Kapitel 42

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Ich wache neben Jack auf. Dieses Privileg hatte ich die letzte knappe Woche jeden Tag und ich muss sagen, es gibt nichts schöneres. Der Ausblick aufs Meer ist vertraut geworden, selbst wenn wir erst seit sechs Tagen hier sind. Morgen Abend fahren wir wieder und ich bin jetzt schon traurig deswegen. Unsere gemeinsame Zeit endet zwar hier, aber zu Hause beginnt sie erst. Ich bin mir sicher das es dort genauso schön wird wie hier.

Ganz sanft winde ich mich aus Jacks Umarmung und steige aus dem Bett. Er schläft glücklicherweiße weiter. Ich mache mich auf zu meinem Lieblingsplatz auf der Terrasse. Eine Decke liegt schon dort und ich vergrabe meine Füße in den Sand, auch wenn der noch ziemlich kalt ist.

Mit dem Blick aufs Meer und der Stille um mich herum, lässt es sich gut nachdenken. Die letzten Tage habe ich es vor mir her geschoben, aber ich kann mir nicht mehr selbst ausweichen. Unser Urlaub kommt mir mehr und mehr wie eine Flucht vor unseren Problemen vor. Es war eine wunderschöne Zeit keine Frage, aber ich denke ich bin davongelaufen. Ich habe den Streit mit Dad hinter mir gelassen, bevor wir ihn klären konnten. Ich bin einfach gegangen und habe Dad, Mum und Pius allein gelassen. Trotzdem kann ich unsere Auszeit auch nicht als schlecht ansehen, denn es war und ist immer noch genau das was ich gebraucht habe, um mit allem fertig zu werden. Aber je länger wir hier sind, desto klarer wird mir eine Sache. Und ich werde diesen Gedanken nicht länger beiseite schieben. Das kann ich nicht immer machen wenn es Probleme gibt. Das darf nicht länger die universale Lösung sein. Manchmal muss ich den Mut aufbringen mich den Dingen zu stellen – so wie jetzt.

Jack und ich haben in den letzten Tagen über die Zukunft geredet, über unsere Zukunft und dabei ist mir eins klar geworden: Dad gehört für mich dazu. Er sollte dabei sein. Wir sind und bleiben eine Familie, egal wie das alles ausgeht. Und deswegen werde ich Dad nicht einfach aus meinem Leben streichen. Er möchte ein Teil von meinem sein, sonst hätte er mir wohl kaum diese SMS am Anfang des Urlaubs geschickt. Und alle seine Taten waren nie dazu ausgelegt mich aus seinem Leben zu streichen. Sie haben mich verletzt, aber ich war und bin immer noch ein Teil seines Lebens. Und das ist auch gut so.

Es ist befreiend mir das alles einzugestehen. Ich fühle mich freier und deutlich leichter. Der Wind nimmt zu und ich wickle mich enger in die Decke. Vielleicht brauchte ich diese Zeit hier, um an diesen Punkt zu kommen. Die letzten Tage waren so unbeschwert und ich war so glücklich! Vielleicht kann ich deswegen anders auf die Dinge sehen. Sie aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Was es auch war, ich bin an dem Punkt an dem ich mir selbst zu hören kann und weiß was ich will.

Wenn ich in mich hinein höre, merke ich das ich ihm noch nicht vollkommen verzeihen kann, doch größten Teils. Und wenn ich es ihm so sage, dann wird vielleicht alles etwas normaler. Wir verhalten uns wieder wie früher, gehen wieder wie früher miteinander um und irgendwann werde ich ihm von ganz allein vergeben haben. Eines Tages werden wir das hier sicherlich vergessen haben und werden froh sein einander zu haben. Und ich weiß mit Sicherheit das dieser Tag kommen wird. Ganz sicher. Und deswegen ist die Frage eigentlich nicht ob ich ihm verzeihe, sondern wann. Ich kann mich noch Tage lang quälen und alles beiseite schieben. Ich würde Dad somit weh tun, oder ich kann das alles hinter mir lassen und diese Unbeschwertheit und Freude mit nach Hause nehmen und dort so leben wie ich es mir wünsche. Denn ich habe alles was ich brauche. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben den ich schon immer erreichen wollte. Ich habe einen Mann an meiner Seite, den ich unfassbar liebe und der mir diese Liebe jeden Tag zurück gibt. Mein Job erfüllt mich, auch wenn es oft anstrengend ist und ich habe eine liebevolle Familie, die hinter mir steht. Sobald ich zu Hause bin, läute ich offiziell einen neuen Lebensabschnitt ein und den will ich nicht mit offenen Problemen beginnen.

Und endlich kann ich Dad zurück schreiben. Mir wird klar, dass ich darauf gewartet habe, dass es sich nicht mehr komisch oder schlecht anfühlt, wenn ich nach meinem Handy greife. Ich sollte diesen Schritt nur tun, wenn ich mir sicher bin und jetzt bin ich das.

Ella: Hey Dad. Übermorgen bin ich wieder zu Hause, dann können wir reden. Schaffen wir die Probleme aus der Welt, ok?

Ich höre Jacks Schritte hinter mir, während ich tippe. Er setzt sich hinter mich und zieht mich zwischen seine Beine. Er föstelt im Wind und ich kuschle mich an ihn. Ich weiß das er in mein Handy sieht und er somit weiß was ich tue. Ich spüre wie er mein Haar küsst und dann aufs Meer hinaus sieht.

„Ich weiß nicht ob ich Rey schon alles vergessen kann.“
„Musst du doch auch nicht. Das braucht Zeit.“
„Du kannst es.“
„Er ist mein Dad und sobald alles wieder einigermaßen normal läuft, fühlt es sich auch so an... denke ich.“
Er nickt. „Am liebsten würde ich nie wieder von hier weg.“
„Geht mir auch so. Aber weißt du was? Wir machen einfach genau so weiter zu Hause. Der Pool ist zwar nicht so groß wie das Meer, aber trotzdem riesig.“
„Du willst mir also sagen das sich nichts ändert?“
Jack reißt mich herum, sodass ich auf der Terrasse liege und er sich über mich beugen kann.
„Ich liebe dich. Daran wird sich nie etwas ändert.“
„Auch wenn uns die Routine verrückt macht?“
„Dann durchbrechen wir die Routine und fahren hier her.“
„Guter Plan.“
Wir küssen uns langsam und süß und ich genieße den Moment. Jack lächelt auf mich herunter als wir uns wieder voneinander lösen. „Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch.“

Mein Handy durchbricht den besonderen Augenblick. Jack wirf ihm ein tödlichen Blick zu.
„Wir ignorieren es einfach“, sage ich sanft und ziehe ihn wieder zu mir. Er brummt zustimmend und küsst mich einfach weiter.

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