Kapitel 2
Isanami musterte den jungen Mann, der vor ihrer Tür stand. Sie erkannte ihn nur schlecht, da ihre Augen schon längst nicht mehr sonderlich gut waren. Doch das Sonnensymbol auf einer Stirn leuchtete in einer Form der Magie, die sie leicht erkannte. Zudem bemerkte sie sofort, dass er ein Werwolf war.
"Wie kann ich helfen?", fragte sie und wusste, dass ihre Stimme ungesund und krächzend klang. Das lag nicht nur an ihrem Alter, sondern auch daran, dass sie so lange nicht mehr gesprochen hatte.
Sie bemerkte, wie der Mann sie unschlüssig, sogar fast zögerlich, ansah und sich schließlich verbeugte. Er senkte sein Haupt, das Isanami als Zeichen des Respekts erkannte. „Seid Ihr Göttin Isanami?", fragte Travis mit rauer Stimme.
Diese Frage entlockte Isanami ein Lachen. "Das war ich einst", sagte sie und trat zur Seite. "Komm herein", bat sie und bewegte sich langsam, sogar zitternd. Ihr Körper war einfach nicht mehr so gut zu Fuß.
Sie hörte nicht wirklich, wie der Alpha eintrat und die Tür hinter sich schloss. Respektvoll blieb er dort stehen und wartete anscheinend ab, bis sich Isanami äußerte.
Diese ließ sich erst einmal auf einem Sessel nieder, um ihren Rücken zu entspannen. "Was kann ich für dich tun?", fragte sie und klang erschöpft. Sie war gerade dabei gewesen, ihr Essen zu machen. Das allein hatte sie bereits viel Kraft gekostet.
Obwohl sie nicht mehr gut sah, konnte sie den wachsamen, beinahe neugierigen Blick des Mannes sehen. „Verzeiht die Störung, Göttin Isanami", begann er langsam, „mein Rudel wurde vor kurzem von den Vampiren angegriffen. Viele sind gefallen, einige schwer verletzt. Wir brauchen Eure Hilfe. Ein erneuter Angriff würde die Werwölfe des Mondlandes auslöschen." Seine Stimme klang ruhig, doch Isanami konnte hören, dass ihn dieses Thema beschäftigte.
"So gern ich helfen würde, aber Ihr seht mich", begann sie und machte eine leichte Handbewegung. "Ich denke nicht, dass ich eine große Hilfe sein werde", bemerkte sie. "Nicht, ohne meine Macht."
Travis nickte verständnisvoll, doch sie sah, dass ein Funken Hoffnung in seinen gelben Augen stand. „Wir würden Euch natürlich unterstützen. Ihr seid nicht allein", versprach er. „Im Gebiet der Werwölfe steht noch ein alter Tempel, der Euch geweiht ist", erklärte er und klang hoffnungsvoll.
Isanami erhob sich erneut. "Ich kann es mir ansehen, aber nichts versprechen", meinte sie und ging zu ihrem Essen. Dieses wollte sie noch verwerten, bevor sie losgingen.
Der Blick, den Travis ihr zuwarf, konnte sie in ihrem Rücken spüren. Er war aufmerksam und eindringlich, aber nicht so, dass sie sich unwohl fühlte. „Bleibt sitzen, Göttin Isanami. Ich kann Euch das Essen bringen", schlug er vor und ging langsam zu ihr hinüber.
Das überraschte sie sehr und sie lächelte sanft. "Du kannst Isana zu mir sagen", meinte sie, da sie es nicht mochte, Göttin genannt zu werden.
Plötzlich spürte sie eine warme, aber leicht raue Hand auf ihrem Arm, der sie zurück zu ihrem Sessel geleitete. Kam es daher, dass er ein Werwolf war? Es war möglich, denn die Pfoten gingen über Stock und Stein. Es war jedoch nicht unangenehm, denn der Mann war sanft. „Nennt mich Travis. Ich bin der Alpha der Werwölfe im Mondland", sagte er.
"Travis", meinte sie murmelnd. "Wer war dein Vater?", fragte sie, weil sie wissen wollte, ob sie ihn vielleicht kannte. Ihr Gedächtnis war jedoch nicht mehr das Beste.
„Mein Vater war Trevon, meine Mutter Talina", antwortete er und ging zum Feuer, um in den Kessel zu sehen. Isana erkannte den eleganten, aber stets lauernden Gang des Werwolfes und wie er schnupperte, als wolle er feststellen, ob das Essen genießbar war.
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Unter Wölfen
RomanceIn Ascur herrschen die gefallenen Götter. Sie regieren über die meisten der magischen Wesen, doch nicht über das Wolfsrudel in Mondland. Dieses ist autonom, doch die Vampire greifen immer wieder an. Weil diese einen gefallenem Gott dienen, kommen di...