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„Mel, das ist Gold wert. Wirklich, ich hätte es nicht besser machen können. Wer hätte gedacht, dass Matteo eine weibliche Note von dir so guttun könnte." Jonathan Worte, ein paar Stunden später, lassen mich alarmiert Aufsehen. Doch er ist noch ganz vertieft in den Laptop vor sich und hört sich langsam durch die zwei Songs an denen Matteo und ich gestern bearbeitet hatten.

Gestern erst. Dabei fühlt es sich an, als hätte ich mit Matteo bereits vor Wochen an seinem Album gearbeitet. Wie hatte mein Leben sich in 24 Stunden so grundlegend verändern können? Ich ziehe meine Knie noch enger an mich, während ich in meine Kaffee Tasse puste. Die Plörre aus dem Automaten hier schmeckt grauenvoll, doch wenn ich mich nicht an dieser bediene, dann fallen mir sicher in ein paar Minuten die Augen zu, wenn ich nichts zu tun habe. Und Jonathan soll nicht mitbekommen, wie müde ich gerade bin. „Das klang jetzt sexistisch. Als wäre das nur gut, weil ich eine Frau bin. Es ist gut, weil ich gut bin.", kontere ich, um mir nicht anmerken zu lassen, dass Jonathan eben einen wunden Punkt bei mir erwischt hat. Was meine weibliche Note bei Matteo persönlich gewirkt hat, will ich so schnell lieber gar nicht wissen.

„Ja klar, das meinte ich doch so. Matteo muss begeistert sein, in Anbetracht der Lage, wie viel Arbeit und Nerven es ihn gekostet hat, dich zu engagieren. Ich hoffe, du bist nicht bei jedem Kunden so wählerisch.", scherzt Jonathan weiter und ich steige darauf ein, auch wenn ich etwas ganz anderes im Kopf habe als mein Chef: „Ach, ich denke nicht, dass ich es jedem so leicht machen sollte, wie Matteo. Sonst denken sie noch, ich bin leicht zu haben." Jonathan lacht und geht zu dem Lied zurück, auf dem ich gestern mit Matteo gesungen habe. Meine Stimme klingt durch den Raum und lässt mich dabei all die Emotionen, die ich gestern gefühlt habe, noch einmal durchleben. Beim Singen war ich aufgeregt, erleichtert und, auch wenn ich es noch nicht wusste, erregt. Nicht im rein sexuellen Sinne, sondern eher von dem Abendteuer, welches es war, mit Matteo endlich so nahe zusammen zu arbeiten.

„Hier sollten wir gleich noch weiter machen, es ist nahezu perfekt, aber hier und da ein kleiner Schliff könnte nicht schaden." Ich nippe nochmal an meinem heißen Getränk, welches die einzige Nahrung ist, die ich heute zu mir genommen habe. Die Gefühlsachterbahn von gestern hat mir meinen Appetit bisher verdorben.

„Ist gut." Ich schnappe mir meinen Laptop und bedeute Jonathan, dass ich bereit bin. „Oh, wir warten auf Matteo. Er will immer dabei sein, wenn man etwas bearbeitet. Es ist ja schließlich sein Album." Bei Matteos Namen hüpft mein Herz einen Takt schneller, beruhigt sich jedoch sofort wieder, als ich mich daran erinnere, dass das gestern nur ein einmaliges Vergnügen war. Noch einmal würde ich diese Naturgewalt von einem Mann emotional nicht überleben und das mit Marco musste ich nun auch erstmal allein verarbeiten, ohne mich in neuen Herzschmerz zu stürzen. Dabei musste das mit Matteo ja nicht zwangsläufig in Herzschmerz enden. Denn obwohl er mir mehr unter die Haut fährt, als gut für mich ist, weiß ich bei ihm immerhin immer an was ich emotional bin. Denn sobald sich dieser Mann öffnet, schließt er sich wenige Momente später für gewöhnlich wieder. Berechenbar unberechenbar sozusagen.

„Ich denke nicht, dass Matteo heute auftauchen wird.", wage ich mich vorsichtig vor. Es ist ein Wunder, dass ich hier sitzen kann, wobei ich es gewohnt bin Nächte durchzumachen und danach so zu tun, als könnte ich arbeiten. Manchmal entstehen meine besten Ideen genau in diesem Zustand, des vor sich Hinvegetierens. Doch Matteo, der normalerweise einen getakteten Tagesplan hat und wegen seiner Fitness sicherlich auf mehrere Stunden Schlaf pocht, kann ich mir gerade eher weniger neben mir vorstellen.

„Hattet ihr gestern eine lange Nacht? Ich dachte, ihr seid relativ früh wieder verschwunden?", hackt Jonathan nach. „Ja, sind wir aber... ach, es ist nur so ein Gefühl.", weiche ich meinem Chef aus. Er sollte nicht denken, ich würde mir einbilden mehr über Matteo zu wissen, als man als einfache Produzentin tat. „Habt ihr gestern noch an dem Album geschraubt? Nach der Party meine ich.", bleibt Jonathan jedoch hartnäckig am Thema dran. Ich rücke meine Brille zurecht, ein Tick der stets meine Nervosität an mir offenbart. „Nein, wir haben noch ein paar Sachen besprochen. Sonst ist aber nicht mehr viel passiert." Außer dass Matteo bei mir Zuhause war, wir von meinem super heißen spanischen Freund erwischt wurden und dann das erste Mal Sex miteinander hatten. Nicht der Rede wert also.

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