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„Also du musst das wirklich nicht machen.", versuche ich meinen Begleiter abzuschütteln, doch er lässt wie so häufig keinen Wiederspruch zu. Matteo schüttelt einfach den Kopf, als würde er meine Bitte gar nicht hören wollen. Keinen Moment hatte ich damit gerechnet, ihn bei Marco im Laden zu treffen. Doch wie ich es damals voraussagte: der Mann kennt mein Lieblingsrestaurant und meinen Studiengang, er kann mich nun für immer stalken. Außerdem zeige ich ihm jetzt auch noch den Weg zu meiner Wohnung. Wie wundervoll. Ich versuche Zeit zu schinden, in dem ich extra langsam beginne loszulaufen und mich abwesend mit dem Schnee auf meiner Jacke beschäftige, doch Matteo hat offensichtlich nicht vor, das sichere Schweigen zwischen uns beizubehalten.

„Du hast dich nicht gemeldet nach dem Konzert." Sein freundlicher Ton von eben ist verschwunden und statt Wärme sehe ich etwas ganz anderes in seinen Augen. Was es ist, kann ich nicht sagen, doch es gefällt mir ganz und gar nicht.

„Wieso hätte ich mich denn melden sollen?", frage ich naiv zurück, will die Frage aber am liebsten gleich wieder zurücknehmen. Ich wollte mich bei ihm melden. Alles in mir hatte danach geschrien, es zu tun. Und ich hatte es auch versucht. Wirklich. Mindestens zehn Mal hatte ich eine Nachricht angefangen, nur um sie dann wieder zu löschen. Die letzten Wochen hatte ich permanent darüber nachgedacht, was ich ihm schreiben soll und ob er das überhaupt möchte. Doch sein Blick sagt mir, dass es ein großer Fehler war, einfach nichts zu tun. „Ich wollte dass du dich meldest, um zu wissen wie es dir geht. Ob du etwas brauchst." Matteo bleibt stehen und ich bin gezwungen, es ihm gleich zu tun. Sein Blick bohrt sich in meinen und er ist mir schon wieder so nahe. Sein warmer Atem schlägt mir durch die kalte Nacht entgegen und lässt mein Herz schneller schlagen. Ich frage mich, ob er weiß, dass er mich damit aus dem Konzept bringt und sich so einen unfairen Vorteil verschafft.

„I..I... ich habe nichts... g..g..gebraucht." Die Buchstaben auf meiner Zunge verheddern sich und ich kann nichts dagegen tun. Keine Kayla ist da, die von mir ablenkt. Kein Tyrna kann ein neues Thema einwerfen, das unverfänglicher ist. Matteos Blick bringt mich dazu, auf der Stelle im Erdboden versinken zu wollen. Doch ich kann nicht wegsehen. „Ja, das habe ich mitbekommen. Du solltest erstmal versorgt sein. Du bist ja richtig dick im Geschäft derzeit." Sein Unterton ist so bitter, dass ich keinen Zweifel habe, dass er auf einen ganz gewissen Auftrag anspielt.

„Das ist alles nicht so wie du denkst!" Ich wippe unsicher auf meinen Füßen herum und suche fieberhaft nach den richtigen Worten. Doch Matteo ist im Angriffsmodus und ich habe nicht die richtige Courage, um ihn zu bremsen. Wieso sollte ich auch? Ich schulde ich ihm nichts. Es ist meine Kariere und mein freier Wille, mit wem ich Geschäfte eingehe.

Doch es ist schwer an meinem Leitsatz fest zu halten, während Matteo sich durch die Haare fährt und den Kopf schüttelt: „Du weißt gar nicht was ich denke!", fährt er mich in bemüht kontrolliertem Ton an. „Aber ich sage es dir gerne. Es war ein gutes Angebot, oder? Ich denke, er hat dir eine richtig gute Stange Geld gezahlt. Wenn nicht, wäre er auch dämlich. Und du wärst dumm, wenn du nicht angenommen hättest. Mir hast du nicht mal zugehört, als ich dir ein Angebot gemacht habe." Matteo redet sich gerade richtig in Rage und ich weiß, wenn ich auch nur versuchen würde, ihm zu wieder sprechen, kämen nur gestotterte Worte aus mir raus. Also behalte ich für mich, dass ich gar nicht wusste, für wen ich das Lied mixe und die Hook schreibe. Auch nicht, dass der Text mich berührt hat. Ich verschweige ihm, dass ich keine Ahnung hatte, wie viel Geld ich damit machen würde. Und dass ich von niemandem, auch nicht von Rush-Musik, jemals eine so hohe Summe angenommen hätte. Er lässt mir auch keinen Raum dafür, ihm zu erklären, dass mein schlechtes Gewissen ihm gegenüber in diesem Moment viel schwerer wiegt als die Freude über den Erfolg. Denn es ist mein erster so erfolgreicher Job und statt sich etwas für mich zu freuen, hält er mir hier eine Strafpredigt.

Diamanten-RauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt