-Chapter Four-

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Silas war mir den restlichen Schultag zu meinem Glück nicht mehr über den Weg gelaufen, das könnte vor allem daran liegen, dass er zwei Stunden vor mir Schluss hatte. Sein Schultag war vorbei. Meiner noch nicht. Ich konnte mir nur ungefähr vorstellen, wie sauer er auf mich war. Wenn man nach seiner Logik ging, dann habe ich ihn nämlich vor der gesamten Schule bloßgestellt. Dass er das nicht einfach auf sich sitzenlassen würde, das war mir durchaus klar. Image und so. Das bekannte Problem halt. Darüber wollte ich mir gerade keine Gedanken machen. Ich hatte noch eine Stunde Unterricht vor mir. Mathe, um genau zu sein. Ein weiteres Fach, indem ich neben Chase saß.

Während Misses Miller irgendetwas an der Tafel erklärte, war ich mit meinen Gedanken überall außer beim Matheunterricht. Ich verstand sowieso nichts. Mathe war für mich einfach eine Fremdsprache. Meine Gedanken drehten sich um eine einzige Frage. Wann hatte sich die Beziehung von Silas und mir so verändert? Dass sich etwas verändert hatte, dass wusste ich definitiv. Die Veränderung war nicht positiv, so viel stand fest. Vielleicht hat sich nicht nur unsere Beziehung verändert, sondern auch wir. Unsere Gefühle zueinander, füreinander. Was hatte sich an unserer Beziehung und an unseren Gefühlen verändert? Unsere Beziehung bestand aus nichts anderem mehr, außer aus ständigen Streitereien. Die meisten dadurch ausgelöst, dass Silas meinte etwas würde -Spoiler- seinem Image schaden. Wenn man es genau nahm, dann fehlte es in unserer Beziehung vor allem an Zuneigung. Mir fehlte zusätzlich noch das Gefühl, dass ich ihm wichtig war.

Was hatte sich an unseren Gefühlen geändert? Was sich an Silas' Gefühlen für mich geändert hatte, das konnte ich natürlich nicht wissen, aber was sich an meinen Gefühlen für ihn geändert hatte, das konnte ich wissen oder zumindest herausfinden, falls ich es nicht wissen sollte. Jedoch wusste ich es. Tief in mir wusste ich es. Meine Gefühle für ihn waren schwächer geworden. Viel zu schwach. So gut wie weg. Trotzdem tat mir sein Verhalten weh, verletzte mich. Verletzte uns das Verhalten, von Menschen, die wir geliebt haben nicht sowieso immer?

„Über was denkst du so angestrengt nach?", wollte Chase von mir wissen. „Nichts wichtiges", log ich. Es wäre nicht gerade schlau, wenn ich mit Chase über meine Beziehungsprobleme sprach. Nein, das wäre definitiv eine dumme Idee. „Dann würde ich an deiner Stelle mit den Aufgaben im Buch anfangen. Misses Miller sieht nämlich so aus, als ob sie kurz davor ist, dich vor der gesamten Klasse anzumaulen", sagte Chase zu mir. „Welche Aufgaben müssen wir überhaupt machen?" Ja, ich hatte mich wirklich nicht auf den Unterricht konzentriert, nicht mal ein kleines bisschen. Chase deutete nach vorne an die Tafel, wo mehrere Buchseiten an der Tafel standen. Ich holte mein Buch aus meinem Rucksack und schlug die erste Seite auf, die an der Tafel stand. Wie zu erwarten, verstand ich nichts. Demotiviert etwas von den Aufgaben zu machen, verzog ich das Gesicht zu einer Grimasse.

„Verstehst du es?", wollte Chase neben mir von mir wissen. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht mal ansatzweise", antwortete ich ihm. „Soll ich es dir erklären?" „Du kannst Mathe?" „Unglaublich aber wahr, ich kann Mathe", sagte er breitgrinsend, fast schon stolz zu mir. „Dann erkläre es mir bitte." „Also im Endeffekt ist das gar nicht so schwer."

Chase fing an mir zu erklären, wie man die Aufgaben rechnen musste, was mit was verrechnet wurde und wie man auf das Endergebnis kam. So schwer wie ich dachte, war es gar nicht. Man musste es nur richtig erklärt bekommen. Und Chase hatte es mir eindeutig perfekt erklärt. Immerhin hatte ich es verstanden.

„Vielleicht solltest du ab sofort den Unterricht halten anstatt Misses Miller", schlug ich vor. „Danke, aber ich verzichte. Dir kann ich es gerne weiterhin erklären, aber der Rest kann sich schön den Kopf an den Aufgaben zerbrechen." Seit wann war Chase so nett? Nicht, dass ich damit ein Problem hätte, das auf keinen Fall. Jedoch war es komisch, denn der Chase, der neben mir saß, passte nicht mit dem zusammen, von dem Silas immer sprach. Nicht ansatzweise. Keine einzige Ähnlichkeit. Laut Silas war Chase unhöflich, verzogen, arrogant und egoistisch. Bis jetzt war er mir gegenüber jedoch das komplette Gegenteil gewesen. Er war weder unhöflich noch verzogen, arrogant oder egoistisch.

Between LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt