Kapitel 21 - Rettung

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Anna's Sicht

"JAKE! CAM!", rief ich in voller Extase und schaute beide mit groß gewordenen Augen an. Doch das war keine gute Idee von mir. David drehte sich auch schlagartig zu den Jungs, bemerkte sie viel zu schnell und schmiss mich reflexartig zurück in den Wagen. Ich versuchte mich mit aller Kraft aus seinen Armen zu zwängen, doch wie immer war er um einiges stärker als ich. Er hob mich ohne einen Ton zu sagen hoch und schubste mich grob in den Kofferraum, den er dann genauso sanft schloss. Scheisse. War es das letzte Mal, dass ich die zwei Menschen gesehen habe, die ich am meisten liebte?! Jetzt sind die mit ihm da draußen und ich kann nichts machen. In den letzten Tagen hab ich gemerkt, dass er immer eine Waffe in seiner Jacke trug. Er würde sich nicht davor scheuen, diese zu benutzen. Ich hatte solche Todesangst.

Ich fing bitterlich an, zu weinen und zerrte verzweifelt an den großen Flügeltüren des Transporters, die sich verdammt nochmal nicht öffnen ließen. "SCHEISSE! SCHEISSE!!!", schluchzte ich und begann, nachzudenken. David wird sie beide umbringen. Sie sind ihm schutzlos ausgeliefert und ich sitze fest in einem Auto. Und danach bin ich dran. Ihm traue ich alles zu. Gott, ohne Jake und Cam machte das Leben für mich sowieso keinen Sinn! Alles was mir bedeutete waren sie und mein kleiner Bruder!

Ich hörte unendlich lautes Geschreie von draußen, das mich nur noch panischer machte. Erst schrie Jake, dann Cam und David. Kannten sie sich schon davor, oder warum hört sich das so vertraut an? Ich konnte aber nicht verstehen was sie sagten, so sehr ich es auch versuchte. Das Auto war zu gut gedämmt. Ich war einem Nervenzusammenbruch nahe. Was ist, wenn David sie wirklich umbringt? Nein. Gott kann das nicht zulassen.

Das Schreien aller Beteiligten wurde nicht leiser. Für mich waren es Stunden, die vergingen.

Ein lauter Knall beendete den Geräuschpegel sofort. Das kann es nicht gewesen sein. Es darf nicht das sein, was ich jetzt denke. Ich heulte lautstark los, stand auf und begann, wie wild gegen die Stahltüren zu schlagen. "HALLO!!! LASST MICH HIER RAUS, HILFE!!! KANN MICH DENN NIEMAND HÖREN???" Ich schlug mir meine Hände wund und sie begannen, zu bluten. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib.

Dann trat ich einen Schritt zurück. Ich hörte Schritte. Jemand lief. Nein, er rannte. Er kam dem Auto immer näher. Hat mein Leben nun ein Ende gefunden? Krass. Ich schluchzte und bekam kaum Luft, so schlecht wurde mir. Ich war dem Erbrechen nahe.

Die Türen öffneten sich mit einem schnellen Handgriff. "Anna?! Komm' sofort her!" Ich erkannte die Stimme. "Jake!!!", schrie ich weinend und fiel ihm in die Arme. Er fing mich auf und trug mich sofort mit beiden Armen aus dem Wagen. Meine Rettung war gekommen. Doch als ich am Tageslicht angekommen war und auf den Boden schaute, sah ich Wiederliches. Da lag David. Auf dem Bauch. Blut strömte aus ihm. Ich schaute schnell weg und zog Jake's Brust panisch näher an mich. "Es ist alles gut, shht. Weine nicht. Ich kann dich so nicht sehen.", flehte er mich an und eine Träne kullerte langsam seine Wange herunter. "Ich liebe dich. Ich liebe liebe liebe dich. So sehr. Ich kann es nicht oft genug sagen.", flüsterte ich und schloss meine Augen. Der Horror hatte endlich ein Ende.

"Es tut mir alles so Leid. Ich liebe dich auch, Cousinchen.", flüsterte er zurück und küsste mir während dem Laufen auf die Stirn. Als er plötzlich stehen blieb, öffnete ich blinzelnd meine Augen. Erst jetzt schaute ich genauer um mich und bemerkte einen Polizei- und Krankenwagen. Jake begann zu erzählen: "Wir haben ihn nicht umgebracht, die Polizei hat ihn lediglich ins Bein und in die Schulter geschossen. Dieser Mistkerl hätte aber sterben sollen." Ich nickte noch benommen und war nicht in der Lage, das alles zu realisieren. "Ich wünsche ihm den Tod. Jake, bitte, lass mich nie wieder los.", winzelte ich. Er schüttelte seinen Kopf rauf und runter, blieb aber still und beäugte mich von oben nach unten. Sah ich etwa so scheisse aus? Ich kann es ihm nicht verübeln.

"Wo ist Cam?!", fragte ich plötzlich. Ehrlich jetzt, wo zur Hölle war mein Freund!?

"E-Er wurde... angeschossen." Mein Herz setzte aus. "... Aber David hat ihn zum Glück nur in den Bauch geschossen.", fügte er hinzu. "WO IST ER?!", schrie ich panisch und verließ unsere Umarmung. "Ein Krankenwagen ist mit ihm, Matt und Nash schon auf dem Weg ins Krankenhaus. Mach dir keine Sorgen um ihn, er schwebt nicht in Lebensgefahr. Wir fahren gleich dorthin, du wirst auch untersucht. Die Polizei nimmt David vorerst in ein anderes Krankenhaus und nehmen ihn fest. In den nächsten Tagen wird uns die Polizei dann besuchen und mit dir reden. Aber nur wenn du dazu bereit bist."

"Was?! Nash und Matt sind auch hier?!", fragte ich. "Ja. Die Polizei hat nur mir erlaubt, noch länger hierbleiben zu dürfen, um dir beizustehen, weil ich deine Familie bin. Du hättest Nash und Cameron sehen sollen. Sie fingen an, mit der Polizei zu streiten, damit sie bei dir bleiben durften. Letztendlich hat es nicht viel gebracht. Cam musste auch wegen seiner Schusswunde sofort los. Es war das beste für alle. Und Nash ist vom Flughafen sofort hierher gefahren. Heute ist er aus Hawaii zurück gekommen. Er hat seine Eltern ohne Auto am Flughafen stehen lassen. Wir machen uns ja gleich auf den Weg dorthin." Ich nickte stumm und schaute durch die Luft. Ich war in einem falschen Film gelandet. Das darf alles nicht wahr sein. Sowas passiert doch nur in Krimis und schlechten Filmen!

Als ich an mir heruntersah, blickte ich auf unzählige blaue Flecken, blutige Handknochen, kaputte und dreckige Klamotten und auf große, blutunterlaufene Kratzer. Meine Lippe schmeckte ebenfalls nach Blut, sie war eindeutig aufgeplatzt. Erst jetzt realisierte ich, wie sehr mich David misshandelt hatte.

Ich schaute hilflos zu meinem Cousin hoch. Ich fühlte mich hässlich, verbraucht und dreckig. Als er mich so sah, verzog er bemitleidend sein Gesicht und verkniff sich die Tränen. Alles was er dann sagte, war ein leises "Komm her". Er zog mich noch fester in die Arme und ließ mich nicht mehr los. Mir tat zwar mein ganzer Körper bei der Umarmung weh, aber ich brauchte das jetzt. Ich brauchte ihn. Ich schluchzte in seine Brust und zitterte fürchterlich. Zwischendurch hörte ich ihn auch etwas winzeln. Noch nie hab ich Jake so emotional gesehen.

***

Die ganze Fahrt lang zum Krankenhaus verbrachten wir Hand in Hand. Ich wollte seine zwar schon lange loslassen, aber dann griff er automatisch fester zu. Er hat mir vorhin gesagt, dass er mich mit den ganzen Fragen in Ruhe lässt, bis Cam wieder gesund ist. Ich war ihm dankbar, denn zweimal wollte ich es bestimmt nicht erzählen. Doch eine Frage konnte er nicht für sich behalten.

Wir waren fast am Krankenhaus angekommen, als er sich zu mir umdrehte. "Anna.", sagte er. Ich drehte mich sofort zu ihm um, da ich die ganze Zeit nur aus dem Fenster starrte. "Mh, er hat dich aber nicht... du weißt schon, also - " "Nein. A-Aber er w-wollte es heute Nacht.", antwortete ich stotternd und wieder quoll mir Wasser in die Augen. "Hey. Weine nicht. Ich werde immer da sein, wenn du es willst. Wo auch immer du bist. Niemand fässt dich mehr an. Ich schwöre es dir bei Gott.", versuchte er mich zu trösten und streichelte mir die Wange. Ein kleines Lächeln entsprang aus meinem Gesicht. Er jedoch sah die ganze Zeit besorgt aus.

Nach einer Weile flüsterte er mir: "Erschrick mich bitte nie wieder so. Du weißt nicht was zuhause bei uns abgegangen ist." Ich schaute überrascht zu ihm. "Was war denn los?"

"Ich erzähle es dir später. Schau, wir sind da." Ich blickte zum Krankenhaus.

***

Ich lag jetzt seit einer halben Stunde in einem Krankenbett im Krankenhaus und bekam eine Blutinfusion, weil ich mehr Blut verloren hatte als ich dachte. "Bitte schonen sie sich und stehen nicht auf. Wir lassen sie noch bis 19 Uhr hier. Zur Kontrolle. Die blauen Flecken sind leider relativ stark ausgeprägt und brauchen eine ganze Weile. Die Verbände um ihre Hände lassen sie bitte noch zwei Tagen dran. Gute Besserung, Anna.", sprach der Arzt. Ich nickte kurz und bedankte mich. Dann verließ er das Zimmer und ließ mich und Jake allein. Er hielt immer noch meine Hand. Das half mir momentan sehr.

"Jake?", sprach ich leise. Meine Augen fielen fast zu. "Ja?", antwortete er.

"Wann seh ich Cam wieder?" Er kratzte sich nervös den Nacken.

"Jake!", sprach ich lauter.

"Ja sorry! Als ich vorhin draußen war und du untersucht worden bist, war ich bei Cam und den Jungs. I-Ihn geht es nicht gut."

Auslandsjahr mit Liebe? - Cameron Dallas/Nash Grier/Matthew Espinosa: FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt