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„Ich will ihre Stimme, egal was es kostet. Sie ist perfekt für dieses Lied." Nach diesen Worten tutet es abweisend aus dem Handy in der Hand meines Managers. Meine blonden Locken kitzeln mich im Gesicht, während ich hartnäckig den Kopf schüttle. „Egal was es kostet. Pff." Ich schnaube. „Denkt er etwa, dass ich käuflich bin, oder was?" Ich wippe mit meinem Fuß auf und ab und verschränke die Arme, als Zeichen meiner Ablehnung. „Ja Mel, das sind die meisten Menschen, die mit ihrer Musik ihr Geld verdienen. Außerdem wäre es keine große Sache, wir halten dich wie immer aus allem raus. Du tauchst als Diamant auf, das haben wir doch schon oft gemacht." Ich verdrehe die Augen und stehe auf, um an meinem Laptop einen meiner aktuellen Tracks zu öffnen. Cash seufzt, denn ihm wird wohl langsam klar, dass ich diese Absage hier wirklich durchziehe.

„Überlege es dir doch einfach, das Studio hier ist noch bis übermorgen gemietet. Ich muss jetzt Nachhause, meine Kinder und meine Frau warten." Ich nicke abwesend, als Cash sich aus dem Stuhl erhebt. Er ist ein einflussreicher Manager, hat viele Kontakte in der Musikbranche und ohne ihn wäre ich sicher nicht da, wo ich heute bin. Doch trotz der Dankbarkeit, die ich empfinde, weiß ich, dass ich nicht alles tun muss, was er für das Richtige hält. „Richte ihnen schöne Grüße aus!", rufe ich hinter mich, doch die schwere Türe fällt bereits ins Schloss.

Ich schalte nochmal eine Spur an meinem Laptop an, zu der ich noch einen Text vervollständigen wollte. Ich lasse ihn laufen, gehe in die Kabine und ziehe die großen schwarzen Kopfhörer über meine Ohren. Ich summe die Melodie mit, ehe ich die ersten Töne aus meiner Kehle entweichen lasse. Sie klingt heute nicht so ruhig wie sonst, denn der Mann am Telefon gerade hat mich aufgeregt. Er bildet sich ein, er sei auf Grund seines Berufes etwas Besseres und sein Geld mache ihn zu etwas Besonderem. Er ist genau wie alle anderen Rapper, vielleicht sogar schlimmer. Ihm müsste mal dringend eine Frau beweisen, dass die meisten von uns auf sein Geld einen Dreck geben. Als würde jede Frau ihre Beine breit machen, nur weil er mit einem Mercedes um die Ecke fährt und ihr eine Designertasche kaufen kann. Die meisten der realen Frauen interessiert das doch überhaupt nicht. Wütend rutscht meine Stimme einen Ton zu hoch und ich muss mich selbst unterbrechen, um wieder zur Ruhe zu kommen.

Noch während ich tief durchatme sehe ich, wie sich die Türe zu meinem Studio öffnet und jemand hereintritt. Sobald ich sehe, dass es nicht Cash ist, lasse ich mich auf den Boden sinken und verstecke mich so hinter der Holzverkleidung der Aufnahmekabine. „Hallo?" eine dunkle Stimme vibriert ruhig durch den Raum, sie ist dumpf durch die Wände der Kabine hinter denen ich kniee. Ich gebe keinen Ton von mir.

„Hey, ich weiß, dass du da bist. Der Aufnahmeknopf ist an und ich habe deine Haare verschwinden sehen." Ich beiße mir auf die Lippe. „Wie hast du mich gefunden?", rufe ich, obwohl ich weiß, dass ich nahe genug am Mikrofon bin, so dass er mich hören kann. „Dein Manager ist leicht zu bestechen." Ich verdrehe die Augen und warte einen Moment das Schweigen zwischen uns ab. Ich will nichts lieber, als dass dieser Typ wieder aus meinem Studio verschwindet. Es ist mein Safespace und er stört den gerade gewaltig.

Doch so leicht, lässt sich der Störenfried wohl nicht abwimmeln. „Ich war bei einem Freund in der Nähe im Studio und da Cash hier schon oft aufgenommen hat, konnte ich es mir nicht nehmen lassen, vorbei zu schauen." Ich würde diesem Typen auch zumuten, dass er Cashs Handy gehackt hat, um das Studio zu finden. „Also, Diamant. Bist du wirklich so gut, wie man auf den Tapes hört?" Ich könnte mich verfluchen dafür, dass ich vor ein paar Jahren Stimmaufnahmen an Rush-Music geschickt habe.

Ich wollte damals wie heute einfach nur singen, ohne mich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Deshalb mein Pseudonym Diamant und deshalb kennt auch niemand mein Gesicht. Ich tauche in keinem Video auf, habe keine Pressefotos und nicht mal meine Familie weiß, in welchen Liedern genau ich mitsinge. Ich schicke die gewünschten Aufnahmen an die Künstler, die in letzter Zeit ausschließlich Rapper sind. Ich sehe auch hin und wieder welche von ihnen, doch dann muss ich schon ab und zu mit ihnen gearbeitet haben und Vertrauen fassen. Neulich war da einer, mit ihm habe ich letzten Monat mehrere Tage hier im Studio verbracht und konnte mich darauf verlassen, dass niemand etwas von mir erfährt. Doch bei Matteo Rush kann ich mir da nicht sicher sein. Vertrauen ist kein Wort, das mir bei seinem Anblick in den Sinn kommt.

Diamanten-RauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt