Die Beichte: 6 ~ Moritz

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Es war Sonntagnachmittag. Meine Anwältin saß neben mir und machte sich Notizen. Meine Anwältin. Scheiße, ey. Ich hatte das Gefühl im falschen Film zu sitzen. Im völlig falschen Film. Was lief hier nur?

Seitdem die Kommissarin mir diese Beweismitteltüte vorgelegt hatte, hatte ich das Gefühl, dass mein Leben rückwärts bergab gegen eine beschissene Wand knallte. Wieder und wieder. Das konnte nicht wahr sein.

Ich hatte keine Ahnung, wie die an dieses Freundschaftsband gekommen waren. Ohne Zweifel hatte das mal mir gehört. Ich hatte es sofort wieder erkannt. Da war ein Ölfleck am Band, weil ich mit meinem Großvater irgendwann ein altes Motorrad repariert hatte und... Ich hatte es sofort erkannt. Obwohl es verdreckt war. Es war meins. Ohne Zweifel.

Aber ich hatte keine Ahnung, wie die Polizei daran kam. Ich hatte keine Ahnung, wie es in diese Tüte kam. Ich hatte keine Ahnung, wie es angeblich in Pis Wohnung gelangt sein sollte.

Mir war sofort klar gewesen, dass ich in Schwierigkeiten steckte. Irgendwie war es mir klar gewesen. Ich hatte ohne Anwalt nichts mehr sagen wollen. Als ich mit meinem Vater telefoniert hatte, hat den fast der Schlag getroffen. Zu Recht. Ich hätte mir selbst nicht geglaubt, hätte ich mir das erzählt.

Jetzt saß ich hier. Mit meiner Anwältin zum Verhör, weil ich verdächtigt wurde, meine beste Freundin entführt zu haben. Was für ein Schwachsinn.

Kommissarin Bernicke kam in den Raum, warf einen Stapel Akten auf den Tisch und setzte sich uns gegenüber. „Guten Morgen Herr Meier, Frau Stein."

„Schwarz, Anita Schwarz."

„Wie auch immer. Können wir endlich anfangen?" Sie sah auf die Uhr. „Wo waren Sie am vergangenen Dienstag gegen 15 Uhr 30?"

„Zuhause im Wohnheim."
„Allein?"

Nein. Aber das konnte ich nicht sagen. Das durfte ich nicht. Ich hatte es ihr...

Jana war in einer festen Beziehung. Sie war verlobt. Aber nicht glücklich. Das war einer der Gründe, warum sie sich bei mir nach all der Zeit gemeldet hatte. Ihr ging es in der Beziehung nicht gut und... Ich hatte ihr versprochen, niemandem zu verraten, dass wir uns getroffen hatten.

Das Problem war nur, dass Nick bei mir gewesen war. Scheiße. Scheiße, verdammt.

„Ja." Ich schluckte. Ich hatte gerade gelogen. Scheiße, was machte ich denn nur?
„Kann das jemand bezeugen?"

„Ihr Ernst?" Nick. Nick konnte es widerlegen.

Meine Anwältin räusperte sich. Frau Bernicke lachte.

Ich dachte kurz nach. Die Anwältin hatte mit Nick telefoniert und ihm hoffentlich ausgerichtet, dass ich in echten Schwierigkeiten saß. Aber hatte er das verstanden? Und würde er... Würde Nick mir.... ?

Ich durfte Jana da nicht mit reinziehen. Sie hatte es schon schwer genug mit ihrer kaputten Beziehung. Nick würde das verstehen. Häusliche Gewalt war richtig schlimm und... „Ich hatte kurz Besuch von Pis Freund. Nick Gehrig. Das war gegen... keine Ahnung, wann er weg ist. Kurz vor drei oder so. Sie können ihn anrufen, wenn sie wollen."

Das würde alles rauskommen. Scheiße. Nick hatte Jana doch gesehen. Scheiße.... was sollte ich denn.... Scheiße.

Bernicke machte sich einige Notizen. „Das werde ich." Sie lächelte knapp. „Dann kommen wir zu den interessanteren... Fakten. Das Freundschaftsband."

Mir wurde heiß.

„Sie sagten, es sei Ihres?"

Ich nickte. „Ja."

„Aber sie tragen ein ganz identisches."
„Ich habe es verloren. Also das in der Tüte."

„Wann war das?"

„Ich weiß es nicht genau. Vor drei Jahren etwa. Ich erinnere mich nicht an den genauen Tag. Es war einfach irgendwann weg." Ich schluckte. Ich erinnerte mich sehr gut an den genauen Tag. Noch eine Lüge. Ich sollte es ihr einfach sagen. Ich wusste auch nicht, warum ich es nicht tat.

Ich schluckte und dachte an Pi. Ich machte micht meinem Verhalten gerade alles sehr viel schlimmer.

„Und erinnern sie sich, wo sie es verloren haben?"

Ich schüttelte den Kopf. Immerhin das stimmte. „Nein." Das tat ich wirklich nicht. Ich konnte mir wirklich nicht erklären, wo ich dieses Band verloren hatte und wo es wieder aufgetaucht war. Ich stand noch immer total neben mir deswegen.

„Weshalb tragen Sie ein identisches Band am Handgelenk, wenn sie es verloren haben?"

Ich schwieg. Innerlich begann ich zu zittern. Die Erinnerung an Pi nahm plötzlich Überhand und ich fühlte mich hundeelend. „Pi hat mir ihres gegeben, nachdem ich meins verloren hatte..." Ich versaute gerade mein ganzes Leben. Aus der Sache würde ich nicht mehr rauskommen.

„Warum?"
„Weil wir Freunde sind."

Bernicke sah mich durchdringend an. „Freunde."

„Ja. Freunde."

Sie notierte sich etwas und ich war mir sicher, dass sie mir kein Wort glaubte. Sie glaubte mir generell nichts. Ich hatte eine Nacht in U-Haft verbracht. Weil ich unter Verdacht stand, Pi entführt zu haben. Warum hatte ich immer noch nicht verstanden.

„Das vorliegende Beweisstück wurde in der Wohnung von Frau von Frankenthal gefunden, Herr Meier."

Ich starrte die Polizistin entsetzt an. "Was!?"
„Es wurde hinter der Eingangstür gefunden."

Ich starrte die Polizistin an. „In Pis Wohnung?"

Sie gab mir keine Antwort. Das verstand ich nicht. Wie sollte das Band in ihre Wohnung kommen? Statt einer Antwort nahm sie eine der Polizeiakten vom Stapel und zog etwas heraus, das wie ein Laborbericht aussah. „Wissen Sie, was das ist? Eine Substanzanalyse der... ich nenne es mal vorsichtig Ummantelung ihres Freundschaftsbandes. Des Drecks auf gut deutsch." Sie beugte sich vor. „Viel Dreck und Erde. Ein bisschen Gras. DNS auch wurde gefunden - die ist sogar mit Ihrer identisch, wir durften ja netterweise schon einen Abstrich nehmen... - und Blut."

Ich starrte sie an und mir wurde schlecht. Bedeutete das, dass Pi... Oh Gott. Ich spürte, dass mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. „Bl..blut?"

„Sehr besonderes Blut sogar." Sie griff nach einer weiteren Akte und schob diese über den Tisch auf mich zu. Als erstes sah ich das Wappen der Landespolizei von Nordrhein Westfalen in der Ecke und mich beschlich ein furchtbarer Verdacht. „Tierblut", sagte sie. „Da war eine ganze Menge Pferdeblut in dem Dreck. Können Sie sich das erklären?"

Ich starrte die Akte auf dem Tisch an. Mein Blick schoss zu meiner Anwältin. Mein Puls schoss in die Höhe. Scheiße.

Carrie.

Fuck.

Ich sah, wie die Anwältin nach der Akte griff und auch, dass sie irgendetwas sagen musste. Aber ich hörte nichts. Ich hörte nur ein hochfrequentes Fiepen.

Scheiße.

Das konnte doch nicht wahr sein.

Ich hatte mit der ganzen Scheiße nichts, nichts, gar nichts zu tun.


.........

Ich glaube, hüfthoch steht die Scheiße nicht mehr, sondern Unterkante Nasenlinie... Was macht er da nur...?

So, die Hütte bleibt noch zu bis Anfang Mai 🙄 noch mehr Lehrer hier?

The Distance between usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt