Footballgirl

Kapitel 33

Ich atme tief durch. Schon seit einer halben Stunde starre ich nur auf das Gebäude hinter dem Trainingsgeländer. Ich muss mit Dad reden, aber ich habe auch Angst davor. Er ist nicht begeistert, aber ich werde für meine Liebe und meine Beziehung kämpfen.
Mein Handy klingelt. Es wird Jack sein. Er kennt mich zu gut. Ihm ist sicher klar, dass ich am liebsten kneifen würde. Ich schreibe ihm kurz zurück und steige dann aus. Ich betrete das Gebäude und bin beeindruckt. Die Decke ist gleichzeitig die Decke des Gebäudes. Man sieht alle Stockwerke und die Treppen. Alles ist sehr offen und modern. Eine Frau lächelt mich hinter einem Art Empfangstresen an.

„Zu wem möchten sie?“

„Zu meinem Dad. Ich habe ihm geschrieben. Rey D...“ Ich komme gar nicht erst dazu seinen vollen Namen zu sagen.

„Ok ist in Ordnung. Gehen sie diese Treppe drei Stockwerke nach oben. Dann den Gang entlang und die Tür neben dem Fenster links ist seine.“

„Vielen Dank.“

Ich mache mich auf den Weg. Jack muntert mich mit seiner neuen Nachricht auf und wünscht mir viel Glück.

Oben angekommen biege ich um die Ecke und sehe Maya mit dem Rücken zu mir stehen. Ihre langen blonden Haare erkenne ich überall. Sie lacht und küsst dann mit dem Mann hinter ihr. Na super. Ich hasse es an knutschenden Pärchen vorbei zu müssen. Es hat sich seit der Schule nichts geändert.

Sie lösen sich wieder, was ich unfreiwillig mitbekomme, und lachen. Moment! Ich könnte schwören... Nein! Nein das ist unmöglich. Unmöglich das das Lachen zu Dad gehört. Vorsichtig hebe ich den Blick und mir fällt alles aus dem Gesicht. Mein Mund klappt auf, aber ich sage nichts. Sehe nur die Szene vor mir. Ich bin schockiert, wütend und völlig fassungslos. Das ist nicht wahr! Das kann nicht wahr sein.

„Dad?“ Meine Stimme ist leise und spiegelt meine Gefühle wieder. Der Mann hinter Maya sieht zu mir. Seine Augen sind geweitet und er wirkt nicht minder schockiert mich zu sehen. Es ist Dad.

Ich klappe den Mund wieder zu. Tränen steigen mir in die Augen. Total bescheuert, denn ich wurde ja nicht gerade betrogen. Es ist nicht Jack der eine zweite Frau neben mir hat. Nein es ist Dad. Aber er geht Mum fremd.

Ich wende mich ab und laufe zur Treppe. Dad ruft nach mir und ich höre seine Schritte. Er rennt. Im Gegensatz zu mir. Ich kann nicht rennen. Dafür bin ich noch viel zu sehr damit beschäftigt das alles zu verstehen.

„Spatz“

„Nenn mich nicht so.“

Er ist bei mir, greift nach meinem Arm und dreht mich um. In seinen Augen liegt Angst. Ich sehe weg. Ich kann das nicht. Ich kann ihm nicht ins Gesicht sehen.

„Komm. Wir müssen reden.“ Ich lache freudlos auf. Ja das müssen wir wohl.
Er zieht mich in den Gang. Will zweifellos zu seinem Büro. Ich reiße mich von ihm los und laufe selbst. Wir kommen an Maya vorbei. Sie lächelt mich an. Ich ignoriere sie und auch das geflüsterte Gespräch zwischen den beiden. Ich will es gar nicht hören.

Dad schließt die Tür. Ich setze mich in einen Stuhl und er in den hinter seinem Schreibtisch. Er hat ein Familienbild von uns auf dem Tisch stehen, aber im Moment finde ich das nur heuchlerisch.

„Es tut mir leid.“

„Was tut dir leid? Was?!? Das du Mum fremd gehst? Das du sie betrügst? Oder doch eher das du meine Beziehung beenden wolltest? Das du den Mann den ich liebe ...“ Ich breche ab und atme tief durch. „Es tut dir leid? Schön für dich, aber das ändert gar nichts. Du hast mich verletzt. Unzählige Male in den letzten Tagen. Aber jetzt hast du ja was du wolltest, oder? Jack kann ein paar Tage, vielleicht auch Wochen nicht spielen und du hast eine tolle, schöne, äußerst junge neue Freundin. Kann ja nicht besser für dich laufen.“

„Ella“

„Komm mir jetzt nicht mit dem tadelnden Ton. ICH habe nichts falsch gemacht. Deswegen willst du nicht, dass ich mit Sportlern zusammen bin. Oder? Denkst du alle gehen fremd in diesem Business? Aber klar, wenn nicht einmal du selbst treu bleiben kannst, wie soll es dann jemand anderes schaffen.“

„Darum geht es nicht.“

„Ach ja? Worum dann? Warum darf ich nicht mit jemandem zusammen sein den ich liebe? Warum musst du immer alle vergraulen? Weißt du eigentlich wie weh du mir in den letzten Jahre damit getan hast? Bis Allie mir sagte, dass du der Grund bist warum mich alle Jungs gleich wieder verlassen, habe ich die Schuld immer bei mir gesucht. Ich dachte ich wäre nicht gut genug.“

„Du bist gut genug! Du bist toll und schön und wundervoll. Aber das hat niemand von ihnen gesehen.“

„Das stimmt nicht. Sie haben mich alle geliebt.“

„Manchmal reicht Liebe nicht.“

„Das ist schwachsinnig Dad. Liebe reicht immer.“

Dad antwortet darauf nichts.

„WAS IST DEIN PROBLEM DAD?“ Es ist mir egal das ich schreie, aber ich brauche endlich eine Antwort und ich halte es in seiner Gegenwart bald nicht mehr aus.

Dad weicht meinem Blick aus und sieht auf den Boden.

„Es geht wirklich darum nicht? Du bist dir sicher das Jack nicht treu sein kann. Und das glaubst du nicht weil du ihn so gut kennst, sondern einfach nur weil er Sportler ist.“

„So läuft das Geschäft hier. Früher oder später würde er dich verletzten.“

„Ach ja dann kannst du unsere wunderschöne Zeit auch gleich beenden. Bringt ja nichts.“ Meine Stimme trift vor Sarkasmus. „Gibt es noch einen Grund oder sind wir hier fertig?“

„Es gibt noch jede Menge anderer Gründe.“

„Ach ja? Beruhen die auch auf deinen eigenen Erfahrungen?“

„Ella es reicht!“

„Verträgst du die Spitzen nicht? Ich dachte das wäre in diesem Business normal. Wie sagtest du noch gleich? Überall lauern Mistkerle, die nur darauf warten das du eine Schwäche zeigst. Weißt du was? Ab heute bin ich fertig. Ich brauche deine Meinung nicht und auch nicht dein Einverständnis. Du wirst wohl oder übel dabei zusehen müssen wie Jack und ich zusammen glücklich werden.“

„Das werde ich nicht.“

„Und was willst du tun? Ihn aus der Mannschaft schmeißen? Mit welcher Begründung? Und selbst wenn, werde ich das nicht zulassen. Wir haben Mittel und Möglichkeiten. Ich wollte bis jetzt eine Medienschlammschlacht ausschließen, aber du bist in meiner Achtung deutlich gesunken. Und wenn du es so willst, dann bitte.“

„Es ist dir wirklich ernst mit ihm.“ Dad hört sich richtig verwundert an.

„Was dachtest du denn? Das ich so ein Groupie-Girl bin und berühmt werden will?“

Sein Blick verrät ihn.

„Das ist nicht dein ernst! Nicht nur das du scheiße von Jack denkst, sondern über mich auch? Ich bin deine Tochter! Du solltest es besser wissen.“

„Du wirst schon sehen. Eines Tages kommt ein neues hübsches Ding und Jack ist schneller weg als du blinzeln kannst. Und dann helfen auch keine Kinder oder eine Ehe, um ihn an dich zu binden.“

„Du denkst also ich bin nicht gut genug? Nicht hübsch genug? Deine Komplimente werden ja immer charmanter. Ich gehe jetzt, bevor ich noch etwas sage was ich vielleicht bereuen werde. Du bist und bleibst mein Vater, aber wenn du mit meiner Entscheidung nicht klar kommst, dann kannst du gleich weg bleiben.“

Ich gehe auf die Tür zu und gebe ihm wieder keine Chance zu antworten, wie eigentlich das ganze Gespräch hindurch.

„Ach ja und du wirst es Mum sagen. Sie hat auch das Recht jemand neues kennen zu lernen. Jemanden der sie wirklich liebt.“

Dann schließe ich die Tür hinter mir ohne Dad noch einmal angesehen zu haben.