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„Er hatte dich also doch wählen lassen.", höre ich Matteo resignierend hinter mir, doch ich kann nicht darauf antworten. Tränen bahnen sich ihren Weg nach oben und laufen schließlich über. Meine Nase kribbelt und ich versuche zu schlucken, während meine Unterlippe bereits beginnt zu zittern. „Er... ich... ich hab doch nichts getan...", stammle ich und breche plötzlich in Tränen aus. Dass Matteo da ist, spielt keine Rolle. Ich hatte den Mann verletzt, der die letzten Monate so geduldig mit mir war. Er hatte mich unterstützt, als ich meinen Job gewechselt hatte. Er hatte mit mir alle Kisten in diese Wohnung geschleppt. Er hat Filmeabende mit Kayla und mir gemacht und sogar ihre Beauty-Masken begeistert mit gemacht. Und er war geduldig, was all meine Macken und Eigenheiten anging. In all der Zeit hat er mich nicht einmal verletzt, bedrängt oder enttäuscht. Und ich habe ihm in wenigen Momenten so das Herz gebrochen. Ich bin ein schrecklicher Mensch.

„Mel, es ist nicht deine Schuld. Es ist einfach ein mieses Timing gewesen." Matteos Stimme ist plötzlich ganz nahe an meinem Ohr und seine Hand liegt auf meinem Arm. Ohne groß über mein Handeln nachzudenken, drehe ich mich um und funkle ihn böse an. Am liebsten würde ich ihn schubsen. „Dafür fühlt es sich aber verdammt scheiße an. Ich habe alles getan, um mich von dir fernzuhalten und kaum lasse ich dich einen Tag wieder in mein Leben, dann geht alles den Bach runter!", weine ich und kann vor lauter Wasser in den Augen schon nicht mehr richtig sehen. Matteo hebt vor mir abwehrend die Hände. „Ich habe dir gesagt, ich bin ein schlechter Einfluss. An meiner Seite geht es den Leuten selten gut. Schon gar keiner Frau, mit der ich mir vornehme befreundet zu sein." Seine uneingeschränkte Selbstschuld rüttelt mich nur noch mehr auf und statt ihn weg zu schupsen, lehne ich mich einfach an Matteos Brust. Sie ist so breit und warm, dass sie geradezu einladend auf mich wirkt. Und der Stoff, aus dem dieses Hemd gemacht ist, fühlt sich an meiner Wange genauso seidig und weich an, wie ich es mir vorgestellt habe. Es dauert einen Moment, doch noch während ich von Schluchzern geschüttelt werde, schlingt Matteo seine Arme um mich.

Nur wenige Momente später finde ich mich auf meinem Sofa wieder, ein Taschentuch in der Hand und Matteo streicht mir, sehr unbeholfen, über den Rücken. Er hat kein Wort mehr gesagt, seit er mir weismachen wollte, er sei ein schlechter Einfluss und ich dazu nichts mehr gesagt habe. Vielleicht ist er das ja auch. Schließlich habe ich wegen keinem Mann jemals so viele meinen Prinzipen in Frage gestellt, wie für Matteo. Und keiner fährt mir so schnell unter die Haut. Aber warum fühle ich mich dann bei ihm so lebendig? Wenn ich mit Marco zusammen war, fühlte sich das Leben an, wie auf Wolken. Leicht, sanft und beschützt. Wenn ich hingegen mit Matteo streite, fühle ich mich, als würde Feuer durch meine Adern fließen. Das Erste ist eindeutig angenehmer, doch das zweite ein Abendteuer.

Ich sehe unsicher zu Matteo auf, der sich neben mich auf dem Sofa ausgestreckt hat und zulässt, dass ich sein Hemd vollweine. Ein Hemd, welches vermutlich sündhaft teuer war. Seine braunen Augen finden meine und mir wird klar, dass er tatsächlich noch da ist. Ich weine, wie das klischeehafteste Mädchen in einem Teenager-Film und er hat noch nicht die Flucht ergriffen.

Matteos Hand wandert von meinem Rücken hoch zu meinem Nacken und bewegt sich dort weiter, nun mir mehr Druck. Seine leichte Massage löst einen warmen Schauer in mir aus. Ich senke meinen Blick wieder. Es tut gut zu spüren, dass ich nicht allein bin, während die Tränen langsam versiegen. Dass ich nichts Falsches gemacht habe und Marco dennoch verloren habe. Marco... der Gedanke an ihn lässt weine Nasenspitze wieder gefährlich kribbeln. Nein, das will ich jetzt nicht nochmal zulassen. Noch einen Moment will ich meine Probleme wegschieben, nur noch einen. Ich versuche mich abzulenken, indem ich mich ganz auf Matteos Berührung konzentriere. Seine rauen Fingerkuppen verfangen sich gelegentlich in meinem Haar, während sie sich in einem routinierten Rhythmus in meinem Nacken bewegen. Das leichte Ziepen macht mir bewusst, wie nahe er mir ist und dass es mir kein Bisschen unangenehm ist.

Diamanten-RauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt