-Chapter One-

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Den Beginn in mein neues Schuljahr hatte ich mir definitiv anders vorgestellt. Mein Plan war es definitiv nicht, dass ich in allen Kursen, die ich bei Misses Miller hatte, neben Chase Garcia sitzen musste. Andere Mädchen an meiner Schule lecken sich die Finger danach, neben Chase zu sitzen. Ich jedoch nicht. Und jetzt hatte ich die Ehre gleich in drei Fächern. Englisch, Geschichte und Mathe.

Mir war es nicht ansatzweise verständlich, wieso Misses Miller der Meinung war, dass sie auch in der 12. Klasse noch die Sitzordnung bestimmen musste. Wirklich jeder aus unserem Kurs, abgesehen von mir, würde gerne neben Chase sitzen. Ich jedoch wollte das nicht. Das hatte auch einen sehr einfachen Grund. Chase und mein Freund Silas konnten sich auf den Tod nicht ausstehen. Mir war jetzt schon klar, dass es Stress geben würde, sobald Silas mitbekommt, dass ich neben Chase sitze. Mit Misses Miller zu diskutieren, ob ich nicht doch einen anderen Sitznachbar haben könne, würde ich gar nicht erst probieren, denn ich wollte es mir nicht schon direkt am ersten Schultag bei ihr vergeigen.

So kam es also, dass Chase und ich jetzt nebeneinander saßen. Ihn schien das nicht ansatzweise zu stören. Im Gegenteil. Man könnte meinen, dass er sich darüber gefreut hatte neben mir zu sitzen. „Emiliana, freut mich wirklich, dass wir dieses Schuljahr nebeneinander sitzen", sagte Chase grinsend zu mir, während er sich auf den Stuhl neben mir sinken ließ. „Ich wünschte ich könnte dasselbe sagen", murrte ich. Obwohl ich meinen Blick von Chase abwenden wollte, nahm ich mir kurz Zeit, um ihn zu mustern. Seine braunen Haare lagen verstrubbelt auf seinem Kopf. Sein linker Arm wurde von unzähligen Tattoos geziert. Chase trug ein weißes T-Shirt und dazu eine Jeans und weiße Sneaker. Sein Nostrilpiercing verlieh ihm zusätzlich noch etwas geheimnisvolles. Ich gab es wirklich nur sehr ungerne zu, aber Chase Garcia war verdammt attraktiv.

„Bist du fertig mit Starren?", fragte er mich breitgrinsend. „Wenn du auch fertig bist", gab ich zurück. Mir war nicht entgangen, dass er mich sehr eingehend gemustert hatte, während ich dasselbe bei ihm getan hatte. „Vorrübergehend bin ich wohl fertig", sagte er schulterzuckend, bevor er seine Aufmerksamkeit nach vorne zur Tafel richtete. Misses Miller gehörte zu den Lehrerinnen, die direkt am ersten Schultag mit dem vollen Programm starteten.

„Zum Einstieg ins neue Schuljahr und damit ihr eure Sitznachbarn besser kennenlernen könnt, werden wir damit anfangen, dass ihr einen Steckbrief über euren Sitznachbarn schreibt. Ich habe euch eine Vorlage mitgebracht, dort müsst ihr nur noch die Antworten eintragen. Wer möchte austeilen?"

Willkommen in der 12. Klasse. Steckbriefe? Ernsthaft?

Ich warf einen Blick auf den noch unausgefüllten Steckbrief, der jetzt vor mir lag. Okay, das waren die absoluten Standartfragen.

„Wann hast du Geburtstag? Und was ist dein ganzer Name?", fragte Chase mich plötzlich. Ich brauchte kurz, um zu verstehen, dass er gerade den Steckbrief abarbeitete. „Am 14. November und mein ganzer Name ist Emiliana Scott." „Das heißt du bist 17, okay. Deine Lieblingsfarbe?" „Hellblau." „Lieblingsfilm und Serie?" „Creed 2 und The Bold Type." „Lieblingsmusiker? Lieblingssong?" „Machine Gun Kelly und Lieblingssong würde ich sagen The Break Up von MGK." „Lieblingsessen und Lieblingsjahreszeit?" „Pasta und Herbst." „Wie groß bist du? Und hast du Geschwister?" „Ich bin 1, 74m und ich habe keine Geschwister."

Diese ganzen Fragen erinnerten mich an die Steckbriefe, die man früher in Freundebüchern ausfüllen durfte. (Nur war ich vielleicht 8 Jahre alt, als ich in Freundebücher geschrieben habe.) Genau die gleichen Fragen. Jetzt musste ich diese ganzen Fragen nur noch Chase stellen.

„Wann hast du Geburtstag? Und was ist dein ganzer Name? " „19. Juli. Chase Alejandro Garcia. Meine Lieblingsfarbe ist grün. Ich habe keinen Lieblingsfilm, aber meine Lieblingsserie ist Prison Break. Mein Lieblingsmusiker ist NF und mein Lieblingssong von ihm ist My Stress. Ich mag Burger. Ich habe keine Lieblingsjahreszeit und auch keine Geschwister. Und ich bin 1.92m groß. Noch Fragen?", ratterte Chase seinen Steckbrief herunter. Zumindest blieb uns so diese dämliche Fragerei erspart. Und wir mussten weniger miteinander reden.

„Nein, ich habe keine Fragen. Hast du noch welche?", wollte ich von ihm wissen. „Glaub mir, ich habe viele Fragen. Nur haben die meisten davon nichts hier im Unterricht verloren", antwortete er mir grinsend. „Dann erspar mir diese Fragen bitte", murmelte ich genervt von ihm. „Oh glaub mir, du wirst mir diese Fragen irgendwann schon noch beantworten", grinste er triumphierend. „Wer es glaubt wird selig. Träum weiter, Garcia." „Ich träume gerne noch ein bisschen länger von dir, kein Problem, Baby."

Wie sollte ich das ein ganzes Schuljahr bitte neben ihm aushalten? Er ging mir schon nach nicht einmal einer Stunde tierisch auf die Nerven.

Genervt wandte ich meinen Blick von Chase ab und richtete ihn nach vorne zur Tafel. „Hat dir eigentlich schonmal jemand gesagt, dass nicht alle Menschen, die dein kleiner Freund nicht mag, automatisch schlecht sind?" „Ich weiß, dass nicht alle Menschen schlecht sind, nur weil Silas sie nicht mag", zickte ich ihn an. „Dann solltest du vielleicht auch mal nett zu diesen Menschen sein", gab er bissig zurück. „Ich glaube, dass es dir egal sein kann, wie ich zu diesen Menschen bin." „Nein, denn ich gehöre auch zu diesen Menschen und ich mag es gar nicht, wenn man mich in eine Schublade steckt, ohne mich richtig zu kennen." „Ich stecke dich in gar keine Schublade", keifte ich ihn an. „Ach nein? Du denkst also nicht, dass ich ein verzogenes Arschloch mit reichen Eltern bin und nur versuche beliebt zu sein, um meine Egoprobleme zu verstecken?" Überrascht über seine Aussage schaute ich ihn an. „Wer hat das bitte zu dir gesagt?", wollte ich verwirrt von der gesamten Situation, von ihm wissen. „Das hat ein gewisser Silas Stone zu mir gesagt. Also gebe ich dir einen Tipp. Bevor du alles glaubst, was dein Freund dir über mich sagst, solltest du vielleicht mal sowohl hinter seine als auch meine Fassade schauen." Chase' Satz endete genau, als der Gong die Pause einläutete. Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen, stand Chase auf und verließ als allererstes den Klassenraum.

Und ich? Ich blieb verwirrt auf meinem Platz sitzen. Was hatten seine Worte zu bedeuten? Und wieso interessierte es ihn so sehr, was ich über ihn dachte? 

Between LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt