33.Kapitel

7 2 0
                                    

Austin's Sicht 

Eine Woche lang war ich schon bei McCurts Gang. Die ersten Tage waren nervenauftreibend und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl beobachtet zu werden und jeden Moment aufzufliegen. Allerdings spielte sich alles wie fast geplant aus. Als ich ankam wurde ich überraschender Weise schon erwartet und direkt zu einem Meeting mit dem Boss persönlich geleitet, wo er mir mitteilte, dass ich, also Benedict Tailor, zum Außenstützpunkt abgesondert werden sollte. Anscheinend hatte Bennie beim letzten Einsatz ein wenig geschlampt und sollte sich deshalb erst wieder beweisen. Super, so war ich weiter weg von Steven als gedacht.

Nach dem Gespräch mit McCurt wurde ich zum Quartier etwas außerhalb der Stadt gebracht. Den Wohnblock teilte ich mit Anderen, die entweder bei McCurt anfingen, ebenfalls geschludert hatten oder die Leute, die momentan überflüssig in der Stadt waren und hier auf weitere Befehle warten sollten. Wir hatten mehrere Zimmer mit je fünf Betten, ein Gemeinschaftsbad und keine Küche, da wir zu jeder Mahlzeit im Gemeinschaftsraum essen mussten. Es war fast wie damals in der Armee. Meine Mitbewohner machten den ganzen Tag nichts, außer ab und zu auf dem Freiplatz auf dem Gelände zu trainieren und sich gegenseitig zu prügeln. Sie waren alle breit gebaut und hatten meist einen grimmigen Ausdruck auf den Gesichtern. Ich versuchte sie zu meiden, denn ich wollte einerseits nicht auffallen und andererseits schaute ich mich lieber allein auf dem Gelände um. 

Neben dem Trainingsplatz und dem Essenssaal gab es noch einen Hubschrauberlandeplatz. Obwohl das klingt, als wäre das Gelände riesig, war es nur so groß wie ein Häuserblock und sah von außen auch so aus. Es war bald Mittagszeit, deshalb begab ich mich schon einmal zum Saal. Auf dem Weg dahin sah ich wie ein wichtig aussehender Mann in einem Anzug ebenfalls in diese Richtung ging, ein anderer Mann mit Fliegerbrille dicht an seinen Fersen. Der Fliegerbrillentyp sagte etwas zu dem Anzugträger und ging dann in Richtung der Toiletten, während letzterer nur nickte und weiter zum Essensraum ging. Das könnte interessant werden. Ich ging ebenfalls weiter und setzte mich, im Saal angekommen, auf einen freien Platz, den wichtigen Mann noch immer beobachtend.

Die Glocke ertönte, das Signal zum Essen, und plötzlich strömten alle Insassen des Geländes durch die Türen. Es war jedes Mal ein Gedrängel und Geschubse, doch dann ertönte ein Pfiff durch die Menge und alles waren still. 

Ruhe, ihr ungezogenen Bengel! Was ist denn hier los? Könnt ihr nicht zivilisiert in einer Schlange stehen?, sofort reihten sich die Männer und Frauen in eine Reihe, alle schwiegen. Ich saß noch immer in meiner Ecke und sah wie der Anzugmann vorne im Raum stand und die Menge musterte, anscheinend suchte er nach jemandem der etwas. Der Fliegerbrillentyp kam nun durch die Schlange nach vorn, vermutlich war er fertig mit seinem Geschäft und flüsterte dem Mann etwas zu.

Ich bin der euer neuer Vorgesetzter, James James, wer über meinen Namen lacht ist tot, und ich werde euch etwas Respekt lehren, nachdem euer alter Vorgesetzter versetzt wurde, da er euch hier nicht zähmen konnte. McCurt hat mich schon gewarnt, dass hier nur Flegel du Nichtsnutze sind. Wenn ich während des Essens auch nur einen Mucks höre seid ihr einen Finger los. Ihr seid hier, weil ihr entweder Schulden beim Boss habt, ihr etwas vermasselt habt oder freiwillig denkt, dass das hier sei Spaß. Dem ist nicht so also gehorcht mir und benehmt euch!, dieser Mann strahlte Disziplin aus und warf einen dunklen Blick durch die Meute. Gibt es Einwände, dann tretet hervor. Einer meiner Zimmergenossen hob die Hand und trat aus der Schlange, dann knallte es und er schrie auf. Blut floss seinen Arm herab zum Ellenbogen, sein kleiner Finger fehlte. Ich blickte wieder nach vorn und sah wie der Fliegertyp seine Pistole einsteckte.

James erhob wieder das Wort: Wie uns dieser törichte Mann gezeigt hat, dulde ich keine Einwände. Das hier ist kein Wunschkonzert. Wir sind kurz davor in einen Kampf zu ziehen und da müsst ihr gehorchen. Habt ihr mich verstanden? Alle nickten eingeschüchtert. Zudem ist der Mann an meiner Seite, Mister Collins, mit einem Auftrag hier. Er soll mit einigen von euch einen Schuldner, der nicht mehr zahlt, und seine ganze Familie auslöschen.

Niemand sagte etwas bis der Fliegerbrillentyp, Mister Collins wie ich nun wusste, eine Liste aus seiner Hosentasche zog: Zu diesem Einsatz braucht es nur einen Fahrer, das bin ich, einen Killer, der die Familie umlegt und drei weitere Personen als Backup falls etwas schiefläuft. Dies wird nicht der Fall sein, aber Anweisung ist Anweisung. Seine Stimme war sanfter als erwartet und kam mir nur allzu bekannt vor. Es konnte nicht sein – oder doch? Er war tot und ich dachte wahrscheinlich nur etwas in den Namen und die Stimme hinein, was gar nicht da war. Ich wurde aus meinen Gedanken herausgerissen.

Heißt irgendwer hier Benedict Tailor, er möge hervortreten. Ich möchte ihn nicht zum dritten Mal aufrufen, Mister Collins Ton war genervt, auch seine Haltung war nun angespannter wie ein Lehrer, der vor seiner Klasse steht und dem die einfachste Frage nicht beantwortet wird. Ich stand von dem Tisch auf und machte ein Schritt auf die beiden Männer zu. Räuspernd meldete ich mich zu Wort: Hier, ich bin Bennie.

Wurde langsam Zeit, ich hoffe der Boss hat dich nicht verwechselt, denn wie du mir hier so träumend erscheinst, hast du nicht das Zeug zum Killer, das Gesagte traf mich hart, denn jetzt realisierte ich, dass ich die Familie erschießen musste. Ich schaute hoch in das Gesicht von Mister Collins und der Schock traf mich wie der Knall einer Bombe. Ich hatte mich nicht getäuscht und mein Gedächtnis spielte nicht mit mir. Vor mir stand live und in Farbe mein für tot gehaltener Freund, Michael Collins. 

Was starrst du mich so an? Hol dir was zum Essen und setz dich dahinten an den Tisch. Wir müssen den Auftrag durch gehen, damit wandte er sich wieder zur Menge und reif noch zwei Männer und eine Frau auf. Sobald ich mich vorne an die Schlange gestellt habe und mir mein Mittag gereicht wurde, begab ich mich zu dem Tisch, an dem Michael schon saß. Er ging durch seine Unterlagen und schien sehr konzentriert zu sein.

An dem Tisch angekommen, setzte ich mich hin und fing an zu essen. Dabei konnte ich meinen Blick nicht von ihm Wenden. Wenn ich fragen darf, wie kamst du hier her?, ich musste es wissen. Ich bekam den Brief und verstand nicht wie er jetzt auf einmal hier sein konnte und ich nichts davon wusste. Warum willst du das wissen?, fragte er kühl, ein trauriger Schatten huschte über seine Augen, allerdings nur für den Bruchteil einer Sekunde. Keine Ahnung. Du scheinst eine traurige Geschichte zu haben und ich finde gerade dies interessant, stocherte ich weiter. Seine abweisende Art war gar nicht das, was ich von ihm kannte. Es machte mein Herz schwer. 

Bevor das Gespräch weitergeführt werden konnte, kamen die drei muskulösen Schläger ebenfalls an den Tisch. Gut, dass ihr da seid, dann können wir unsere Herangehensweise besprechen, fuhr Michael fort als sei nichts geschehen. So besprachen wir uns dann und ich fand heraus, dass wir direkt nach dem Mittag zum Grundstück des Schuldners aufs Land fahren und dort dann kurzen Prozess machen werden. 

Im Auto herrschte Schweigen. Michael fuhr, das Steuer krampfhaft in seinen Händen haltend, etwas schien ihn zu betreten. Ich saß auf dem Beifahrersitz, schaute aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft, ab und zu einen Blick auf den Mann neben mir werfend. Hinten im abgetrennten Teil saß das Backupteam. Um die bedrückende Stille zu brechen schaltete ich das Radio ein, wechselte den Sender solange bis mir die Musik gefiel und schaute dann wieder aus dem Fenster.

Codename CityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt