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Als ich die Türe zu meinem Apartment aufschließe, wird mir erst bewusst, wie dämlich mein Vorschlag war. Schon im Flur liegen einige meiner Schuhe wild auf dem Boden verteilt und gesaugt habe ich hier auch schon seit einer Ewigkeit nicht mehr. „Ich habe dich gewarnt. Noch kannst du umkehren.", biete ich an, während ich das Licht anschalte. Doch Marco tritt, ohne zu zögern in meinen Flur und schließt die Türe hinter sich. „Hey, jetzt hast du mich so neugierig auf dein Chaos gemacht! Versuch mich nicht jetzt weg zu jagen, weil du es dir anders überlegt hast." Ich seufze und streife meine Jacke und Schuhe ab. Marco tut es mir gleich. Er trägt ein dunkelgrünes Longsleeve, welches am Hals leicht offensteht und seinen Körper betont, der mir so deutlich bisher noch gar nicht aufgefallen ist. Ich hatte mir das beim Festklammern also nicht nur eingebildet: dieser Mann hat mehr zu bieten als nur scharfe Antipasti. Seine dunkle Jeans wird von einem Gürtel gehalten und sitzt perfekt. Erst als Marco sich mit einem Schmunzeln im Gesicht räuspert, wird mir bewusst, dass ich ihn angestarrt haben muss. „Oh, entschuldige." Ich setze meinen Weg fort, durch den Flur, an der Badezimmertüre vorbei, in mein bescheidenes Zimmer. Die Straßenlaterne wirft weiches Licht herein, welches noch nicht das volle Ausmaß meines Chaos zeigt. Die herumliegenden Kleidungsstücke, die Pizzakartons in der Ecke und meine sich stapelnden Uniunterlagen bleiben noch unter dem Schleier der Dunkelheit verborgen. „Wenn ich jetzt das Licht anmache, versinke ich vor Scham im Boden.", warne ich meinen Gast und drehe mich mit einem verlegenen Lächeln auf dem Gesicht zu ihm um. „Dann lassen wir es doch einfach aus, oder?", flüstert er und wieder tritt dieses Schmunzeln auf sein Gesicht, welches mir das Gefühl gibt, die einzige Frau zu sein, die er jemals so ansieht. Seine Locken stehen auch wieder etwas wilder vom Kopf ab, er muss mit der Hand durchgefahren sein, als ich nicht hingesehen habe.

„Mel, darf ich noch etwas klarstellen?", flüstert Marco, während er mit seiner Hand sanft nach meiner greift. Die Berührung ist vorsichtig und langsam, ganz anders als ich sie sonst von Männern kenne. Mein Mund wird augenblicklich trocken und ich spüre das nervöse Kribbeln im Magen, dass ich sonst nur habe, wenn ich Matteo beim Rappen höre. „Hm?", bringe ich wenig schlagfertig raus. „Ich bin glaube ich bin nicht so gut in Freundschaften, zumindest nicht mit dir.", raunt Marco. Mein Herzschlag beschleunigt sich, allein bei dem Gedanken, dass er jetzt gehen könnte. Seine Finger, die leicht über mein Handgelenk streifen, fühlen sich zu gut an. „Wieso nicht?", frage ich, wobei meine Stimme sich merkwürdig belegt anhört.

„Weil, immer wenn du da bist, dann muss ich daran denken, das hier zu tun." Marcos Hände ziehen mich näher an ihn heran, während sein Kopf sich zu mir heruntersenkt. Bevor ich richtig umreise, was er vorhat, spüre ich seine Lippen schon sanft auf meinen. Es ist nur eine kurze Berührung, ein Funken. Doch bereits als er sich wieder von mir löst, weißt ich, dass er damit ein Feuer berührt, das schon viel länger in mir brennt. Ob nun wegen ihm, oder jemand anderem, spielt keine Rolle. Es ist da und Marcos Berührungen füttern es, bis es jetzt droht meine Gedanken zu überwältigen. Das ganze Durcheinander heute und die Spannung die sich zwischen Matteo und mir all die Monate aufgebaut hat, scheint mit diesem Kuss noch einmal aufgewühlt zu werden.

Marcos Lippen schweben über meinen, sodass ich mir aussuchen kann, ob ich ihn nochmal an mich ziehe, oder zurückweiche. Eine Sekunde lasse ich die Spannung zwischen uns auf mich wirken und überlege, ob es die gleiche ist, die ich auch bei Matteo spüre. Doch noch bevor mein Kopf darauf eine Antwort gefunden hat, fahren meine Finger schon hinauf zu Marcos Nacken. Mein Körper scheint sich selbstständig zu machen, denn ich ziehe ihn ein Stück näher an mich, bis seine Lippen wieder auf meinen liegen. Dabei lasse ich meine Hand durch sein dunkles Haar fahren, welches sich verboten weich anfühlt. Kein Mann sollte so geschmeidiges und dichtes Haar haben.

Seine Lippen auf meinen sind im ersten Moment zärtlich, so als würde er warten, wie ich reagiere. Dieser Mann küsst definitiv nicht das erste Mal und auch seine Hände wissen ganz genau, wie man eine Frau hält. Denn als er mich an meiner Taille näher zu sich zieht, wird auch der Kuss intensiver. Marcos Griff ist dabei weder zu sanft noch zu hart.

Diamanten-RauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt