Austin's Sicht
"Nein!", ich schreckte hoch. Verdammt. Jedes Mal, wenn ich meine Augen für einen längeren Zeitraum schloss, hatte ich den gleichen Alptraum. Immer das gleiche Bild. Die gleiche Trauer. Ich sah ihn vor mir von der Decke hängen, seine wunderschönen Augen geschlossen, trotzdem zierte sein unbeschwertes Lächeln immer noch den Mund des Menschen, welchen ich zu lieben lernte.
Kairo bot mir zwar an ihre Schlaftabletten zu benutzen, um das alles zu verhindern, aber wollte ich das auch? Die Wahrheit war, dass ich ihn auf keinen Fall vergessen wollte. Vielleicht weiß ich gar nicht mehr wie sein Lächeln aussah, wenn ich meine Augen schloss und die Nächte lang und tief schlief. Für die wenigen Erinnerungen würde ich sogar schlechte Träume auf mich nehmen.
Wahrscheinlich war ich so übermüdet, dass ich jetzt schon im Flur direkt wegsackte. Schlussendlich stand ich von dem Boden, auf welchen ich mich, nach der Begegnung mit Kairo im Flur, gesetzt hatte, auf und machte mich auf den Weg zur Küche. Kaffee könnte ich jetzt gut gebrauchen. Mit einer Tasse, gefüllt mit eben diesem Getränk, setzte ich mich an den Küchentisch und ließ meine Gedanken schweifen.
Es gibt eigentlich nicht viel über mich zu wissen. Mein echter Name ist Raphael Aguliro, den Namen habe ich mir leider nicht Ausgedacht, sondern mein Vater gab ihn mir. Er war Latino, kam aus New Mexico und arbeitete bei einer internationalen Bank. Dies führte dazu, dass wir häufig unseren Wohnort und das Land wechseln mussten. So war ich schon in England, Schottland, Frankreich, Deutschland, Norwegen, Korea, Japan, Kanada und so weiter. Später lernte ich dort während unseres Aufenthaltes auch die örtlichen Sprachen.
Meine Mutter wiederum hatte Wurzeln aus Finnland und reiste so lange mit uns, bis sie sich von ihrem Mann trennte und wieder zu ihren Eltern zog. Den Grund dafür fand ich nie heraus. Mein Vater jedoch redete mir immer ein, es sei meine Schuld gewesen. Er fing an zu trinken und verlor schließlich auch seinen Job, sodass wir wieder am Anfang in New Mexico waren.
Dort machte ich meinen Abschluss mit sechzehn oder siebzehn als Jahrgangsbester.
Dies stellte sich als Wendepunkt meines Lebens heraus, denn kurze Zeit später stand jemand von der Armee Amerikas vor unserer Haustür. Er meinte, dass ich durch mein nahezu perfekten Abschluss die besten Voraussetzungen für die Arbeit in einer Spezialeinheit hätte. Ich willigte sofort ein und auch mein Vater war froh mich endlich los zu werden.
Die Ausbildung dauerte ungefähr anderthalb Jahre und schließlich konnte ich auch Aufträge annehmen. Die Aufträge beinhalteten meistens streng geheime Inhalte, an die ich kommen sollte. Es machte mir Spaß, denn ich konnte meine Sprachfähigkeiten gut nutzen. Manchmal musste ich mich auch verkleiden um an meine Zielpersonen zu kommen. In den seltensten Fällen musste ich Menschen aus diesem Leben durch meine Hände verabschieden. Das hieß ich brachte manchmal welche um. Wie sehr ich mich danach hasste.
Doch mit dem Guten ging das Böse einher, etwas was ich sehr schnell bei diesem Job lernte.
Als ich dann fast zwanzig Jahre alt war, hielt ich mich eher in einer Militärbasis auf, da ich mit den dortigen Soldaten einen Auftrag erledigen musste. Unter diesen war auch der Pilot Michael Collins -
Das Vibrieren meines Handys riss mich aus meinen Gedanken. Die Nachricht auf dem Bildschirm zeigte mir, dass ich zu spät zum Training mit Venedig war. Schnell trank ich meinen Kaffee aus und rannte zu besagter Person.
"Na da bist du ja endlich, Austin. Ich dachte schon ich könnte früher gehen", scherzte sie, als ich bei ihr ankam. Noch etwas neben der Spur setzte ich mein Lächeln auf und erwiderte: "Vielleicht hätte das für uns beide ein schönerer Tag werden können."
Und so fing die Qual an.
Das Gute ist, dass ich schnell lernte und vieles noch aus der Ausbildung für die Armee-Spezial-Einheit kannte. Als ich bei Kairo anfing, vor zwei Jahren, brachte sie mir ebenfalls vieles bei, was ich jetzt nur noch wiederholen musste. Seit einem halben Jahr, seitdem er tot ist, hatte ich nichts mehr gemacht und das schlug mir nun wortwörtlich auf die Finger. Im letzten halben Jahr wurde ich von einem zum nächsten Job gegeben und suchte mir ständig neue Unterkünfte, bis ich schließlich wieder beim Boss ankam. Eigentlich verdanke ich ihr mein Leben, denn wenn es mir schlecht ging oder ich jemanden brauchte - dann war sie da. Dies will ich ihr zurückgeben und deshalb stehe ich mit allem was ich habe hinter ihr.
Ich merkte nicht wie schnell das Training an mir vorbeizog. Wir hatten Nahkampf und Kondition in allen Bereichen geübt. Dazu kam noch ein Karftkreis. Als es dann endlich zu Ende war, klopfte mir Venedig auf die Schulter mit den Worten, "Komm mal aus deinem Kopf raus. Was auch immer los ist, du musst jemandem davon erzählen. Wenn das so weiter geht, stehst du irgendwann da und kommst gar nicht mehr klar", sie lächtelte mich noch leicht an und ging dann ihrer Wege. Genauer gesagt zu den Umkleiden.
Ich war zu perplex um irgendwas zu tun. War es so offen sichtlich?
Ohne weitere Umstände begab ich mich auch zu meinem Spind, um meine Sachen zu wechseln.
Da es schon später Nachmittag war und ich nichts mehr zu tun hatte, beschloss ich, dass ich nach Hause gehen werde, wo Kairo schon wartete. Ich hatte sie fast den ganzen Tag nicht gesehen, nur einmal. Jetzt saß sie auf dem Sofa, eingekuschelt in eine Decke und laß in einem Buch. Als ich eintrat schaute sie auf und schaute mir direkt ins Gesicht.

DU LIEST GERADE
Codename City
Teen FictionMehrere Personen, verschiedene Geschichten und eine Person die sie verbindet. Die ganze Truppe kommt aus aller Welt und ist aus den verschiedensten Gründen kriminell geworden. Manche freiwillig, manche unfreiwillig. Nun befinden sie sich unfreiwill...