Am nächsten Morgen wachte Lina ausgeruht und vor allen anderen auf. Das dachte sie zumindest. Denn schon im nächsten Moment wurde die Tür zu ihrem Zimmer schwungvoll aufgerissen und eine gut gelaunte Johanna trällerte: "Aufstehen Schlafmütze! In einer halben Stunde gibt es Frühstück! Die beste Mahlzeit des Tages!" Und ehe sie sich versah, war Johanna auch schon wieder verschwunden. Lina brauchte ein paar Sekunden, um sich wieder zu sammeln. Dann stand sie aus dem gemütlichen Bett auf und schaute in ihren Schrank. Darin lagen noch ein Paar weiße Sandalen, weiße Socken, Unterwäsche und noch drei weitere der Kleider, die die Ordensschwestern trugen. In der Ecke lag eine weiße Tasche, wie sie die meisten Frauen mit sich herumtrugen. Lina entkleidete sich und wusch sich am Waschtisch. Als nächstes zog sie ein neues Kleid an und nahm sich die Tasche. Diese hatte mehrere Fächer. In das hinterste tat sie die beiden Bücher hinein, die vorher noch auf ihrem Nachttisch gelegen hatten. Dann machte sie sich auf den Weg nach unten. "Da bist du ja endlich! Sind schon alle weg. Außer Teresa. Der geht es nicht so gut. Wird wohl das Alter ein.", meinte Johanna, die vom Sofa aufsprang und zur Tür der Hütte lief. "Würde es dir was ausmachen, wenn du heute Teresas Arbeit übernimmst?", fragte Johanna dann noch, während sie über den fast leeren Hof in Richtung Speisesaal liefen. Lina schüttelte den Kopf. "Gut. Da heute Sonntag ist, musst du Ares opfern. Keine Sorge. Du musst nichts schlachten oder so. Lass dir einfach was einfallen. Essen wird am häufigsten geopfert, aber du kannst auch einen Strauß Blumen pflücken oder was schnitzen oder was weiß ich.", erklärte Johanna. Lina nickte.
Johanna wollte gerade wieder ansetzen etwas zu sagen, da ertönte mit einem Mal der Gong, der zum Essen rief. "Uh, beeilen wir uns. Sonst sind die besten Brötchen schon weg, bevor wir überhaupt da sind.", rief Johanna und zog Lina hinter sich her. Im Saal war schon ein großes Gedränge. Etwa die Hälfte der Frauen war schon da und drängte sich jetzt an die Essensausgabe. In der Menge konnte Lina auch Amelie und Maja erkennen, die nebeneinander standen. Amelie entdeckte Lina und winkte ihr überschwänglich zu, was Maja mit einem Augenverdreher und Kopfschütteln quittierte und Lina dann hilflos ansah. Diese lächelte etwas unbeholfen und winkte unsicher zurück. Zu mehr war auch gar nicht die Zeit, denn schon zog Johanna sie weiter zur Ausgabe. Als die beiden es endlich mit jeweils zwei belegten Broten zu ihrem Tisch geschafft hatten, saß mittlerweile auch schon die eine Hälfte der Frauen. Die andere Hälfte wartete noch auf das Frühstück. Anika saß schon gelangweilt am Tisch und kaute lustlos auf einem ihrer Brötchen herum. "Alles in Ordnung?", fragte Lina, während Johanna und sie sich setzten. "Teresa geht es nicht so gut. Konstanze ist bei ihr, aber es sieht schlecht aus.", murmelte Anika. "Du übernimmst doch das Opfern heute Abend, oder?", wollte sie dann wissen. Verwirrt nickte Lina, ehe sie in eines ihrer Brötchen biss. "Was willst du denn opfern?" "Weiß nicht. Vielleicht einen Blumenkranz und für das nächste Mal schnitze ich dann was.", meinte Lina schulterzuckend. Anika nickte. "Könntest du vielleicht Konstanze und Teresa ihr Frühstück bringen? Ich muss heute am Tor sein, falls jemand etwas will. Und Johanna muss auf dem Feld helfen." Johanna grummelte etwas Unverständliches und Lina zog eine Augenbraue hoch.
"Sie hat gestern fast die Küche in die Luft gejagt.", flüsterte Anika. "Hab ich gar nicht. Ich wollte nur einen Kuchen backen.", verteidigte sich Johanna. Anika hob eine Augenbraue und grinste spöttisch, ehe ihr Gesicht wieder ernst wurde. "Also? Bringst du ihnen das Frühstück?" Etwas überrumpelt nickte Lina und bekam sogleich vier eingepackte Brötchen in die Hand gedrückt. Nach dem Essen mussten die drei in unterschiedliche Richtungen. Anika nach rechts zum Tor, Johanna geradeaus zu den Feldern und Lina nach links zu den Hütten. Sie beachtete die Auserwählten der Athene kaum, die sich wie immer in der Bibliothek aufhielten und ging schnell in die Hütte des Ares. Sie stieg die Treppen hoch und klopfte zaghaft an Teresas Tür. Ein leises "Herein.", das definitiv von Konstanze kam, ertönte. Johanna öffnete vorsichtig die Tür und trat in das Zimmer, welches genauso aussah wie ihres. Im Bett lag Teresa, die zu schlafen schien. Konstanze saß auf einem Schemel neben dem Bett und tupfte Teresa mit einem feuchten Lappen über die Stirn. "Ich hab euch Frühstück mitgebracht. Und ich übernehme heute das Opfern.", erklärte Lina flüsternd, um Teresa nicht zu wecken und reichte Konstanze die vier Brötchen. "Danke.", bedankte sich Konstanze. Lina nickte einmal und verschwand dann aus dem Zimmer. Sie setzte sich in die Leseecke und holte das Buch über Ares aus ihrer Tasche. Sie musste einfach noch mehr über diesen Gott erfahren.
Obwohl Ares als Gott des Krieges bei den Göttern und den meisten Menschen verhasst ist, gilt er doch als Sinnbild männlicher Kraft und Schönheit.
Er hat nicht nur Probleme mit Athene und seinem Vater Zeus. Auch mit dem Gott Hephaistos hat er einen großes Streit. Grund ist Hephaistos' Frau Aphrodite. Ares und Aphrodite ließen sich auf eine leidenschaftliche und andauernde Affäre miteinander ein. Selbst als Hephaistos sie erwischte und den anderen Göttern vorführte, brachte es ihm nichts, außer dass die anderen Götter in unstillbares Gelächter ausbrachen. Trotzdem beendete Ares die Liebesbeziehung zu Aphrodite, wodurch Hephaistos wenigstens etwas besänftigt wurde. Das Verhältnis der beiden wird trotzdem bis in alle Ewigkeit nicht wieder zum Guten zu wenden sein, zumal es heißt, dass Ares Kinder mit Aphrodite haben soll. Sicher ist dies allerdings nicht.
Seine wichtigsten Begleiter sind Deimos, Gott des Grauens, Phobos, Gott der Furcht und Enyalios, Gott des Kampfes. Sie sollen Kinder aus dieser Verbindung sein. Zu seinen Verbündeten zählen Hades, der Gott der Unterwelt, Ker, die Göttin des gewaltsamen Todes und Ate, die Göttin der Verblendung. Diese Götter sind einige der wenigen, die Ares nicht feindlich gesinnt sind. Ares gilt als Stammvater der kriegerischen Amazonen.Lina klappte das Buch wieder zu. Sie hatte definitiv genug gelesen. Dieser Gott war kriegerisch und grausam und hatte ebenso grausame Götter als Verbündete. Warum war ausgerechnet sie zu seiner Auserwählten geworden?
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Gott des Krieges
FantasíaUm zu überleben, tritt sie in den Orden der Götterdiener ein. Und wird prompt von dem Gott auserwählt, den sie am allerwenigsten mochte. Ihr Leben steht von nun an in seinem Zeichen. Ein auf und ab beginnt. Kommt sie mit alldem klar?