AleyaDie letzte Kundin war grade gegangen. Ich räumte die Schminkutensilien auf und drehte die Musik etwas lauter. Ich hatte mich ein wenig von den Jungs distanziert vor allem von Marten.
Ich säuberte meine ganzen Pinsel und ließ mir bei allem viel Zeit. Ich hatte sowieso nichts geplant und verbrachte den Samstag Vormittag im Laden. Ich hatte niemandem davon erzählt nicht mal Adriana obwohl ich ihr vertraute. Ich wusste das sie niemanden was sagen würde und mich auch nicht verurteilen würde, weil ich mit Marten geschlafen hatte aber trotzdem wollte ich es für mich behalten.
Ich war so vertieft ins putzen das ich erst später das laute klopfen an meiner Scheibe hörte. Ich sah nach oben und musste leicht grinsen als ich John's Lockenkopf vor meinen Studio sah. Ich trocknete mir die Hände ab und schloss die Türe auf.
»Ich hab tausendmal geklopft und dich sogar angerufen! Bist du taub geworden oder ignorierst du mich mit Absicht?«, fragte er und trat ein.
»Tut mir leid John. Ich war wohl etwas zu sehr in meine Arbeit vertieft«, sagte ich und drehte die Musik leiser.
»Ich glaub nicht das deine Arbeit was damit zu tun hat. Ich hab dich seit Wochen nicht mehr gesehen und gemeldet hast du dich auch nicht also erzähl dem Boss was los ist«, sagte John und machte es sich auf der Couch, die für die Kunden gedacht war, bequem.
»Nichts ist los ich hab einfach momentan viel um die Ohren«, log ich. John zündete sich eine Zigarette an und sah mich fragend an. Ich nickte und zündete mir auch eine an.
»Du lügst. Ich merk doch das was anderes dahinter steckt Digga! Du kannst Gazo belügen aber mich nicht«, sagte John ernst. Ich seufzte.
»Es ist alles gut glaub mir«, sagte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Das ich mich in seinen Cousin verliebt hatte sagte ich ihm natürlich nicht.
»Okay dann kommst du jetzt mit«, sagte er und stand auf.
»Wohin? Ich kann nicht John«, sagte ich schnell.
»Doch wir gehen was essen«, sagte er und nahm meine Schlüssel vom Tisch. Er drückte mir meine Tasche, die auf dem Sofa war, in die Hand und schob mich aus meinem eigenen Laden. Er knipste alle Lichter aus und sperrte ab.
»Und außerdem hab ich nicht gefragt ob du kannst! Du kommst einfach mit«. Er drückte mir meine Schlüssel in die Hand und wartete bis ich mein Auto aufgesperrt hatte.
»Du musst fahren. Hab ja momentan keinen Führerschein«, sagte er und stieg ein.
Wir fuhren zu unserem Stammlokal und ich parkte meinen Wagen etwas weiter weg.
»Da bist du ja!«, rief Maxwell als wir in die Dönerbude rein liefen.
»Du lebst noch?!«, lachte er als er mich sah. Ich verdrehte die Augen und erwiderte die Umarmung.
Die Jungs saßen in einer Ecke und hatten sich schon was zu trinken bestellt. Ich erinnerte mich als ich hier mit Jonas das erste mal war.
»Bist du wirklich meine Schwester oder spinne ich?«, sagte Jonas als er mich sah. Er stand auf und kam grinsend auf mich zu.
»Geht's dir gut?«, fragte er mich etwas leiser.
»Ja alles gut«, sagte ich und umarmte ihn.
Wie erwartet saß auch Marten mit am Tisch. Ich ignorierte ihn und setzte mich neben Carlos.
»Du siehst gut aus«, sagte er und beugte sich etwas zu mir da es sehr laut war.
»Danke«, sagte ich und hatte das Gefühl beobachtet zu werden. Marten sah kurz zu uns und widmete sich dann wieder Alex der ihm irgendwas auf seinem Handy zeigte.
Wir bestellten uns was zu essen und ich lernte Carlos besser kennen. Er kannte Jonas schon sehr lange und hing früher mit John und Jonas im Schanzenpark ab.
»Ich beschäftige mich viel mit Autos und arbeite nebenbei in einer Werkstatt«, erzählte er.
»Also machst du keine Musik?«, fragte ich ihn.
»Nein», lachte er. »Die Jungs haben mehr Talent als ich. Dafür kenn ich mich besser mit Autos aus«. Der schwarzhaarige lachte über seine Aussage und sah zu Jonas der ihm den Mittelfinger zeigte.
Wir aßen zu Ende und sprachen noch über einiges. Ich war eigentlich froh, dass John mich hier her geschleppt hatte. Ich hatte Marten den ganzen Abend mit Leichtigkeit ignorieren können.
»Hast du vielleicht Lust noch was trinken zu gehen?«, fragte mich Carlos nachdem wir zu Ende gegessen hatten.
»Klar gerne«, sagte ich und stand auf.
»Wohin?«, fragte mich Jonas und stand ebenfalls auf.
»Carlos und ich gehen noch was trinken«, sagte ich und spähte rüber zu Marten der uns beide mit zusammen gezogenen Augenbrauen ansah.
»Okay! Pass auf sie auf Digga und lass deine Finger bei dir«, sagte er zu Carlos und sah ihn ernst an.
»Hör nicht auf ihn«, rollte ich mit den Augen und sah zu Jonas. Ich verabschiedete mich von allen und lief zum Ausgang. Jonas begleitete mich bis nach draußen und legte seinen Arm um mich.
»Ich bin froh das John dich überredet hat hier her zu kommen. Ist irgendwas passiert das ich wissen muss? Du hast dich von mir distanziert«
»Nein das habe ich nicht. Ich hatte nur viel zu tun«, lächelte ich gezwungen und war froh als Carlos raus kam.
»Ich bin mit meinem Auto da. Wie wollen wir es machen?«, fragte ich ihn.
»Gib mir deinen Autoschlüssel. Ich stell deinen Wagen später bei dir ab und schmeiß den Schlüssel in den Briefkasten«, sagte Jonas.
»Carlos fährst du sie dann heim?«, sagte er was eher wie eine Aussage klang als eine Frage.
»Klar Digga!«, versicherte Carlos und sah mich auffordernd an.
»Ich meld mich später bei dir Ja?«, sagte ich zu Jonas und verabschiedete mich von ihm.
Gemeinsam mit Carlos liefen wir zu seinem Wagen.
»Willst du irgendwo bestimmtest hin?», fragte er mich als er den Motor startete.
»Überasch mich«, zuckte ich mit den Achseln und schnallte mich an.
Carlos fuhr Richtung St.Pauli und parkte dann in der Nähe von einer Strandbar.
Gemeinsam liefen wir zur strandbar und hörten von weitem schon Musik. Die Leute waren hier ausgelassen und genossen noch die letzte Wärme bevor es kälter wurde. Wir hatten schon Ende August und langsam verabschiedete sich der Sommer.
»Ich hol uns was an der Bar«, sagte Carlos als wir einen freien Platz gefunden hatten.
Ich nickte und setzte mich auf eines der Palettensofas.
Kurze Zeit später kam Carlos mit unseren Getränken.
»Ich wusste nicht was du genau trinkst aber ich hoffe Despo ist in Ordnung?«, fragte er mich.
»Ich mag zwar kein Bier aber ja Despo ist in Ordnung», sagte ich und nahm die Flasche entgegen. Carlos hingegen hatte sich für ein Corona entschieden.
»Und du kennst Jonas schon lange?«, fragte ich ihn und nahm ein Schluck aus meiner Flasche.
»Ja länger als ich die anderen Jungs kenne. Durch Gazo lernte ich John und den Rest kennen aber keiner von uns wusste das er eine Schwester hat«, sagte er.
»Ja«, lachte ich. »Ich wusste auch nicht das ich einen älteren Bruder hab«.
»Gazo hat erzählt das du in Berlin gelebt hast«
»Ja bei meinen Adoptiveltern bis ich volljährig war«
»Und dann?«
»Ein Freund von mir hat mir geholfen eine Wohnung zu finden. Die Preise in Berlin sind ja genauso wie hier. Ich hab meine Ausbildung angefangen und konnte sie mir dadurch leisten. Nebenbei hab ich hier und dort gejobbt damit das Geld reicht«, erzählte ich ihm.
»Wieso bist du ausgezogen?«, fragte er mich. Ich blickte auf meine Hände und lachte ironisch auf.
»Mein Adoptivvater war Drogensüchtig. In seinem Rausch hat er mich immer geschlagen und war aggressiv«, erzählte ich. Keiner wusste davon außer Maruf.
»Fuck! Tut mir leid ich hätte dich nicht fragen dürfen«, sagte Carlos entschuldigend.
»Nein ist schon okay. Es tut gut darüber zu reden«, lächelte ich.
»Er hat mich jedesmal in seinem Rausch geschlagen-«
»Du musst nicht darüber reden wenn du nicht willst Aleya. Ich hab kein Problem damit ich mein es nur gut«, lächelte er.
»Ich weiß«, sagte ich.
Wir wechselten das Thema und redeten über andere Sachen. Nach meinem dritten Despo, beschlossen wir noch etwas zu spazieren. Ich mochte Carlos. Er war ehrlich und verstellte sich kein bisschen. Er hatte mir von seiner Ex Freundin erzählt in die er immer noch verliebt war, die ihn aber betrogen hatte.
»Sie hat mir letztens geschrieben als ich ein Foto mit den Jungs gepostet hab. Von wegen es tut ihr leid und das sie mich immer noch liebt«, lachte er.
»Natürlich tut es ihr leid wenn sie sieht mit wem du befreundet bist«, sagte ich lachend. Wir spazierten den Hafen entlang.
»Darf ich dich mal was fragen?«, sagte Carlos nach einer kurzen Stille.
»Klar«, nickte ich.
»Hast du noch Kontakt zu deinen Adoptiveltern?«, fragte er mich vorsichtig.
»Nein. Als ich von zuhause abgehauen bin habe ich auch den Kontakt abgebrochen. Ich will nichts mit diesen Menschen zutun haben«
»Verstehe ich«, sagte Carlos einfühlsam.
»Können wir das Thema wechseln? Ich möchte ungern darüber reden«, sagte ich woraufhin Carlos nickte.
»Soll ich dich heim-«, sagte Carlos und stoppte. Sein Handy hatte ihn unterbrochen.
»Ja?«, fragte er in den Hörer und sah mich entschuldigend an. Ich nickte und lief etwas voraus.
Als ich alleine war, musste ich plötzlich an den Sex mit Marten denken. Den ganzen Abend über hatte ich die Gedanken an ihn verdrängt.
Ich fühlte mich einfach nur benutzt aber trotzdem konnte ich nichts an meinen Gefühlen für ihn ändern.
»Hey ich muss kurz was erledigen und danach fahr ich dich nachhause Okay?«, sagte Carlos als er mich eingeholt hatte.
»Klar kein Stress«, sagte ich und gemeinsam liefen wir zu seinem Wagen. Wir fuhren eine Weile durch Hamburg und stoppten vor einem mir bekannten Bordell.
Ich seufzte innerlich als ich sah, dass wir vor Marten's Bordell geparkt hatten.
Gemeinsam stiegen wir aus und Carlos begrüßte die zwei Türsteher, bevor wir rein liefen. Carlos legte seine Hand an meinen Rücken und schob mich an den halbnackten Frauen und den aufgegeilten Männern vorbei. Wir liefen den schmalen Flur entlang und blieben vor einer schwarzen Türe stehen. Carlos klopfte zwei mal und öffnete dann die Türe.
»Ey Digga!«, begrüßte er Marten, der von seinem Chefsessel aufstand und bei Carlos einschlug.
»Was los?«, fragte Carlos und sah zu Marten. Ich sah überall hin nur nicht zu ihm.
»Kannst du für mich was erledigen? Diese Dokumente müssen zu Costa. Er braucht die Sachen ganz dringend kannst du das übernehmen?«, fragte er Carlos. Ich fühlte mich echt fehl am Platz.
»Klar mach ich. Ich fahr Aleya kurz heim und dann bring ich die Dokumente zu Costa«
»Ich fahr sie schon wie gesagt es ist dringend. Die Libanesen haben was geplant«, sagte er und flüsterte den letzten Satz obwohl ich hinter beiden stand und alles hörte.
»Okay! Ich meld mich bei dir», sagte Carlos letzteres zu mir und umarmte mich noch kurz bevor er verschwand.
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The Night it all Changed (BAND I)
FanfictionDie dunklen Straßen Hamburgs machten einem Angst. Alleine sollte man sich nachts nicht auf dem Kiez rumtreiben. Der kalte Wind peitschte mir ins Gesicht und mein Körper zitterte wegen der Kälte. Man sah an jeder Ecke betrunkene Männer die von einer...