich mich nicht so anstellen sollen und einfach mit zu seiner Familie fahren. Ich hatte ihn den ganzen Abend über vermisst. Auf eine gute Art. Nicht, weil ich eine Klette war, sondern einfach weil Weihnachten war und...

Nick rutschte zu mir auf die Couch und schmunzelte. Seine Augen strahlten und mein Magen zog sich so sehr zusammen, dass ich mich arg zusammenreißen musste, um mich nicht direkt auf ihn zu werfen. Er hatte Recht damit, dass mein blöder Stolz mich zurückhielt, weil er sich in den letzten zwei Wochen wirklich redlich darum bemüht hatte, diese 7,5 in eine 10 zu verwandeln.

Ich spürte, wie ich knallrot wurde.

„Du hast dir ganz schön viel Mühe gegeben...", sagte er schließlich und sah sich noch einmal anerkennend um.

Ich zuckte mit den Schultern. „Danke... Es hat Spaß gemacht." Das hatte es wirklich. Ich hatte schon vor ein paar Tagen angefangen, die Lichterketten in meinem WG-Zimmer abzumontieren und heimlich herzubringen, wenn er arbeiten war. Jan hatte ich gebeten, im Keller zu schauen, ob er noch alte, grüne Paradedecken von Turnieren hatte, damit ich den provisorischen Baum auch abhängen konnte. Die hatte er mir vorhin mitgegeben. Ich hatte also nur stapeln und abhängen müssen. Aber als er dann schon so früh zurückgekommen war, das hatte meinen tollen Plan dann ein bisschen kaputt gemacht. „Vor allem freut es mich, dass es dir gefällt."

Nick schüttelte den Kopf. „Es ist..." Dann griff er hinter sich und zog ein Päckchen hervor. „Zum Glück bin ich nicht ganz naiv an dieses Weihnachtsding heran gegangen... Frohe Weihnachten, Sophie..."

Ich starrte auf das Geschenk und mein Herzschlag beschleunigte sich. Das Päckchen war etwa so groß wie seine flache Hand, kreisrund und etwa daumendick.

Nick musterte mich entspannt. „Mach auf." Er schmunzelte. „Es beißt nicht."

„Sicher?"

„Sehr sicher."

Ich holte Luft und löste das dunkelblaue Geschenkpapier. Er hatte die runde Verpackung sehr ordentlich eingeschlagen, das musste ich ihm schon lassen. Sehr akkurat. Als sich das Papier löste, fiel mir eine Karte entgegen.

Make your dreams come true... stand darauf in Nicks Handschrift. Ich sah ihn an. Er grinste verschlagen. Dann sah ich das Geschenk. Es war eine Geschenkbox für ein Autokino. Ich runzelte die Stirn, sah ihn wieder an, sein Grinsen wurde breiter.

„Entschuldige", sagte er. „Aber diese Vorlage neulich war einfach zu gut..."

„Welche Vorl..." Und dann fiel es mir ein. Naja, ich hatte zum Beispiel nie Sex im Kino oder im Auto oder am Strand. Oder auf der Küchenplatte oder auf dem Balkon. Das mit der Küchenplatte hatten wir mittlerweile abgehandelt und auch die Sache mit dem Balkon war erledigt. Es war ziemlich kalt gewesen, aber er hatte das recht schnell umgesetzt. „Du bist so ein..."

„Ja, bitte?" Sein Grinsen wurde jungenhaft süffisant, während Michael Bublé aus dem Lautsprecher Have yourself a merry little christmas sang. Ich liebte den Song.

„So ein toller Freund...", flüsterte ich, beugte mich über ihn und küsste ihn sanft. „Aber ein bisschen faul. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen... tsts."

Ich löste mich von ihm, griff unter die Couch und drückte ihm ebenfalls eine kleine Schachtel in die Hand. „Ich habe auch was für dich."

Nick nahm mir das Geschenk ab. „Nach dem hier noch ein Geschenk?" Er zeigte auf die Überraschung. Er wickelte das Geschenkpapier ab. „Avengers-Papier?", fragte er.

The Distance between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt