Kapitel 27

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„Also was hat Dad zu dir gesagt?", frage ich Jack. Ich lasse ihm noch nicht mal Zeit die Tür von seinem Auto - heute nicht der Lamborghini - zu schließen. Eine Stunde ist es jetzt her und ich will endlich wissen was Dad so wichtiges mit Jack zu besprechen hatte, dass er es nicht uns allen erzählen konnte.

Jacks Lächeln verschwindet und er antwortet erst nachdem er sich angeschnallt und losgefahren ist.

„War nichts ernstes. Übers Spiel letzte Woche."

Will er mich verarschen? „Haha." Ich warte, aber er sagt nichts weiter. „Komm schon! DAS hätte er auch mit uns besprechen können. Dafür hätte er dich nicht extra in einen anderen Raum zitieren müssen."

Er seufzt schwer.

„Bitte sag es mir. Bitte!"

„Ich finde nicht das du das wissen solltest."

„Was?" Meint er das ernst?

„Bitte sei nicht beleidigt, aber ..."

„Ich bin nicht beleidigt. Ich bin sauer!"

„Aber versteh doch. Es war nichts."

Seine 0815 Beruhigungsversuche kann er sich schenken.

„Du musst das nicht allein ausbaden. Ich bin genauso schuld an der Situation wie du, also musst nicht nur du die Vorwürfe ertragen." Ich warte wieder, aber auch diesmal sagt er nichts darauf.

„Du musst das nicht allein tragen. Dafür bin ich doch da."

„Das ist keine Last. Und auch wenn es so wäre, könnte und würde ich es dir nicht auch noch aufbürden."

„Dann willst du es also allein mit dir ausmachen?"

Jack beißt sich auf die Unterlippe und seufzt dann.

„Ach vergiss es." Ich drehe meinen Kopf weg und starre die restliche Fahrt aus dem Fenster. Egal was Dad gesagt hat, es hat Spuren bei Jack hinterlassen, die ihn nachdenklich machen. Er ist so wortkarg wie noch nie und hat mich die ganze Fahrt noch nicht angesehen.

„Könntest du mich an meiner Wohnung raus lassen?"

Jetzt sieht er zu mir, aber ich schaue weiterhin aus dem Fenster. „Du willst nicht noch mit zu mir kommen?"

„Ich lass dir lieber deinen Freiraum. Dann kannst du allein über Dads Worte nachdenken", meine Stimme klingt scharf, aber von dem was er mir gesagt hat, schließe ich darauf, dass er genau das will.

„Bist du etwa immer noch sauer? Mensch Ella! Ich muss dir nicht alles erzählen."

„Nein musst du nicht. Wäre aber schön. Ich bin ein Teil deines Lebens und du einer in meinem. Und das was Dad gesagt hat, betrifft mich auch. Das weiß ich. Das du mir absolut gar nichts erzählen willst, zeigt das mehr als deutlich. Ich hoffe nur für dich, dass du nichts über mich und erst recht nicht über meinen Kopf hinweg entscheidest. Du bist vielleicht ein Teil meines Lebens, aber es gehört mir. Und ich lasse mir nicht sagen, was ich tun oder lassen soll. Schon gar nicht wenn ich den Grund dafür nicht einmal weiß."

„Ich will doch nichts über dich entscheiden! Natürlich ist es dein Leben."

Ich unterbreche ihn, denn ich weiß das er keinen Schimmer hat, worauf ich hinaus will. „Dad hat dir Vorwürfe gemacht, oder? Und du wirst ihm wohl beweisen wollen und müssen, dass er damit falsch liegt. Egal ob es nur um Treue oder die Öffentlichkeit oder um sonst irgendeinen Scheiß geht. Aber alles was du jetzt machst, um es ihm zu beweisen, wird mich verletzen, denn ich habe keine Ahnung von allem. Weil du mich nicht einweihst." Diese kleine Spitze konnte ich mir gerade nicht verkneifen.

Er parkt am Straßenrand. Über uns liegt meine Wohnung. Ich sehe ihn an. Er starrt auf die Straße. Offenbar will er nichts weiter dazu sagen. Super.

„Ich hoffe das ist dir klar und das es das am Ende wert ist." Mit diesen Worten steige ich aus und schlage die Tür hinter mir zu. Jack schließt die Augen und es tut weh in verletzt zu sehen. Es tut weh dafür verantwortlich zu sein. Trotzdem ignoriere ich den Stich in meiner Brust und gehe auf meine Wohnung zu. Jack fährt davon, als ich die Haustür aufmache.

Plötzlich fühle ich mich allein und die Wut verwandelt sich in Trauer. Danke Dad.

Auf dem Weg nach oben schreibe ich Allie. Ich brauche jetzt dringend eine Freundin.

Zehn Minuten später ist sie da und nimmt mich in den Arm.

„Was ist passiert?"

Ich erzähle ihr die Geschichte von anfang an und lasse nichts aus. Als ich fertig bin, bringt sie mir ein Glas Wein mit aus der Küche und setzt sich neben mich auf die Couch. Ich ziehe die Beine an, um ihr mehr Platz zu machen.

„Ich weiß ja, dass ich hart war im Auto und das ich ihn verletzt habe. Aber ich kenne Dad."

„Glaub mir ich erinnere mich auch noch gut."

„Er hat Zack zu einem solchen Gespräch gebeten und zwei Tage danach hat er mit mir Schluss gemacht."

„Wir haben danach Detektiv gespielt."

„Wäre schön wieder in der achten Klasse zu sein, wo soetwas noch funktioniert", seufze ich.

„Und eine geheime Beziehung die ihr weiterführt klappt diesmal auch nicht."

„Das hört sich schlimm an. Dad ist ja nicht so schlimm. Er..."

„... hat nur einen seltsamen Männergeschmack für dich. Ich weiß."

„Außer Dirk hat ihm niemand gefallen."

Allie lacht auf. „Dirk! Denn hatte ich schon fast wieder vergessen."

„Tja er war ja auch langweilig", gebe ich zu.

„Langsam erkennt man ein Muster. Findest du nicht? Alle Sportler verscheut dein Dad, aber kommt mal ein langweiliger Mann, der absolut nichts mit Sport zu tun hat, ist er zufrieden."

Das bringt mich zum lachen und Allie fällt mit ein. Ja Dirk hat wirklich nichts mit Sport am Hut. Es tut gut zu lachen und ich bin so froh, dass auch Allie wieder lacht. Irgendetwas hat sich verändert. Ich hinterfrage es nicht, aber ich bin dankbar dafür. Wenn sie bereit dazu ist, wird sie es mir erzählen. So war es immer schon.

Allie stößt mit mir an und wir trinken. Ich mag Wein oder Alkohol generell nicht wirklich. Sie auch nicht, aber Wein war schon immer die große Ausnahme. Und langsam haben wir auch gute gefunden, die sogar mir schmecken.

„Das war dein erster Streit mit Jack, oder?"

Ich nicke. „Und ich hasse es."

„Meinst du deine Ansage wird Wirkung zeigen?"

Ich habe keine Ahnung. Allie sieht mich traurig an.

„Denkst du wirklich, dass Jack irgendeinen Scheiß macht und dich damit verletzt?"

„Ich weiß nur, dass Dad etwas ernsteres als nur die alte Leier ala nicht fremd gehen und halte mein Mädchen aus der Öffentlichkeit heraus, gebracht hat. Das hätte er mir ohne Probleme erzählen können."

„Ich wüsste zu gern was das war."

„Ich eben auch." Seufzend gebe ich zu: „Ich habe Angst, Allie. Das mit Jack ist mehr. Es fühlt sich so rießig an und toll und wunderschön und ..."

„Er ist einer, oder? Einer mit dem man sich sofort vorstellen kann das es für immer hält. Einer der das Herz so hoch schlagen lässt, dass man ihn auf ein Podest hebt, weil er sogar aus all den Partnern, die man von ganzem Herzen geliebt hat, heraus sticht."

Allie glaubt nicht, dass es nur einen Mann fürs Leben gibt, aber an die wahre Liebe. Und sie hat Recht. Ich habe keine Ahnung, ob es noch so einen Mann gibt, aber Jack ist definitiv einer davon.

Ich nicke. „Es würde mich zerreißen, wenn er geht." Das und alle Befürchtungen, die Jack durch sein Schweigen nicht ausgeräumt hat, kommen auf einmal und überwältigen mich. Und jetzt kommen die Tränen. Ich kann sie nicht mehr zurück halten. Allie rutscht herüber und nimmt mich in den Arm. Ich fühle nichts mehr außer dem Schmerz und meiner Tränen. Ich durchnässe ihr T-Shirt, aber sie hält mich nur noch fester.

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