Kapitel 10

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Kapitel 10

„Wie kommst du hinein, wenn ich durch den Lüftungsschacht krieche? Oder nehmen wir den normalen Weg?", erkundigte er sich, wirkte aber nachdenklich, als würde er nach einer anderen Lösung suchen.

„Du nimmst den Schacht, ich den offiziellen Weg", entschied sie sich, da sie sowieso noch einmal mit der Bibliothekarin sprechen wollte.

Ob diese noch da war? Oder war sie ebenfalls dem Schlaflied zum Opfer gefallen? „Wo treffen wir uns?", fragte er leise, als sie sich der Bibliothek näherten.

„Bei der Harfe", murmelte Isanami leise.

Sobald sie nahe genug dran waren, stellte Travis sich für einen kurzen Moment vor Isanami. „Pass auf dich auf, ja? Ich warte auf dich." Er versuchte anscheinend zu lächeln, bevor er plötzlich mit eine gewaltigen Kraft nach oben sprang und sich an den Baum krallte, den er fix zum Lüftungsschacht hinaufkletterte.

Isanami sah ihm nach und hielt für einen Moment die Luft an. Sie vergaß gern, wie hoch die Sprungkraft der Werwölfe war.

Wie er es schaffte, den Lüftungsschacht so leise zu öffnen, blieb ihr ein Rätsel. Jedenfalls hörte sie ihn nicht und kurz darauf war er verschwunden. Nun musste sie hineingelangen.

Isanami atmete tief ein und begab sich dann wieder in Richtung Bibliothek.

Von Weitem erkannte sie, dass das Tor bewacht war. Die Bibliothek lag jedoch in Dunkelheit. Wahrscheinlich war sie bereits geschlossen, aber es war nicht auszuschließen, dass die Bibliothekarin noch da war.

Isanami machte sich keine großen Gedanken darum und summte leise vor sich hin, während sie auf das Tor zuging und von den Wachen ignoriert wurde.

So, als wäre sie gar nicht da. Ihre Fähigkeiten erwiesen sich als sehr nützlich, als sie langsam und beinahe lautlos das Tor öffnete und hinein schlüpfte.

Sie wollte mit der Bibliothekarin sprechen. Vielleicht gab es einen einfachen Weg. Immerhin musste es ihr klar sein, dass sie eine Göttin war, nachdem die Harfe gespielt hatte.

Doch warum hatte sie so verbissen auf die Erzählungen gepocht? Das musste Isanami herausfinden. Auch, was genau erzählt worden war.

Angangs hatten die Elfen sie noch besucht, doch scheinbar waren dann Gerüchte verbreitet worden. Ob es daran lag?

Vielleicht konnte sie das alles in einem ruhigen Gespräch in Erfahrung bringen. Es war möglich, dass die Bibliothekarin auch durch Travis eingeschüchtert gewesen war.

Isanami sah sich um und suchte mental nach der Bibliothekarin. Sie musste wissen, wo sich diese befand.

Es dauerte nicht lange, da nahm sie Schwingungen, die ihr bei der Elfin bereits aufgefallen waren, wahr. Sofort wusste Isanami, dass die Bibliothekarin noch im Hauptbereich war. Vielleicht räumte sie noch auf oder hatte etwas zu erledigen.

Die Göttin atmete tief ein und wappnete sich für eine Auseinandersetzung, doch sie musste es zuerst mit der Wahrheit versuchen.

Langsam näherte sie sich der Elfin, die gerade durch eine Art Ordner blätterte. Sie schien in Gedanken versunken zu sein.

Sie sang leise vor sich hin, um die Frau zu beruhigen. Isanami wollte sie nicht erschrecken, was sie aber unweigerlich tun würde. Unwohl räusperte sie sich, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Gleichzeitig nutzte sie ihre Magie, um sie zu beschwichtigen.

Daher fiel die Reaktion der Elfin nicht ganz so schlimm aus. Als diese sich umdrehte, wirkte sie überrascht und leicht geschockt. „Kann ich helfen? Die Bibliothek ist bereits geschlossen", merkte sie an.

Unter WölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt