Kapitel 17

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Ich kann ein paar Grillen hören, als ich die Tür öffne und aussteige. Immer noch bin ich geschockt von dem, was meine Eltern getan haben. Das kann nicht ihr Ernst sein!

„Ähm, was genau ist das an meinem Fenster da?", erkundige ich mich und versuche so wenig vorwurfsvoll wie möglich zu klingen.

„Das ist zu deiner eigenen Sicherheit", gibt mein Vater nur zurück und schließt die Haustür auf.

Sprachlos werde ich von meiner Mutter ins Haus geschoben und hinter mir wieder abgeschlossen. „Inwiefern hilft das meiner eigenen Sicherheit?!", ich war außer mir vor Wut und vor Entsetzen.

„Damit du nicht abhauen kannst, falls du das versuchst zu tun", schlägt meine Mutter auf eine Art und Weise vor, die verrät, dass sie es schon geplant haben. Trotzdem frage ich mich, wie man in so kurzer Zeit das alles hin bekommt, ohne das die Nachbarn misstrauisch werden. Wahrscheinlich hat Geld recht schnell und in hohen Summen den Besitzer gewechselt.

„Wir geben dir jetzt noch deine Medizin, dann kannst du auf dein Zimmer schlafen gehen", meint mein Vater zu mir und geht in die Küche, wo meine Mutter schon diverse Pillendosen hervor geholt hat.

„Kommst du endlich oder sollen wir hier bis morgen warten?!", werde ich aufgefordert, doch immer noch stehe ich stocksteif in der Diele, die Schuhe noch an und die Augen leicht aufgerissen.

„Ich möchte das nicht", sage ich mit brüchig. Am Ende versagt meine Stimme und ich schlucke so laut, dass sie es doch sicher nicht hatten überhören können.

„Was hast du gesagt, Kindchen? Sprich deutlicher und schau mich an, wenn ich mit dir rede! Außerdem will ich immer noch wissen, warum der Polizist solche Fragen gestellt hat! Wenn du nicht redest, müssen wir dich bestrafen!", befiehlt meine Mutter und lässt Wasser aus dem Hahn in ein Glas laufen, in dem schon mehrere Tabletten liegen.

„Ich möchte das nicht", wiederhole ich und schaue sie fest an. Ich merke, wie ich meine Hände unbewusst zu Fäusten balle und den Rücken durch drücke.

„Interessant", beginnt meine Mutter, „Aber du hast hier nun einmal nichts zu sagen, und jetzt komm!"

„Ich will das nicht!", schreie ich jetzt schon fast, da stehend und sie anblickend. Ich lege all meinen Hass und meine Wut, die gerade in diesem Moment in mir brodelt in das, was ich sage „Ich. Will. Das. Nicht!"

Für einen kleinen Augenblick denke ich wirklich, dass ich sie überzeugt habe, doch diese Hoffnung wird zu nichts gemacht.

Mein Vater kommt schon auf mich zu, packt mich fest am Arm und zieht mich zu meiner Mutter, die schon eine Spritze bereit hält. Ich wehre mich, schlage und trete um mich und versuche alles, der Nadel zu entkommen, doch ich merke, wie sie sich unangenehm tief in mein Fleisch am Hals bohrt. Ich schrie auf vor Schmerz, den ich spüre, wie das Metall bricht, sehe, wie meine Mutter etwas Kürzeres von mir wegbewegt. Ich sehe kurz etwas Erschrockenes in ihrem Blick, das aber sofort von Bosheit ersetzt wird.

Ich reiße meine Augen auf, nicht in der Lage etwas zu sagen. Ich will an meinen Hals fassen, um die endgültige Bestätigung zu bekommen, dass das gerade wirklich passiert ist, doch mein Vater hält meine Arme weiterhin fest hinter meinem Rücken in seinem Griff.

Ich trete um mich, doch meine Mutter weicht geschickt aus, als sie mir das Glas an die Lippen zwingt.

Fest presse ich meine Kieferknochen aufeinander, möchte unter keinen Umständen das trinken, was es auch immer ist. Ich habe noch nie in meinem Leben so viel Angst und Furcht vor diesen Menschen empfunden.

„Na mach schon den Mund auf, das schmeckt auch nicht schlecht", sagt meine Mutter in einem liebevollen Ton, als würde sie mit einem Kleinkind reden, doch ich schüttele fest den Kopf. Dabei merke ich, wie ein dünner Strahl Blut sich seinen Weg von meinem Hals zu meiner Brust bahnt.

„Gut, wie du willst. Dann lernst du etwas nur auf auf die harte Art und Weise", jetzt war nichts mehr Liebevolles in ihrer Stimme zu hören, sondern nur noch pure Verachtung.

Sie lehnt sich über mich und ihr Parfum sticht unangenehm, als sie mir die Nase zuhält.

Ich ahne, worauf das hinausläuft und bekomme Panik, merke wie ich langsam immer weniger Luft kriege und mein Verstand benebelt wird. Am liebsten würde ich nie mehr atmen, doch meine Lungen brennen schon und ich zittere.

Eine gefühlte Ewigkeit später muss ich doch meinen Mund aufmachen, getrieben von dem Instinkt des Überlebens und schnappe heftig nach Luft. Diesen kleinen Moment, wo ich wieder klarer werde, nutzt meine Mutter aus und kippt das Wassergemisch über meine Lippen. Ich will es ausspucken, nicht schlucken, doch jetzt wird mir Nase und Mund zugehalten.

Ich verschlucke mich, will husten, doch da ist keine Luft mehr, die ich ausstoßen könnte. Panisch blicke ich umher, sehe mich nach einer Waffe um, doch da ist nichts, als die perfekt aufgeräumte Küchengarnitur zu finden. Nichts, womit man wirklich Schaden anrichten kann.

Erneut brennt meine Lunge und erneut muss ich unter meinen Wächtern nachgeben und lasse alles meine brennende Kehle hinuntergleiten.

Zufrieden lassen meine Eltern mich auf die kalten Fliesen fallen und verlassen den Raum. Mein Kopf schmerzt von dem Aufprall und ich blicke ihnen hasserfüllt hinterher.

Immer noch keuchend liege ich da und schnappe wild nach Luft. Ich huste, stecke mir den Finger in den Rachen und möchte mich übergeben, doch der Brechreiz löst nicht aus und so bleibe ich zuckend zurück.

Ich schaue an die makellose Decke. So haben meine Eltern sich das gewünscht, eine makellose Tochter, die in Wirklichkeit kaputt ist.

Ich konzentriere mich auf meinen Atem. Auf das Ein- und Ausatmen, das sich mit den Minuten ruhiger und weniger hektisch wird. Trotzdem kann ich mich nur langsam beruhigen, denn ich spüre, wie mein Hals immer noch brennt. Ich japse, als ich mit meiner Hand durch das Blut die Nadel fühlen kann. Ein bisschen schaut sie noch aus meiner Haut hervor, doch die Angst, dass ich mich noch weiter verletzte ist zu groß, als das ich irgendetwas mache.

Ich lasse meine Hand wieder sinken und wische etwas Blut von meinem Dekolletee an meiner Hose ab und richte mich langsam auf. Mir tut alles weh, doch ich kann deutlich hören, wie meine Peiniger sich ganz normal im Wohnzimmer unterhalten. Es widert mich so an, was sie getan haben und wie sie damit umgehen.

Urplötzlich ist mir schlecht und ich würge, doch nichts als Galle kommt hoch, die ich angewidert auf den nun verschmierten Boden spucke. Es bildet sich eine Mischung aus Wasser, Blut und Magensäure.

Ich höre, wie sie lachen. Kein freundliches Lachen. Nein, ein hämisches und sadistisches Lachen, dass in meinem Schädel dröhnt. Es pocht hinter meiner Stirn und wieder tut mir alles weh.

Mein Hals schmerzt wieder. Es geht nicht weiter. Ich muss hier raus, und zwar schnell.

Soooooo....

Ich habe mir viel Mühe gemacht dieses Kapitel zu schreiben und ich bin ganz zufrieden mit mir. Ich hoffe, dass es euch genauso gefällt und eure Erwartungen (wenn man denn welche an mich hatte, was ich echt bezweifle) größtenteils gedeckt sind. Wie fandet ihr es und glaubt ihr geht es weiter?

- mister nobody

Sorgen (ASDS/Auf Streife - Die Spezialisten)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt