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Marten

Wütend boxte ich auf den roten Boxsack vor mir. Diesmal habe ich es wirklich verkackt!
»Marten glaubst du nicht das es reicht? Du boxst da schon seit Stunden rein«, Max sah mich besorgt an und hielt den Boxsack fest.
Ich ignorierte ihn und schlug noch aggressiver drauf.
»Kümmer dich doch um deinen scheiß Digga!«, sagte ich außer Atem. Ich zog die Handschuhe aus und boxte mit meiner Faust weiter auf den Sack.
»Du tust dir noch weh! Lass es sein und trink mal was«, Max zog den Sack weg. Ich blickte ihn wütend an und trank aus meiner Flasche. Außer Atem setzte ich mich auf die Stufe vom Boxring und fuhr mir durch die nassen Haare.
»Was ist los mit dir? So kenn ich dich gar nicht Digga!«, Max setzte sich neben mich und sah mich besorgt an.
»Ich hab scheiße gebaut! Ich hab's einfach verkackt«, schrie ich und schmiss meine Flasche durch die große Trainingshalle.
»Fuck!«, halte meine Stimme.
Ich nahm meine Trainingstasche und verließ die Halle. Mir war es grade egal ob ich komplett verschwitzt war und mir eine Erkältung holen würde. Ich zündete mir eine Zigarette an und fuhr zu Aleya's Wohnung. Hastig stieg ich die Treppen rauf und kramte nach ihrem Schlüssel und schloss die Türe auf.
»Aleya!«, rief ich und legte den Schlüssel auf der Kommode ab.
»Was willst du hier?«, vor mir erschien Jonas der mich wütend musterte.
»Ich muss mit Aleya reden«, sagte ich und wollte an ihm vorbei laufen. Jonas hielt mich fest und schubste mich nach hinten.
»Lass die Scheiße Digga!«, zischte ich wütend.
Als die Schlafzimmertüre aufging kam Aleya zusammen mit John in den Flur.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Können wir bitte reden?«, fragte ich sie.
Aleya seufzte und nickte dann. John ließ mich los und sah noch mal wütend zu mir. Sie öffnete die Schlafzimmertüre und sah mich auffordernd an.
»Benehm dich!«, zischte mein Cousin.
Ich schloss die Türe hinter uns und stand Aleya jetzt gegenüber.
»Aleya es tut mir leid das ich dich versetzt habe. Ich weis nicht wie ich es so weit kommen lassen konnte aber an dem Abend als ich aufm Kiez war haben die Jungs mich überredet was zu trinken und aus einer Flasche Bier wurde es dann doch mehr«, erklärte ich ihr. Aleya sah mich wütend an.
»Dein Ernst?! Wegen Alkohol vergisst du unseren Termin? Weist du wie es mir danach ging als ich erfahren hab das unser Kind nicht mehr lebt? Ich dachte du wirst immer bei mir sein?!«, rief sie.
»Ich weis ich hab Scheise gebaut aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen!«, zischte ich wütend. Wieso verstand sie nicht das es nicht meine Absicht war?
»Hörst du dir mal selber zu Marten?! Wie bitte soll ich dir vertrauen wenn du mich jedesmal versetzt?«
»Was hat das denn jetzt mit vertrauen zu tun? Ja ich hab den Termin verpennt aber du tust so als hätte ich dich betrogen! Es war nur ein Termin!«
»Nur ein Termin?! Tut mir leid das dich unser Kind kein bisschen interessiert«, schrie sie mich an. Ich seufzte und versuchte mich zu beruhigen.
»Nicht nur du hast ein Teil von dir verloren sondern ich genauso! Es war auch mein Kind!«, ich konnte meine Wut nicht mehr zurückhalten.
»Es geht hier nicht immer um dich okay?! Mir war unser Kind genauso wichtig! Ich hab auch Stress und verpenne mal was aber trotzdem hast du kein Recht mich einfach von dir weg zu drücken wegen einem scheiß Fehler!! Du hast mir ja nicht mal als erstes gesagt das unser Baby Tod ist sondern vor versammelter Mannschaft! Weist du wie ich mir vorgekommen bin?! Ich dachte wir führen eine richtige Beziehung und keinen Kindergartenscheiß!«, schrie ich sie an. Meine Brust hob und senkte sich vor lauter Wut. Erst als ich Aleya ansah, bereute ich meine Worte und mein Verhalten sofort.
Aleya sah mich traurig an und versuchte vergeblich ihre Tränen zu unterdrücken. Ihre Lippe zuckte und kurz darauf brach sie in Tränen aus. Sie legte ihr Gesicht in ihre Hände und schluchzte laut. Ich ließ meine Schulter hängen und wurde direkt weich.
»Shh es tut mir leid Ja? Ich wollte dich nicht so anschreien«, seufzte ich und nahm sie in den Arm. Sie weinte gegen meine Brust und sagte nichts dazu. Einige Minuten verharrten wir in dieser Position. Das einzige was im Zimmer zu hören war, war Aleya's Schluchzen.
»Bitte wein nicht mehr«, unterbrach ich die Stille und nahm ihr Gesicht in meine Hände. Ich zwang sie dazu mich anzusehen. Ihre Augen waren angeschwollen und rot unterlaufen. Man sah ihr an wie erschöpft sie eigentlich war.
»Marten«, schniefte sie und wusch sich die Tränen weg.
»Du hast recht! Es geht nicht nur um mich und vielleicht sind wir einfach nicht in der Lage eine anständige Beziehung zu führen«, murmelte sie und ging einen Schritt von mir weg.
Ich wusste was sie damit meinte.
»Okay«, sagte ich gleichgültig und umfasste die Türklinke. Ich drehte mich ein letztes Mal um, sah Aleya an und lief aus dem Zimmer. John und Jonas standen im Wohnzimmer und musterte mich neugierig. Ich nahm meinen Schlüsselbund von der Kommode und hielt Aleya's Wohnungschlüssel zwischen meinen Fingern. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen entfernte ich den Schlüssel und legte ihn auf die Kommode. Ohne mich von den Jungs zu verabschieden, knallte ich die Wohnungstüre hinter mir zu und blickte in ein männliches Gesicht. Der Mann vor mir musterte mich kurz bevor er seine Wohnung aufschloss und hinein ging. Kopfschüttelnd lief ich die Treppen runter und fuhr nachhause.

Aleya

Ich wusch mir die Tränen weg und sah mich im Ganzkörperspiegel an. Meine Augen waren rot und angeschwollen. Seufzend lief ich aus dem Schlafzimmer und sah in zwei besorgte Gesichter.
»Alles okay?«, fragte John vorsichtig.
»Wäre John nicht da dann hätte ich ihm den Kopf abgerissen! So wie ihr euch angeschrien habt«, sagte Jonas wütend.
»Wir haben uns getrennt«, sagte ich und spürte ein ziehen in meiner Brust. Es war besser so (redete ich mir natürlich ein)!
»Das wird schon wieder«, sagte John. Mein Bruder sah erleichtert aus.
»Es ist besser so«. Ich zwang mich zu einem Lächeln und nickte. War es das?
»Versteht mich nicht falsch aber ich möchte grad einfach nur alleine sein Okay?«, sagte ich. Die Jungs nickten und ich begleitete die beiden noch zur Türe.
»Sicher das du alleine sein willst?«, fragte John.
»Ja sicher«, nickte ich.
»Okay. Holst du mich morgen ab?«, fragte John.
»Wenn du willst kann ich mitkommen«, sagte mein Bruder.
»Danke aber ich glaub es reicht wenn John dabei ist. Ich melde mich bei dir nach der Operation Okay?«, ich sah entschuldigend meinen Bruder an. Ich liebte ihn wirklich und war dankbar das er immer an meiner Seite war, aber es war nur eine kleine Op und John tat mir grad einfach gut auch wenn er der Cousin von Marten war. Jonas nickte und umarmte mich bevor die beiden die Treppen runter liefen.
Ich schnappte mir mein Handy und rief Adriana an. Ich hatte sie total vernachlässigt und war ihr eine Entschuldigung schuldig.
»Hey Adi! Es tut mir leid das ich dich hängen lassen hab«, sagte ich als sie abhob.
»Raf hat mir erzählt was passiert ist. Es tut mir so leid Aleya«, sagte sie einfühlsam.
Ich wusste nicht wie ich drauf antworten sollte. Ich schluckte den Klos in meinem Hals runter und räusperte mich.
»Ist zwischen dir und Raf alles gut?«
»Ach Aleya ich bin so dumm«, stöhnte sie.
»Wieso?«, lachte ich.
»Man Raf wollte mich nur überraschen. Er wollte mich zum Essen ausführen und hat mir ein Kleid gekauft und dazu passende Schuhe. Kannst du glauben das er zusammen mit Marten nach Kleidern geschaut hat?!«.
Bei dem Gedanken musste ich grinsen. Die beiden in einem Laden voll mit schönen Kleidern. Ich konnte mir ihre überforderten Blicke nur zu gut vorstellen.
»Natürlich hat er die falschen Größen gekauft«, lachte sie und holte mich in die Gegenwart zurück.
»Und was ist passiert das ihr euch vertragen habt?«, fragte ich sie neugierig.
»Du wirst es nicht glauben Aleya«, quietschte sie voller Freude.
»Nun sag schon!«, drängte ich.
»Er hat mich gefragt ob ich ihn heiraten will«, kreischte sie. Geschockt hielt ich meine Hand an meinen Mund und quietschte mit ihr zusammen.
»Das war sein Plan. Er wollte einen schönen Abend mit mir verbringen und hat aber dann alles heute zuhause organisiert. Raf hat sogar selber was gekocht und als wir fertig mit dem Essen waren, da hat er den Ring aus seiner Hosentasche geholt und mich gefragt! Ich kann es nicht glauben«, sagte sie voller Freude.
»Ich freu mich für dich Adi! Ich hab dir doch gesagt das Raf dich nicht betrügt«, lachte ich.
»Du hattest ja recht ich geb's zu«. Kurz war es leise.
»Aleya jetzt im Ernst wie geht es dir? Soll ich vorbei kommen und wir machen uns einen schönen Abend? Oder ist Marten bei dir«, fragte sie.
»Marten und ich haben uns getrennt und mir geht es zwar nicht gut aber es wird besser«, mein Hals schnürte sich zusammen und Tränen sammelten sich in meinem Auge.
»Was?! Aber wieso denn?«
Ich erzählte ihr alles in Ruhe und versuchte die kommenden Tränen zu unterdrücken.
»Wenn du mich brauchst dann gib mir bitte Bescheid ja? Soll ich morgen mal vorbei kommen?«, fragte sie mich fürsorglich.
»Ich geb dir Bescheid wenn ich zuhause bin. Ich denke das ich erst mal Ruhe brauchen werde«.
Nachdem wir uns verabschiedet haben, machte ich mich bettfertig und schlief mit einem mulmigen Gefühl ein.

The Night it all Changed (BAND I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt